Lenas Tagebuch
bringen?
Bislang ist alles beim Alten. Die Brotration ist nicht erhöht worden. Ich habe eine Familienmitglieds-Lebensmittelkarte erhalten. Gestern Abend kam Jakow Grigorjewitsch zu mir und sagte, ich solle heute um elf Uhr zum Haus 25 in der Zehnten Linie kommen, da würde ich ihn treffen. Ich ging um halb zehn aus dem Haus. Ich entschied, auf dem Rückweg Brot zu kaufen, aber dann dachte ich, ich müsste vielleicht meine Lebensmittelkarte zum Abändern 99 dort lassen, deshalb kaufte ich meine 300 g schon der Ecke der Leschtukowstraße. Ich hatte ein Messer dabei und schnitt das Brot sofort in zwei Hälften und dann die eine Hälfte in Stückchen und entschied, dass ich die eine Hälfte als Wegzehrung nehme, die andere aber nicht anrühren werde, bis ich zu Hause bin und sie mit Fastenöl essen werde, bevor ich zum Dienst gehe. Aber das erste Stück hatte ich schon vor der Newabrücke aufgegessen, weil das Brot so weich und wohlschmeckend war, dass es gleich im Mund wegschmolz. Wie dem auch sei, jedenfalls war, als ich zum Haus 25 in der Zehnten Linie kam, nur noch ein Viertel meines Brotes übrig.
Jakow Grigorjewitsch schickte mich in die Verwaltung, damit ich dort meinen Antrag schreibe. Aber als ich dorthin kam, war der oberste Leiter da. Er sagte, sie würden vor dem 8. keine Anträge annehmen. Ich war also ganz umsonst gekommen, der einzige Nutzen war nur, dass ich jetzt weiß, wohin ich gehen muss. Ich schleppte mich nur mit Mühe zurück. Ich kam um ein Uhr nach Hause und ging sofort zur Schakt, wo ich sagte, ich hätte heute keine Kraft für den Arbeitsdienst. Zu Hause legte ich mich sofort ins Bett. Gegen drei Uhr kam Rosalija Pawlowna und gab mir einen Berechtigungsschein für die Kantine am Nachimsonplatz, Ecke Sagorodny-Prospekt. Den hat ihr Isabella Abramowna für mich gegeben, sie hatte einen Schein übrig. Ich ging sofort hin und traf dort auch Isabella Abramowna. Ich dankte ihr sehr herzlich. Es gab keinen Brei, sondern nur Erbsensuppe und Blutwurst. Ich konnte zwei Portionen Wurst und eine Suppe bekommen. Eigentlich gibt es für einen Berechtigungsschein nur eine Suppe und ein Hauptgericht.
Jetzt bin ich gerettet. Ich habe einen Berechtigungsschein für die Kantine.
Heute ist ein warmer Tag. Am Morgen war der Himmel fast wolkenlos. Auf der Sonnenseite der Straßen ist der Schnee fast völlig weggetaut. Abends wurde der Himmel dann einförmig grau.
Ich habe jetzt ein gutes Zimmer, ich mag an ihm besonders, dass der Himmel den größten Teil des Fensters einnimmt, und das ist sehr angenehm. Ich mag mein Zimmer, es ist so hell und geräumig. Oh, und ich lebe darin so vortrefflich auf. Mit der Zeit werde ich eine reiche Umweltecke am Fenster haben. Fische im Aquarium, Blumen in Töpfen und Vögel in Käfigen. Liebe Vöglein, wie lange muss ich noch auf euch warten? Ich werde niemals Katzen oder Hunde halten, sondern nur kleine Tiere, und vor allem Vögel.
2. April
Morgens ist es bewölkt. Der Schnee fällt dicht. Es ist warm. Ich breche auf, um acht Uhr habe ich Dienst. Zehn Leute von unserer Schakt fingen an zu graben. Aber schon nach der ersten Stunde ging die Hälfte weg. Und gegen zehn Uhr waren außer mir nur noch zwei Mädchen, nicht älter als ich, und eine Frau da. Ich ging ebenfalls für eine Viertelstunde nach Hause. Es ist mildes und gutes Wetter, nur dieser Schnee geht mir auf die Nerven, die ganze Zeit muss man ihn abschütteln.
Heute bin ich mit mir sehr zufrieden. Meine Hände haben Kraft. Wie viel doch ein Teller Suppe ausmacht. Freilich habe ich gestern noch zwei Portionen Blutwurst gegessen. Sobald ich heute Schluss habe, werde ich in die Kantine gehen.
Den ganzen Tag schneit es. Es ist wieder alles weiß, wie im tiefsten Winter.
Weißer weicher Schnee,
Tanzt durch die Luft herab,
Fällt hernieder leise,
Deckt die Erde ab.
Alles wieder weiß ward
Unter diesem Schnee.
Das ist doch kein Frühling
Den ich hier liegen seh. 100
In der Kantine gab es heute: Nudelsuppe, Erbsenbrei und Fleischklößchen. Auf einen Berechtigungsschein kann man je eine Portion nehmen. So habe ich es gemacht. Aus der Suppe, dem Brei und einem halben Klößchen habe ich drei Teller Suppe gemacht. Ich habe Brotstückchen geröstet und dann alles im Bett genossen.
Jetzt bin ich ganz satt. Ich kann nun ausruhen, so viel ich will. Es ist viel besser, in der Schicht seinen Dienst zu leisten und dann frei zu haben. Was für ein Glück, ich kann im Bett liegen, lesen oder Radio hören.
3.
Weitere Kostenlose Bücher