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Lenke meine Fuesse Herr

Lenke meine Fuesse Herr

Titel: Lenke meine Fuesse Herr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Wittenberg
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— interessant!) — von den Vorräten essen, schreiben. Gegen halb neun dann ins Bett.

Donnerstag, 19. Mai 2005
St. Antoni – Autigny 29 km

    Kurz nach halb sieben treffen wir uns im „Stühle“. Es gibt Neskaffee, Inge spendiert Croissants — kurz vor sieben geht es los. Ich schaue kurz in die katholische Kirche — schöne alte Basilika, in der ich meinen Pilgerpass stempeln kann und um Kraft für den neuen Tag bitte. Bald habe ich die anderen eingeholt — in Tafers gehen sie wieder weiter, während ich in St. Martin einkehre und den wunderbaren Altar und eine Statue fotografiere. Doch die Jakobskapelle bewundern alle — mir fällt noch das reich verzierte Sigristenhaus auf, dann geht es weiter.

    Das Wetter ist herrlich — etwa zehn Grad nur, aber sonnig — ideal zum Wandern! „Die führen uns ganz schön in den Krieg!“, meint Andi: Der Weg kreuzt immer wieder die Straßen, die im Tal verlaufen, und jagt uns den Berg hinauf von einer ehemaligen Kapelle zur andern — schließlich ist das der historische Weg und wir können uns vorstellen, dass die Bachtäler im Mittelalter unpassierbar waren...
    Besonders beeindruckend ein berühmter Abschnitt: Halbmannshoch zehn, zwölf Meter aus dem Fels gehauener Hohlweg, gerade karrenbereit, und für die Fuhrleute Trittlöcher neben dem gepflasterten Weg, damit sie beim Fuhrwerk bleiben können.

    Endlich sehen wir auf der anderen Talseite Freiburg liegen oder Fribourg, wie es von hier an heißt, denn hier ist die Grenze zur Französischen Schweiz: eine tiefe, breite Schlucht, jenseits die riesige Kathedrale mit dem stumpfen Turm — ich habe schon Angst, wir müssten ganz runter und wieder hinauf. Doch dann führt die mächtige Brücke über das Tal — unten Altstadt. Vor uns die obere Altstadt und schon stehen wir vor der Kathedrale. Ich muss natürlich hinein: gewaltig! Das Licht, das durch die bunten Fenster fällt, verzaubert den gotischen Raum, in dem ich Dinge aus allen Stilepochen finde. Das Gebäude wird innen restauriert, mächtige Gerüste durchziehen das Schiff. Vergeblich suche ich einen deutschen Führer. Schade — doch vielleicht fährt man im Urlaub mal mit dem Auto hierher und nimmt sich einen halben oder ganzen Tag Zeit?
    Draußen warten die Anderen schon ungeduldig. Wir geraten ans Rathaus — gegenüber eine Cafeteria. Dort gibt’s einen Kaffee und ein Schinkenbaguette: 8,50 CHF! Wir verzichten auf die geplante Besichtigungstour und machen, dass wir aus dem Krach und Gestank der Stadt hinauskommen. Vorher aber gehts ins Touristenbüro, Quartier für die kommende Nacht suchen. Die freundliche Dame dort findet etwas in Autigny: 55,00 CHF mit Frühstück sind für Schweizer Verhältnisse recht human. Wir wandern endlos durch Vorstädte, kommen am Jakobskreuz vorbei, das an der Stelle einer ehemaligen Kapelle steht und tauchen dann in den Wald. In St. Apolline schaue ich natürlich in die Kirche — beeindruckt mich nicht. Doch nachdem wir an Kläranlage, Wertstoffhof und Schrottplatz vorbei unten im Tal wieder im Wald sind, kommt die wunderschöne alte Brücke mit der Kapelle daneben: das Motiv für den Weg! Die Beschilderung führt in großem Bogen um Hauterive herum und wir erreichen Ecuvillens. Vorher treffen wir zwei deutsche Frauen, die heute in Freiburg aufgebrochen sind. Jetzt ist Mittagspause angesagt.
    Nachdem Hund und Menschen gesättigt sind, geht’s weiter — noch etwa zwei Stunden Marsch liegen vor uns. Mein T-Shirt ist durchweicht, das Funktionsunterhemd tut es auch — obwohl ich eigentlich nicht so gerne so „unzivilisiert“ rumlaufe. Ich habe eine schwarze Kordel durch das geflochtene Lederband meines Hutes gezogen, und so den Hut enger gemacht. Jetzt sitzt er gut auf dem Kopf und nicht mehr auf den Ohren: Das Leder dehnt sich in der Wärme. Ich bin froh, dass ich den Hut habe bei der strahlenden Sonne!

    Vorbei an der Kapelle von Posat — schöne Malereien, doch leider sehr lückenhaft. Aber die ornamentalen Deckenfresken sind schön! Die Quelle, die gleich unter der Kapelle entspringt, gilt als heilkräftig — ich habe meine Flasche aufgefüllt: Vielleicht hilft’s gegen schmerzende Füße? Gegen halb vier sind wir in Autigny. Das Hotel ist sauber, wir teilen uns ein Bad. Die Wirtin nimmt unsere Wäsche zum Waschen und Trocknen mit nach Hause. Ich hätte — mit Pausen — eigentlich noch weiterlaufen können. Ich fasse den Entschluss, mich morgen von den Anderen abzusetzen und, wenn das Wetter hält, ein oder zwei

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