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Lenke meine Fuesse Herr

Lenke meine Fuesse Herr

Titel: Lenke meine Fuesse Herr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Wittenberg
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Küche mit großer Esse, mit sichtlich alten schönen Bauernmöbeln. Sie bewirtet mich mit Saft und Mineralwasser, setzt mir ein Croissant vor, fragt mich aus nach Woher und Wohin, und ich bilde mir fast ein, sie hätte es nicht ungern gesehen, wenn ich länger geblieben wäre.
    Durch den Ort zum Fluss, immer am Wasser entlang, und ich bin sehr versucht zu baden. Ich habe aber noch einiges vor mir, nur gegen ein Uhr lege ich mich auf die Matte und schlafe über eine Stunde.
    Nun wird es am Flussufer parkähnlich, Grillplätze, Badende, dann hören die schattenspendenden Bäume auf und es wird sehr heiß und staubig. Das Freibad am Fluss lockt — morgen mache ich Rasttag — wie wäre es damit?
    Als ich in der Stadt ins Touristbüro komme, darf ich mich im Personalwaschraum erst einmal frisch machen, so verschwitzt und knallrot im Gesicht bin ich. Die freundliche Dame bewirtet mich noch mit Mineralwasser und sucht mir ein preiswertes Hotel heraus, das Le Meldion direkt am Bahnhof. Dort zahle ich für zwei Übernachtungen und einmal Frühstück 76,00 € — ich genieße den Luxus eines Einzelzimmers! Ich packe aus, stopfe einen großen Plastikbeutel mit Schmutzwäsche voll und gehe in die Stadt, wo ich auch schnell einen Waschsalon finde. Bis die Wäsche fertig ist, gehe ich erst einmal zum Friseur — die nette Friseurin kann gar nicht verstehen, dass ich das Haar so kurz haben will. Doch als ich ihr erzähle, wohin ich noch wandern werde, versteht sie es und ist gleichzeitig aus dem Häuschen, wie man so etwas machen kann.
    Ich habe noch Zeit und so suche und finde ich die Kathedrale — seltsamer Bau: drei Riesenkuppeln hintereinander gestellt bilden das Schiff. Das Innere erscheint mir etwas renovierungsbedürftig, die gemalten Wandornamente blättern.
    Ich bringe meine Wäsche zurück ins Hotel, hänge sie zum Trocknen über Stühle und die Stöcke, die ich in die Fensterlaibung klemme. Dann gehe ich wieder in die Stadt, esse noch einen Salat, strolche ein bisschen umher und schlafe am nächsten Morgen bis halb sieben.

Sonntag, 19. Juni 2005
Cahors Ruhetag

    Heute Vormittag durchstreife ich den Ort mit der Kamera — Cahors ist eine schöne alte Stadt mit vielen mittelalterlichen Häusern. Lange sitze ich, bewaffnet mit einer englischen Tageszeitung, vor dem Bahnhofsrestaurant und belausche dabei amüsiert ein deutsches Männerpärchen, das eine französische Zeitung studiert und lautstark darüber debattiert, ob in Deutschland wirklich jeder Fünfte zumindest bisexuell sei, wie es das Blatt behauptet.
    Im Hotelzimmer nähe ich zunächst die Steilschnur an meinem Hut fest, dann die beiden Packriemen an die Kompressionsriemen des Rucksacks — so kann ich den Deckel öffnen, ohne dass die Isomatte die Flucht ergreift. Ich habe lange experimentiert, wo und wie ich das sperrige Ding anhänge: Das erscheint mir der beste Weg — und die große Pilgermuschel findet ihren Platz am Rucksackdeckel. Abends noch einmal in die Stadt, essen, und gegen zehn Uhr ins Bett — der Hotelweckruf ist auf fünf Uhr dreißig Uhr gestellt.

Montag, 20. Juni 2005
Cahors – Montlauzun 45 km

    Halb sechs Frühstück auf dem Zimmer: ein Stück Baguette und ein paar Schlucke Leitungswasser. Ein Blick in die Runde: nichts vergessen, auf geht’s! Es ist fünf Uhr fünfzig.
    Der Himmel ist bedeckt, es ist warm, jedoch noch nicht heiß. Über die alte Brücke mit den Türmen, dann steile Treppen hinauf. Ich überhole oben auf dem Berg einen Franzosen, ein paarmal holt er mich ein, dann bin ich davon. An zwei Franzosen komme ich vorbei, die schon nach einer halben Wegstunde die erste Trinkpause machen müssen. Es geht durch ein schönes Wiesental, doch die Sonne scheint jetzt schon kräftiger und es wird recht warm. Ich laufe auf zwei Frauen und einen Mann auf, die wohl gestern große Wäsche gemacht haben: einer hängt ein hübscher Spitzenslip am Rucksack, der anderen gleich zwei Büstenhalter. Als ich sie überhole, grüße ich freundlich und bin bald wieder allein. Ich gehe heute sehr schnell: Ehe ich mich versehe bin ich in Labastide-Marnhac — nach meinem Schrittzähler waren das gute 12 Kilometer in zwei Stunden und zwanzig Minuten! Ein einsamer Rucksackträger irrt den Chemin entlang, antwortet kaum auf meinen Gruß.
    Jetzt bin ich im Quercy Blanc. Quercy kommt wohl von quercus, die Eiche... Eichen, wohin man schaut, mindestens drei verschiedene Arten unterscheide ich, als Büsche, kleine Bäume, große Bäume — dazwischen Buchs,

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