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Lenke meine Fuesse Herr

Lenke meine Fuesse Herr

Titel: Lenke meine Fuesse Herr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Wittenberg
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Perrier und einen Café au lait, mache mich auf der Toilette frisch und schreibe Tagebuch. Nun über die Brücke in die Stadt. Ich suche und finde Saint-Sauveur: Eine herrliche Kirche, besonders die Reliefs und Gemälde in der Seitenkapelle haben es mir angetan.
    Ich streife durch die wunderschöne Altstadt, schaue, suche ein Sportgeschäft, lande auf dem Platz mit der Kopie des Steins von Rosette — ach ja, François Champollion, der die Hieroglyphen entzifferte, hat hier gelebt! Ein paar Postkarten und eine Wanderkarte von hier bis Moissac kaufe ich — vielleicht gehe ich doch den anderen Weg, den die Französin vorgeschlagen hat?
    Plötzlich werde ich von hinten angerufen: Ich bin blind an Falkenbergs vorbeigelaufen, die auf der weinumlaubten Terrasse eines Restaurants sitzen und mich jetzt auf einen Kaffee einladen. André kommt: „In einer Stunde geht unser Zug, dann bleiben wir noch einen Tag in Paris und dann ist unser Urlaub zu Ende!“ Er schreibt mir seine Adresse auf- wir wollen in Kontakt bleiben. Ich werde die beiden auf dem weiteren Weg vermissen, vor allem Janets herzliches, unverkennbares Lachen! Falkenbergs wollen heute noch bis La Cassagnole, da soll eine sehr schöne Gîte sein. Ich selbst möchte noch etwas weiter, vielleicht draußen schlafen — ich muss vorwärts kommen! Doch erst einmal einen Bivibag kaufen. Ich frage einen Einheimischen nach einem einschlägigen Laden und er schickt mich praktisch den Fluss entlang, an Sportanlagen, Park und Tennisplatz vorbei zu einem Sportgeschäft, dessen Auslage auch Trekking-Ausrüstung zeigt. Und hier bekomme ich, was ich suche — warum hab ich das nicht schon beim Abmarsch gekauft? Doch mit dem Wandern wird man klüger — was würde ich jetzt alles nicht mehr mitnehmen und wieviel habe ich unterwegs beschafft!
    Raus aus der Stadt, wieder hinauf auf den Berg, endloser Asphalt. Ich komme an der Steinsäule vorbei, die einmal die Grenze einer Abtei und ihres Asylbereichs markierte. Weiter über heißen Teer, endlos. Meine Füße schmerzen, ich bin eigentlich ziemlich fertig, aber ich will heute noch weit gehen! Doch da ist am Hang eine Gîte, ein schöner Garten, einladende Laube — da biegen meine Füße ganz ohne mein Zutun links ab und ich checke hier in La Cassagnole ein.
    Es dauert nicht lange und die Französin von Saint-Felix kommt, Christine heißt sie, dann sind auch die Falkenbergs da — der Chemin verliert niemanden! Wilhelm musste aufgeben — trotzdem Hut ab: Er ist fast fünfzehn Jahre älter als ich. Man kann hier für sich kochen — ich fabriziere mein Standardessen und kaufe einen Liter Wein, den ich mit anderen teile.
    Im Schlafsaal zwei Finninnen, die sehr verdutzt sind, als ich sie mit „hyvää päivää“ begrüße — aber das ist, bis auf das schöne Lied von „Uko Noah“, so ziemlich das einzige Finnisch, dass ich mir von einem Lapplandurlaub vor vierzig Jahren behalten habe. Eine der beiden ist dabei, ihren Fuß zu behandeln, der böse aussieht: Eine Blase vorn am Zeh ist unter den Nagel gewachsen und der hat sich abgelöst — eine unschöne offene Wunde ist das! Ich desinfiziere mit meinem Sprühmittel, lege Sprühverband drüber, verpflastere den Zeh mit steriler Kompresse und gebe der Frau Arnikaglobuli — Mary Falkenberg füllt freundlicherweise meinen Vorrat aus ihrer großen Flasche auf. Gegen halb zehn verziehe ich mich ins Bett und schlafe gut.

Donnerstag, 16. Juni 2005
La Cassagnole – Marcilhac-sur-Célé 27 km

    Großes gemeinsamen Frühstück, dann breche ich gegen sieben Uhr nach Christine und vor den Falkenbergs auf. Der Jakobsweg macht erst mal einen Schlenker nach Südwesten bis Faycelles: ein schöner Ort am Steilhang über dem Tal des Lot. Leider enttäuscht die Kirche: neueren Datums und längst nicht so schön wie der Ort an sich. Ich suche noch ein offenes Lebensmittelgeschäft, als die Falkenbergs anmarschiert kommen. Gestern Abend habe ich Ihnen erzählt, dass ich die nördliche Variante entlang des Célé-Tales laufen werde und sie haben sich auch dazu entschlossen — vielleicht sieht man sich unterwegs noch mal? Ich laufe den beiden wieder davon und komme nach Beduer. Es fängt zu nieseln an, als ich den GR 65 verlasse, der hier wieder nach Süden abbiegt. Ich hatte eigentlich vor, hier etwas abzukürzen und nach Karte und Kompass schnurstracks nach Westen bis Sainte-Eulalie zu gehen, doch ich beschließe, erst einmal den Markierungen der Alternativroute zu folgen, die den Fluss

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