Lenke meine Fuesse Herr
gießen, doch das scheint eher Öl ins Feuer zu sein! Schließlich teile ich den beiden mit, wo ich gehen werde — ich vertraue auf Karte und Kompass — und lasse sie stehen. Ich komme an eine etwas dubiose Markierung, die stimmt halbwegs mit der Karte überein und dann werden die Wegweiser wieder eindeutig. Als ich die nächste Trinkpause einlege — ich komme unterm Laufen nicht an die Flasche, muss also zum Trinken absatteln — kommen Falkenbergs anscheinend halbwegs beruhigt angelaufen. Ich laufe den beiden wieder davon, doch bald mache ich wieder Trinkrast — die Sonne brennt unbarmherzig und es geht hier im Wald kein Wind — und da sind sie wieder. Nun gehen wir gemeinsam weiter.
Steile Straßenserpentine hinab in ein Bachtal, ein einladendes Hotel-Restaurant: Auberge-de-Lasagne. Wir beschließen, hier zu Mittag zu essen — einen schönen Salat gibt’s. Mary ist enttäuscht, dass sie nicht im Swimmingpool baden darf und lässt ganz demonstrativ ihre Füße hineinhängen. In Cabrerets geht es hinauf zur Grotte de Pech-Merle. Die lasse ich mir nicht entgehen, doch Falkenbergs wollen weiter. Ich hänge meinen Hut an den Brunnen, kaufe ein Ticket — die nächste Führung ist erst in einer halben Stunde — genehmige mir ein Eis. Die Verkäuferin am Ticketstand rät mir wortreich, eine dicke Jacke anzuziehen: In der Höhle hat’s konstant zehn Grad und hier draußen heute über dreißig! Die Höhlenführung dauert eineinhalb Stunden. Leider verstehe ich nur wenig vom Wortschwall des Führers — doch die Steinzeitzeichnungen sind eindrucksvoll — am meisten rühren mich jedoch die jahrtausendealten Fußspuren zweier Kinder an, die sich im Höhlenlehm erhalten haben.
Als ich aus der Höhle komme — die Kassiererin hat netterweise auf meinen Rucksack aufgepasst — steht da Christine, will auch in die Grotte, und wir nehmen noch einmal voneinander Abschied, diesmal mit einer herzlichen Umarmung. Frohgemut marschiere ich los — und da brennt die Sonne ungewohnt auf meinen Kopf: Wb ist mein Hut? Mein kostbarer Lederhut mit der Muschel, das Weihnachtsgeschenk von Silvia? Panik! Ich gehe zurück — und da hängt er nach Stunden mitten im Tourismusgewühl noch immer friedlich am Brunnen!
Der Weg über den Berg ist glühheiß und staubig und erscheint mir endlos; ich bin wirklich froh, als ich gegen viertel vor sechs endlich auf der wunderschönen Hängebrücke nach Bouziès hineinlaufe.
Falkenbergs haben hier für uns drei ein Chambre d’Hôtes gebucht, und sie empfangen mich freundlich. Nach einer ausgiebigen Dusche schmeckt das Bier gleich zweimal so gut. Mary hat ein wunderbares Abendessen fabriziert — ich bin heute ihr Gast. Schön! Nach nicht nur einem Bier schlafe ich in dieser Nacht wie in Abrahams Schoß.
Samstag, 18. Juni 2005
Bouziès – Cahors 27 km
Falkenbergs wollen heute im Tal bleiben, dem Fluss folgen. Ich selbst habe mir auf der Karte eine Strecke herausgesucht, die kürzer ist als der markierte Weg und auch nicht so bergauf und bergab geht. Wir starten gemeinsam, doch ich habe sie bald hinter mir gelassen — meine Beine sind doch etwas länger als ihre. Bald führt der Weg steil hinauf in die Berge — auf der endlosen Steigung in den Wald hinein begegnet mir ein junges Paar mit zwei Packpferden und sie fragen ängstlich, ob es da vorne Stufen gäbe, „les chevaux, vous comprenez?“ Ich kann sie beruhigen und sehe, dass sie nicht nur einen Hund dabei haben, sondern dass auf einem der Pferde ein Kleinkind im Tragekorb selig schlummert und auf dem Sattel des anderen eine wunderschöne Katze balanciert — das Tier schaut mich trotz Halsband und Leine recht zufrieden an.
Endlich komme ich auf die Landstraße und nun geht es auf und neben Asphalt durch den Wald, praktisch auf einem Höhenkamm, immer wieder herrliche Blicke ins Tal und übers Land. Rast im Wald und am Ortseingang von Les Mazuts — und da ist der GR 36, der mich nun nach Cahors führen wird.
Jetzt geht es hinab in das Tal des Lot — es ist glühend heiß und schwül und als ich so gegen halb zwölf nach Galessie komme, frage ich eine Frau, die ihren Vorgarten pflegt, ob sie mir an ihrem Gartenschlauch nicht meine leeren Trinkflaschen füllen würde. Sie tut mehr: Sie bittet mich ins Haus und als ich wie sie die Schuhe ausziehen will, macht sie mir klar: „Nein, das müssen Sie nicht, aber ich bin eben in die Hundesch... getreten!“ Sie hat eine wunderschöne Halle, mit Holzbalkendecke und einer altmodischen
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