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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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fünfzig in einem grauen Anzug. Über dem weißen Bürstenschnitt trug er einen breitkrempigen Hut. McNab.
    »Überhaupt keins, Superintendent.« Ich holte tief Luft und lächelte freundlich, aber nicht freundlich genug, um McNab und seinen uniformierten Fahrer davon abzuhalten, aus dem Humber zu steigen. McNab blickte aus einer Höhe von einem Meter sechsundneunzig auf Frankies zusammengesunkene Gestalt hinunter.
    »Soso, der Herr Bruder des jüngst verblichenen Mr. McGahern. Was hat jemand wie Sie, Lennox, mit so einem erbärmlichen Stück Scheiße zu tun?«
    »Sie kennen diesen Mann? Also, ich sehe den Typen zum ersten Mal. Ich kam hier bloß vorbei und habe gesehen, dass er Hilfe braucht. Hat wahrscheinlich einen über den Durst getrunken und ist hingefallen.«
    »Seltsam ... er muss sich beim Sturz die Nase gebrochen haben.« McNab bückte sich und drehte Frankies Gesicht ins Licht. Der Knick in seiner Nase war hässlich, das musste ich einräumen. Und über seine geschwollene Lippe lief ein Rinnsal aus schwarzrotem Blut. Andererseits war Frankie vorher schon kein Ausbund an Schönheit gewesen.
    »So was passiert alle Tage, Superintendent. Ich bin sicher, während Ihrer Laufbahn bei der Polizei der Stadt Glasgow ist es in den Zellenblöcken zu zahlreichen Unfällen dieser Art gekommen.«
    McNab machte einen Schritt auf mich zu und verdeckte Glasgow. Ein paar Sekunden schwieg er, eine offensichtlich einstudierte Einschüchterungstechnik. Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie gut er sie beherrschte. Zum Glück zog Frankie die Aufmerksamkeit McNabs auf sich, indem er zu stöhnen und zu gurgeln anfing. Der uniformierte Constable zog ihn auf die Beine.
    »Was ist passiert, McGahern? Wollen Sie Anzeige erstatten?«
    Frankie stierte mich mit dumpfem Hass an; dann schüttelte er den Kopf.
    »Machen Sie, dass Sie weiterkommen, Lennox«, sagte McNab. »Aber bleiben Sie schön leicht aufzufinden.«
    »Gut zu wissen, dass ein Beamter Ihres Ranges und mit Ihrer Erfahrung nachts durch Glasgows Straßen patrouilliert, Superintendent.«
    McNab funkelte mich an.
    »Gute Nacht, Mr. McNab.« Gegen halb elf kehrte ich in meine Wohnung zurück, schenkte mir einen Canadian Club ein und schaute den Straßenbahnen, den vereinzelten Autos und den Trauben von Fußgängern auf der Great Western Road zu. Ich fühlte mich nicht besonders, denn ich hatte Frankie McGahern einen Klaps mehr gegeben als nötig, und nun war er bestimmt stinksauer auf mich. Er mochte nicht vom gleichen Kaliber sein wie sein Bruder Tam, hatte aber gute Beziehungen und war gefährlich genug, dass ich mir Sorgen machen musste.
    Und noch etwas anderes machte mir zu schaffen: Detective Superintendent Willie McNab. Fünfundzwanzig Jahre bei der Polizei der Stadt Glasgow, zwei Söhne, die ebenfalls Bullen waren, ranghoher Bruder der örtlichen Freimaurerloge und Mitglied des Oranierordens. Und ein verdammter Hurensohn. McNab hatte seine Polizeilaufbahn als einer von Sillitoes Kosaken begonnen, den berittenen »Bandensprengern«, die in den Dreißigerjahren von Chief Constable Percy Sillitoe, dem damaligen Glasgower Polizeichef, ins Leben gerufen worden waren. Sillitoe war inzwischen, so hieß es, Chef des britischen Inlandgeheimdienstes MI5. In den von Misstrauen und Verdächtigungen geprägten Jahren nach Kriegsende hatte Sillitoe sich von der Verfolgung Glasgower Rasiermesserbanden auf die Hatz nach Kommunisten und Ausländern verlegt; in den Dreißigerjahren aber waren Sillitoes Kosaken genauso für ihre Brutalität bekannt gewesen wie die Banden, die sie bekämpfen sollten.
    Willie McNab hatte seine Laufbahn damit begonnen, dass er Mitgliedern von Straßengangs – den Bridgeton Billyboys, den Norman Conks und der Gorbals Beehive Gang – die Schädel einschlug. Inzwischen hatte er sich zum stellvertretenden Chef der Glasgower Kriminalpolizei hochgeprügelt.
    Was bedeutete, dass er es nicht nötig hatte, nachts auf den Straßen zu patrouillieren.
    Und das wiederum bedeutete, dass er aus einem bestimmten Grund vor dem Horsehead gewesen war.
    Und der einzige Grund, der mir einfallen wollte, war Frankie McGahern.
    Scheiße.
    An dem Abend hatte ich nur eines vermeiden wollen: in die Unterweltquerelen hineingezogen zu werden, die der Grund für Tam McGaherns Tod gewesen waren. Jetzt hatte man mich erwischt, wie ich seinem Zwillingsbruder die Fresse polierte.
    Ich trank noch zwei Glas Whisky und legte mich bei ausgeschaltetem Licht und offenen Vorhängen aufs

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