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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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dann enden Sie hier. Warum sollte jemand wie Sie hier leben und sich mit dem Abschaum herumplagen, mit dem Sie sich abgeben?«
    »Ich bin hier geboren, aber in Kanada aufgewachsen. Mein Vater war aus Glasgow.« Die klugen Sprüche waren mir ausgegangen. Meine Vergangenheit blieb am besten begraben, und es gefiel mir nicht, wenn McNab darin herumstocherte.
    Tatsächlich war ich in Großbritannien aus dem Heer entlassen worden und hatte eine Fahrkarte nach Halifax in Nova Scotia erhalten. Doch aus dem Krieg zu kommen war so ähnlich, als käme ich aus dem Knast, und als ich im kalten Tageslicht blinzelnd dastand, wartete Glasgow wie ein finsterer Schläger an einer Straßenecke auf mich. Und nun, acht Jahre später, war ich immer noch hier. Glasgow gefiel mir. Es spendete Trost und bot einem dunkle Ecken: In einer Stadt wie Glasgow konnte man sich in der Menge verstecken, sogar vor sich selbst.
    »Offenbar hatten Sie ein bisschen Ärger«, sagte McNab, als er die Akte durchblätterte. »Nur um Sackhaaresbreite sind Sie am Militärgericht vorbeigekommen.«
    »Ich wurde ehrenhaft entlassen.« Mein Mund war trocken, und mir war schlecht. Mein Nacken und mein Kopf pochten. McNab ärgerte mich, und ich wollte ihm zu gerne in die große, runde, blöde Visage schlagen. Aber das ging nicht.
    »Nur weil man Ihnen nichts nachweisen konnte. Schon seltsam ... die Army wollte keine Informationen über Sie preisgeben, aber als die Militärpolizei erfuhr, dass ich Ihnen etwas nachweisen könnte, war sie sehr kooperativ. Die Rotkäppchen mögen Sie nicht besonders, was, Lennox?«
    »Was soll ich sagen? Man kann nicht überall beliebt sein.«
    »Hatte es mit dem Schwarzmarkt in der britischen Besatzungszone in Deutschland zu tun? Verkauf von Medikamenten aus Beständen der Army an Zivilisten? Chinin an Prostituierte zwecks Abtreibungen? Penicillin gegen Syphilis und Tripper? Sauberes Geschäft.«
    Ich sagte kein Wort.
    »Ja«, fuhr McNab fort, »ein richtig sauberes Geschäft. Aber es heißt, Sie hätten sich mit Ihrem deutschen Partner überworfen, der anschließend mit dem Gesicht nach unten im Hamburger Hafenbecken trieb.«
    »Damit hatte ich nichts zu tun.«
    »So wie Sie nichts mit Frankie McGaherns Tod zu tun haben.«
    »Genau.«
    »Sie sagten, Sie haben Tam McGahern nicht gekannt. Auch nicht in der Army, im Krieg?«
    Ich runzelte die Stirn. Meine Verwunderung war echt. »Verschiedene Armeen. Verschiedene Kriege sogar. Ich habe gehört, Tam McGahern war eine Wüstenratte und ist im Nahen Osten geblieben.«
    McNab schwieg. Wir starrten einander an. Für einen so großen Mann war er pingelig: glattes weißes Hemd unter dem braunen Tweed, der burgunderrote Schlips tadellos gebunden. Ich war unrasiert und saß in nasser Weste, nasser Hose und ohne Schuhe da. McNabs gelecktes Äußeres war eine psychologische Waffe, der ich nur begegnen konnte, indem ich meinen Blick auf die feuerrote Linie an seinem Hals konzentrierte, wo sein tadelloser Kragen über die Haut rieb. Man konnte es mit dem Stärken auch übertreiben.
    »Sie haben mich nach Geld gefragt. Was haben Sie damit gemeint?«, fragte ich.
    »Ich stelle hier die Fragen, Lennox. Sie haben nur zu antworten«, entgegnete er ruhig. Ich lachte über die abgedroschene Erwiderung, bekannt aus hundert Filmen, was McNabs Wut wieder aufflackern ließ. »Okay, Klugscheißer, ich meine das Geld, das verschwunden ist, als Tam McGahern ermordet wurde. Mehrere Tausend Pfund, wenn die Gerüchte stimmen.«
    McNab warf den Zigarettenstummel auf den Boden und zermalmte ihn unter der Schuhsohle, drückte ihn auf eine Art und Weise in den rissigen Beton, die deutlich erkennen ließ, dass die Teepause zu Ende war. »Jetzt muss ich Fraser bitten, uns wieder Gesellschaft zu leisten«, sagte er beinahe entschuldigend, was mich erst recht beklommen machte. »Sie sagen mir nicht alles. Mag sein, dass Sie Frankie McGahern in seinem Stolz verletzt haben, aber an der Sache ist noch viel mehr dran. Er ist mit einem Rasiermesser auf Sie losgegangen. Höchstpersönlich, statt einen seiner Gorillas zu schicken. Frankie war ein kleiner Pinscher in Vergleich zu seinem Bruder, aber er hatte genügend Leute. Wenn er es persönlich auf Sie abgesehen hatte, kann das nur bedeuten, dass zwischen Ihnen viel mehr gelaufen ist. Was Sie sagen, leuchtet mir nicht ein.«
    Ich wusste, was er meinte. Dass Frankie McGahern mir Ärger machte, damit hatte ich gerechnet. Doch die Scherereien waren hässlicher ausgefallen als gedacht

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