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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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noch in einem Stück wäre, wenn ich zurückkam – oder überhaupt noch da. Das Landfahrerlager stand neben der Essigfabrik auf einem kahlen, von schmierigen Mauern umschlossenen Platz, den man durch ein schmiedeeisernes, offen stehendes Flügeltor betrat. Ich sah mehrere moderne, von Autos gezogene Wohnwagen, doch bei den meisten handelte es sich um traditionelle Vardo- oder Burton-Wagen: bemalte Pferdewagen mit gewölbtem Dach, die zum romantischen Bild des Zigeuners passten. Zwischen den Wagen wölbten sich die rauen Buckel runder Zelte.
    Als ich eintraf, gab es keinen verlockenden Duft nach schmorendem Gulasch oder leidenschaftliches Geigenspiel als Begleitung. Diese Zigeuner stammten nur dann aus Ungarn oder den Karpaten, wenn Ungarn und die Karpaten auf die Galway Bay blickten. Und das Romantischste, was ich sah, waren zwei nicht angeleinte Promenadenmischungen, die an der Fabrikmauer kopulierten. Eine Handvoll Kinder ohne Schuhe stürmte johlend durch das Lager, und ich war mir der beiden jungen Männer bewusst, die in dem Augenblick hinter mich getreten waren, als ich den Hof betreten hatte.
    Normalerweise wäre das der Moment gewesen, in dem ich nach meinem Schlagstock griff, aber an einem Ort wie diesem mit Leuten wie diesen konnte man so etwas nur als unratsam bezeichnen. Schmerzhaft unratsam. Ich musste mich hier herausreden wie der Kavalleriehauptmann, der mit der weißen Flagge ins Indianerdorf geschickt wird. Ich ging zu einem älteren Mann, der pfeiferauchend an einem Wagen lehnte. Dabei kam ich an einem Vardo-Wagen vorbei, dessen Fensterläden geschlossen waren. Um die Deichsel hatte man tiefrote Bänder gewunden.
    »Ich müsste Tommy Furies Vater sprechen«, sagte ich, als ich den alten Mann erreichte. »Könnten Sie mir sagen, wo ich ihn finde?«
    »Den Baro? Was wollen Sie von ihm? Wer zum Teufel sind Sie überhaupt?« Der Alte richtete sich auf und nahm die Pfeife aus dem Mund. Er spuckte aus, und sein grünlich-zäher Speichel landete dicht neben meinem Schuh. Jimmy Stewart oder Randolph Scott wurden nie so behandelt.
    »Wie schon gesagt, ich möchte ihn sprechen. Und ich bin mir sicher, dass er sehr gern auch mit mir sprechen möchte. Wissen Sie, wo ich ihn finden kann?« Ich war mir bewusst, dass die beiden jungen Männer direkt hinter mir standen, einer an jeder Schulter. Der Alte zeigte mit einer Kopfbewegung auf einen der modernen Wohnwagen, den größten, der zu sehen war. Ich nickte und ging hinüber. Meine Ehrengarde blieb hinter mir zurück.
    Sean Furie war massiger Mann Mitte fünfzig. Er war groß und in jüngeren Jahren wahrscheinlich muskelbepackt gewesen, dann aber fett geworden. Sein pechschwarzes Haar zeigte keine Spur von Grau; es war mit Pomade eingeschmiert und aus dem breiten Gesicht zurückgekämmt. Wegen seiner Nasenoperation hatte er sich offenbar an den gleichen plastischen Chirurgen gewandt wie Bert Soutar. Der Unterschied bei Furie bestand darin, dass seine Nasenspitze geschwollen und rot und von einem Flusssystem aus purpurnen Äderchen überzogen war. Ich beschloss, es »Zigeunerakne« zu nennen – die Auswirkungen nackter Fäuste und nackten Alkohols.
    Ich sagte ihm, wer ich war und worüber ich mit ihm sprechen wollte. Ich wappnete mich gegen seine Reaktion, aber er überraschte mich: Furie war bemerkenswert höflich und bat mich in seinen Wohnwagen, in dem ein eigentümlicher Geruch herrschte. Es roch weder nach Schmutz, noch war es unangenehm, aber es war eigentümlich. Im Vergleich mit den Vardos wirkte der Wohnwagen riesig. Er war innen mit Holz vertäfelt und hatte eine kleine Küche, ein Wohnzimmer und einen Raum, den eine geschlossene Tür abtrennte. Ich nahm an, dass dort geschlafen wurde.
    Am entfernten Ende des eingebauten Sofas saß eine große, dunkelhaarige, trübsinnig wirkende Frau Mitte vierzig. Wir nahmen Platz, und wort- und blicklos stand sie auf und verließ den Wagen. Sie quetschte sich an mir vorbei, um zur Tür zu kommen. Sie schien so etwas gewohnt zu sein; wenn Furie Geschäfte machte, hatte das Weibervolk zu verschwinden, wie es schien. Er bot mir einen Whisky an, und ich nahm ihn.
    »Ich habe an einem der Wagen Bänder gesehen, als ich herkam. Rote Bänder.« Ich hatte beschlossen, erst ein wenig zu plaudern. Oft kam man so entspannter zum eigentlichen Geschäft. »Hat das mit einer Feier zu tun?«
    »Könnte man so sagen.« Furie lachte bitter auf. »Wir haben bald das Gleiche am Wagen hängen, wenn mein Junge aufgeknüpft wird.«
    »Oh

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