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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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bezepterte Insel zahlungsunfähig gewesen. Jetzt wurden frühere Feinde rasch zu neuen Konkurrenten im Schiffsbau und in der Schwerindustrie. Die Welt veränderte sich im Eiltempo. Großbritannien veränderte sich noch schneller. Und Glasgow lag an der Spitze.
    Nicht dass man dem Hafen etwas davon angemerkt hätte, als ich daran vorbeifuhr. Es war halb elf morgens, und es war schon heiß. Ich hatte beide Seitenfenster des Atlantics heruntergekurbelt, und von den Kais drang der Lärm herüber, den Metall macht, wenn es gehämmert, geschweißt und geschnitten wird. Dumpf, aber laut durchdrang dieser Lärm eine Luft, die so feuchtwarm und voller Schmutz, Staub und Schwebeteilchen war, dass man sie hätte walzen können. Mir kam es so vor, als würde es allein vom Arbeiten immer heißer.
    Links von mir drängte sich ein Wald aus Kränen am Wasserrand, schwang unablässig hin und her, belud und entlud Schiffe oder versorgte die Werften mit gewaltigen Platten aus Walzstahl. Ich fuhr an den riesigen Lagerhäusern aus rotem Backstein vorbei, die zum Hafen gehörten; fünf Stockwerke hoch ragten sie hinter hohen Zäunen auf. Ich parkte in der Straße, ging zu Fuß zum Tor und fragte, wo Alain Barnier sein Büro habe. Der Wachmann war ein typischer pensionierter Polizist mit der üblichen Scheißegal-Einstellung; alles, was ich aus ihm herausbekam, war eine Wegbeschreibung zu ein paar kleineren Reedereien, wo man vielleicht mehr wusste. Ich verbrachte eine halbe Stunde mit Herumfragen, ehe ich eine Vorstellung besaß, wo Barnier sein Büro hatte. Als ich dort ankam, war bereits elf Uhr durch.
    Wie Jonny gesagt hatte, war es mehr ein Verschlag als ein Büro, eine in einer Reihe halbzylindrischer Wellblechbaracken, die aussahen wie halb in die Erde gesenkte Stämme gefällter Mammutbäume. Auf dem Schild über der Tür stand Barnier und Clement, Import – Export . Ich klopfte an und ging hinein. Als ich drin war, sah ich sofort, dass es keine Scheinfirma war, sondern dass hier wirklich gearbeitet wurde; es herrschte dieses geordnete Chaos, das man unmöglich vortäuschen kann. Eine Theke trennte den Hauptteil der Nissenhütte vom Empfang. Auf der Theke war eine Klingel, daneben ein Papierdorn mit einem hohen Stoß aufgespießter Frachtbriefe; hinter der Theke standen drei Schreibtische, ein halbes Dutzend Aktenschränke und eine Frau.
    Die Frau war ungefähr eins fünfundfünfzig und trug ein graues Geschäftskostüm, das sich an Hüften und Brust ein wenig spannte. Sie hatte ein blasses rundes Gesicht und trug ihr schwarzes Haar in einer Dauerwelle, die so kompakt und unnachgiebig wirkte, dass die Frisur wohl auch einen Atombombentest überstanden hätte. Die Frau hatte einen kleinen schlitzförmigen Mund mit schmalen Lippen, denen sie mit rotem Lippenstift mehr Volumen zu geben versuchte.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie, stand von ihrem Schreibtisch auf und kam an die Theke. Dabei verzog sie ihre schmalen Lippen zu einem müden, flüchtigen Lächeln.
    »Ich suche Mr. Barnier.«
    »Geht es um den Kielan?«, fragte sie.
    »Den Kielan?«, fragte ich. »Was ist ein Kielan?«
    Sie ging nicht auf meine Frage ein. »Mr. Barnier ist im Augenblick nicht da. Haben Sie einen Termin?«
    »Nein. Wann ist er wieder hier?«
    »Sie brauchen einen Termin, um Mr. Barnier zu sehen.«
    »Meine Augen funktionieren auch ohne Termin. Wann ist er wieder hier?«
    Die Frau hatte große, runde grüne Augen in ihrem runden Gesicht, und die benutzte sie nun, um mich anzustarren, als wäre ich von Geburt an schwachsinnig. »Einen Termin ...« Sie sprach es beinahe eine Silbe nach der anderen aus, wie Twinkletoes McBride es so gern tat.
    »Auf dem Schild steht Barnier und Clement. Ist Mr. Clement da?«
    » Monsieur Clement« , erwiderte sie und korrigierte meine Aussprache auf diese unnachahmliche Art und Weise, in der nur Schotten die französische Sprache ermorden können, indem sie das harte T am Ende des Namens ausließ und ihn »Clemmong« klingen ließ, »arbeitet nicht hier. Er befindet sich in unserer französischen Niederlassung.«
    »Ich verstehe.«
    In der Theke befand sich die übliche Klappe zum Durchgehen. Ich öffnete sie und trat hindurch auf die Seite der Frau. Ihre runden Augen wurden noch runder.
    »Sie dürfen hier nicht ...«
    »Ich warte«, unterbrach ich sie, setzte mich an einen Schreibtisch und legte meinen Hut auf einen Papierstapel. »Das ist wohl das Beste, da Sie mir leider nicht sagen können, wann er wieder da ist

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