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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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oder wo ich ihn finden kann.«
    Meine untersetzte Freundin mit den schmalen Lippen hob die Klappe wieder, als wollte sie mir die Tür aufhalten. »Sie können nicht warten.«
    »Da unterschätzen Sie mich schon wieder. Ich kann warten. Ich habe es schon früher getan. Oft. Ganz unter uns – keiner kann so lange warten wie ich.«
    Sie nahm den Hörer vom Telefon auf ihrem Schreibtisch und wählte eine Nummer. Mit dem Rücken zu mir sprach sie mit leiser, aber aufgeregter Stimme in die Muschel. Dann drehte sie sich wieder um und hielt mir wortlos den Hörer hin.
    Ich lächelte sie fröhlich an. Wir kamen prima miteinander aus.
    »Sie suchen mich?« Die Stimme am anderen Ende der Leitung sprach perfektes Englisch. Der französische Akzent war deutlich, aber nicht stark.
    »Mr. Barnier? Ich hätte gern einen kleinen Plausch mit Ihnen gehalten.«
    »Einen Plausch worüber?« Weder Misstrauen noch Wachsamkeit. Nur Ungeduld.
    »Ich versuche jemanden zu kontaktieren. Sie können mir vielleicht helfen, den Betreffenden zu finden.«
    »Wen?«
    »Das würde ich lieber persönlich mit Ihnen besprechen. Und so bald wie möglich, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
    »Nach wem suchen Sie?«, fragte er wieder mit der perfekt erlernten Grammatik eines Nichtmuttersprachlers.
    »Sammy Pollock. Sie kennen ihn vielleicht als Sammy Gainsborough.«
    An seinem Ende der Leitung trat kurzes Schweigen ein. Dann fragte er im gleichen zusammenziehungsund füllwörterfreien förmlichen Englisch: »Ich habe den Eindruck, Ihr Interesse ist eher beruflicher als persönlicher Natur. Dennoch haben Sie sich Miss Minto gegenüber nicht als Polizeibeamter ausgewiesen.«
    »Weil ich keiner bin. Wenn ich es getan hätte, hätte ich ihr etwas vorgespielt, und das kann ich nicht besonders gut. Nur Maurice Chevalier, den kann ich ganz gut nachmachen. Aber weil Sie ja selber Franzose sind, hätten Sie mich bestimmt durchschaut.«
    »Ich habe für so etwas keine Zeit. Wie ist Ihr Name?«
    »Lennox. Sie kennen Sammy Pollock, stimmt’s, Mr. Barnier?«
    »Das stimmt. Allerdings kenne ich ihn nicht allzu gut. Auf jeden Fall nicht gut genug, um etwas über seinen Aufenthalt zu wissen.«
    »Ich würde mich trotzdem gern mit Ihnen unterhalten, Mr. Barnier.«
    »Ich fürchte, dafür bin ich zu beschäftigt. Ich kann Ihnen bei Ihren Nachforschungen nicht weiterhelfen. Und es sind Nachforschungen, habe ich recht? Ich nehme an, Sie sind eine Art Privatdetektiv.«
    »Ich helfe nur jemandem, Mr. Barnier. Sammy Pollock wird vermisst, und ich versuche herauszufinden, wo er ist und wie es ihm geht. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir ein paar Minuten opfern könnten. Es könnte da etwas geben, das Ihnen bedeutungslos erscheint, mir aber erlaubt, Sammy aufzuspüren.«
    »Tut mir leid. Wie ich bereits sagte, fehlt mir die Zeit ...«
    »Ich verstehe vollkommen. Ich werde es Mr. Cohen erklären. Er hat mir vorgeschlagen, mit Ihnen zu reden.«
    Ich bekam, was ich wollte: ein kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung. Barnier zählte in seinem Kopf zwei und zwei zusammen. Ob er dabei zu einem zutreffenden Bild kam oder nicht, war mir ziemlich egal.
    »Kennen Sie das Merchant’s Carvery im Stadtzentrum?«, fragte er schließlich mit einem unterdrückten Seufzer.
    »Ja, kenne ich.« Das Merchant’s Carvery war ein schickes Restaurant mit Bar, wo der Pöbel nicht geduldet wurde. Und das in einer Stadt, die voll davon war. Barnier besaß offensichtlich Stil und das nötige Kleingeld, um ihn auszuleben. Ich konnte mir nicht vorstellen, was so jemand mit Sammy Pollock zu tun haben sollte und schon gar nicht mit Abschaum wie Paul Costello. Überprüfen musste ich es trotzdem.
    »Wir treffen uns dort um zwanzig Uhr«, sagte er. »In der Bar.«
    »Danke, Mr. Barnier. Ich werde dort sein.«
***
    Ich fuhr zur Stadt zurück. Ehe ich ins Zentrum kam, bog ich nach Norden in Richtung Aberfoyle ab. Mir tat der Kopf weh; in den Schläfen und hinter den Augen pochte es dumpf und beharrlich. Glasgow hatte einen Vorhang vor die Sonne gezogen, einen dünnen, dunkel gefleckten Wolkenschleier. Trotzdem blieb es heiß, und die Luft wirkte dichter und schwerer als sonst. Ich wusste, dass meine Kopfschmerzen mich vor einem aufziehenden Gewitter warnten. Die Stadt zu verlassen half nicht viel gegen die drückende Luft, die nun auf meinen Nebenhöhlen spielte wie auf einem Akkordeon. Nach einer guten Viertelstunde war ich in Mugdock, wo Glasgow dem offenen, weiten Land wich. Hier standen nur

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