Lennox 02 - Lennox Rückkehr
Ihrem Boxer Angst zu machen.«
Ein Angestellter begann Staub zu saugen, und Jonny verzog das Gesicht bei dem Lärm. Er winkte mir, ihm zu folgen, und wir setzten uns an einen Tisch im hinteren Teil des Clubs, auf einer Estrade, von der man einen guten Blick auf die Bühne hatte. Es war eigenartig, den Schönen Jonny Cohen hier zu sehen; er wirkte fehl am Platze, was wirklich seltsam war, weil ihm der Laden schließlich gehörte. Hätte man ihn als Gast hier gesehen – mit seinem Aussehen, dem teuren Haarschnitt und dem eleganten Anzug –, hätte man sich gesagt: Da mischt sich einer unters gemeine Volk. Doch er war kein Gast im Pacific; er war der Eigentümer. Und Jonny, der Geschäftsmann, wusste, dass es sich nicht lohnte, guten Geschmack oder noch mehr Geld an diese Bude zu verschwenden.
Ich nahm den Hut ab und glättete meine Pherson’s-Frisur mit der flachen Hand. Der beste Schnitt für einen Shilling und sechs Pence, den man in Glasgow bekam. Der alte ’Pherson verstand seinen Job. Hollywoodqualitäten hatte die Frisur allerdings nicht.
»Augenblick.« Jonny stand auf und ging zu einem der Mädchen, die die Bar fertigmachten. Als er zurückkam und sich wieder setzte, traf mich erneut sein Suchscheinwerferlächeln. »Ich hab da was für Sie.«
Das Mädchen brachte eine Flasche und zwei Gläser.
»Danke, Fran«, sagte Jonny, nahm ihr die Flasche weg und hielt sie mir hin, in beide Hände gestützt, als reichte er mir eine Auszeichnung.
»Aus Bardstown in Kentucky. Heaven Hill Bourbon. Ich weiß, dass Ihnen Roggenwhisky lieber ist als Scotch. Nur zu, probieren Sie.« Er schenkte mir ein Glas ein, und ich nahm einen Schluck.
»Perfekt ...«, sagte ich. Und ich musste nicht mal lügen.
»Sie wissen, dass Sneddon und ich einen Anteil an Kirkcaldy besitzen?«
»Ja. Murphy nicht?«
Jonny schüttelte den Kopf, als hätte ich ihm nahegelegt, mir den Körper seiner Schwester zu verkaufen. »Wohl kaum. Und es wäre am besten, wenn er nichts von der ganzen Sache erfährt. Er jammert ständig, wir würden ihn ausschließen. Tja, diesmal stimmt es sogar. Murphy würde sich in alles einmischen wollen, und an Kirkcaldy sind Leute beteiligt, die eine Meile weit wegrennen würden, wenn sie Murphy nur zu Gesicht bekämen.«
»Das kann ich gut verstehen«, sagte ich.
»Sneddon hat sich in den Kopf gesetzt, dass jemand es auf Kirkcaldy abgesehen hat«, sagte Jonny. »Irgendwas stimmt da nicht, Lennox. Das ist nicht bloß ein bisschen Angsteinjagen. Dieser ganze Mist ... Henkerschlingen auf der Schwelle und so was.«
»Henkerschlingen?« Ich stellte mein Glas ab. »Von Henkerschlingen hat Sneddon nichts gesagt. Er hat mir erzählt, Kirkcaldy wäre Farbe übers Auto gegossen worden, und sie hätten ihm einen toten Vogel durch den Briefkastenschlitz geschoben.«
»Ja«, sagte Jonny, »das auch. Aber ihm hat auch jemand eine Henkerschlinge auf die Türschwelle gelegt. Und hat Sneddon Ihnen gesagt, mit welcher Farbe das Auto begossen wurde?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Rot. Blutrot. Und der tote Vogel war nicht bloß ein Spatz oder so etwas. Es war eine Taube. Eine weiße Taube. Also wirklich, wer macht denn so einen kranken Scheiß?«
»Alles zusammengenommen sieht es aus, als würde da jemand Kirkcaldy mit dem Tod bedrohen«, entgegnete ich. »Ich könnte mir vorstellen, dass jemand ihn warnt, den Kampf zu gewinnen.«
»Nein, irgendwas daran ist nicht koscher«, sagte Jonny. »Ich war es, der Sneddon vorgeschlagen hat, Sie auf die Sache anzusetzen. Es steckt mehr dahinter als ein halbherziger Versuch, einen Boxkampf zu manipulieren. Wissen Sie, was ich meine?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich ermittle in sämtlichen Richtungen, wie es in den Polizeifilmen immer so schön heißt.«
»Zwei, sagten Sie.«
»Bitte?«
»Sie sagten, Sie sind mit zwei Fällen beschäftigt, in die ich irgendwie verwickelt sein soll.«
»Ach so, ja. Das heißt, weniger Sie persönlich als der Club hier«, sagte ich und blickte mich um. »Sie kennen Sheila Gainsborough, die Sängerin?«
»Klar. Ein Mädchen aus Glasgow macht ihr Glück. Nette Singstimme.«
»Und die nötige Lunge«, erwiderte ich. »Jedenfalls, ihr Bruder ist verschwunden.«
»Ach ja. Sammy Gainsborough.«
»Sammy Pollock. Gainsborough ist Sheilas Künstlername. Sie hat ihren Namen jetzt zwar auf Gainsborough ändern lassen, aber früher hieß sie Pollock. Ihr Bruder ist Sammy Pollock.«
»Dann habe ich Neuigkeiten für Sie. Er nennt sich jetzt ebenfalls
Weitere Kostenlose Bücher