Lennox 02 - Lennox Rückkehr
gegangen war und sich die schwere Tür hinter ihm geschlossen hatte. »Mehr als Sie sich vorstellen können. Was hat er Ihnen gesagt?«
Ich blickte in mein Notizbuch und ging durch, was Kirkcaldy mir erzählt hatte. Als ich fertig war, klappte ich das Büchlein zu. Sneddon nahm den Blick aus seinen harten Augen nicht von mir. Fragend zog er eine Braue hoch.
»Okay«, sagte ich. »Es interessiert Sie gar nicht so sehr, was ich herausgefunden habe, sondern was ich denke. Also gut ... Bobby Kirkcaldy hat deutlich betont, und zwar mehrmals, dass ich meine Zeit vergeude. Dass es keine große Sache ist. Dass jemand bloß versucht, ihn vor dem großen Kampf zu verunsichern. Und er hat mir versichert, dass das auf keinen Fall passieren würde.«
»Und?«
»Mir kam es so vor, als wollte er die ganze Sache als unwichtig abtun. Und mich als lästig. Wie haben Sie überhaupt davon erfahren? Hat Kirkcaldy es Ihnen erzählt?«
»Nein, hat er nicht. Das war sein Manager.«
»Und Kirkcaldy hat sich bei ihm darüber beschwert?«
»Nein, auch nicht.« Sneddon zeigte keine Regung. »Sein Manager hat das Auto voller roter Farbe gesehen, als er Kirkcaldy besuchen wollte. Er fragte Bobby, was los ist, und Bobby erzählte ihm das Gleiche wie Ihnen.«
»Aha.« Ich bot Sneddon eine Zigarette an. Er schüttelte ungeduldig den Kopf. Ich ließ mir Zeit, mir meine Kippe anzustecken. »Kirkcaldy bemüht sich sehr, die ganze Sache als unerheblich abzutun. Ich habe ihn gefragt, ob etwas Persönliches dahinterstecken könnte – dass jemand ihm was nachträgt oder ein alter Feind von früher aufgetaucht ist, solche Sachen, die nichts mit dem Kampf zu tun haben. Er machte eine große Show daraus, wie er nachdachte, ehe er mir sagte, dass ihm niemand einfällt. Wenn ich an seiner Stelle wäre und jemand legt mir tote Vögel, Henkerschlingen und so einen Mist vor die Tür, hätte ich längst sehr eingehend darüber nachgedacht, ob das jemand von früher sein könnte, der etwas gegen mich hat. Ich glaube nicht, dass erst jemand vorbeikommen und mich mit der Nase auf diesen Gedanken stoßen müsste.«
»Sie glauben also, er weiß, worum es geht?«
»Das sage ich nicht, aber seien wir doch mal ehrlich: Jonny Cohen riecht, dass an der Sache etwas faul ist, und ich auch. Und nun scheint auch Ihnen was in die Nase gestiegen zu sein. Was wissen Sie über Kirkcaldy? Außer über seine Fähigkeiten im Boxring, meine ich.«
»Nicht so richtig viel. Haben Sie ihn kämpfen sehen?«
»Ja, zweimal.«
»Ich weiß genug über das Boxgeschäft, um mir im Klaren zu sein, dass ein Sieger – ich meine, ein echter Sieger – nicht nur hart zuschlagen können muss, er muss auch was im Oberstübchen haben.« Er klopfte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe. »Und Kirkcaldy hat alles, was einen Sieger ausmacht. Er boxt schlau. Aber vor allem ist er ehrgeizig.«
»Ich dachte mir schon, dass Sie das von einem Boxer verlangen, wenn Sie ihn finanzieren.«
»Stimmt, das tue ich. Mir macht nur Kopfschmerzen, wie ehrgeizig er außerhalb des Boxrings ist.«
»Hören Sie, Mr. Sneddon ...« Ich beugte mich vor und ließ die Ellbogen auf den Knien ruhen. »Es hat keinen Sinn, wenn Sie sich kryptisch ausdrücken ...«
»Was soll das denn heißen? Hat Twinkletoes Ihnen seinen Reader’s Digest geliehen, oder was?«
»Für mich ist klar, dass Sie einen Verdacht haben, den Sie nicht aussprechen. Um diese Sache hätten Sie sich ganz allein mit Ihren Leuten kümmern können. Sie hätten nur zu warten brauchen, bis der Betreffende, wer immer es ist, seinen nächsten Versuch unternimmt. Aber Sie haben mich hinzugezogen, weil Sie sehen wollten, ob ich einen Braten rieche, den Jonny Cohen und Sie schon lange in der Nase haben. Warum also sagen Sie mir nicht, was ich wirklich für Sie herausfinden soll?«
Sneddon verzog den Mund zu der hässlichen Fratze, die er als Lächeln benutzte. »Vielleicht bin ich ja gern krüppelig ...«
»Kryptisch«, verbesserte ich ihn und wünschte mir sofort, ich hätte es bleiben lassen, denn die grobe Annäherung an ein Lächeln in Sneddons Gesicht war wie weggewischt. »Bobby Kirkcaldy hat einen ständigen Schatten. Einen alten Knaben mit zermanschtem Gesicht. Kirkcaldy nennt ihn Onkel Bert. Ich habe mich über ihn erkundigt. Wie sich herausstellte, ist er ein ehemaliger Rasiermessergangster namens Bert Soutar. Er gehörte in den Dreißigern zu den Bridgeton Billy Boys.«
»An die Billy Boys erinnere ich mich«, sagte Sneddon. Da hatte
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