Lennox 02 - Lennox Rückkehr
er auf, faltete das Blatt sorgfältig zusammen und kam zu mir herüber.
»Hallo, Lennox.« Der alte McAskill lächelte mich an. Es war ein müdes Lächeln in einem müden Gesicht, das mehr Zusammenstöße mit einer Faust im Boxhandschuh hinter sich hatte, als ihm gut getan hatte. Er machte eine Kopfbewegung zu der Bürotür in der Rückwand der Halle. »Er ist da drin.«
Ich ging zum Büro durch. Hinter dem Schreibtisch saß ein schlanker Mann mit zu langem Gesicht und rauchte. Er sah aus wie um die vierzig, aber ich wusste, dass er zehn Jahre jünger war. Den Hut hatte er auf die Schreibtischplatte gelegt, die Art breitkrempiger Filzhut, der seit Anfang des Jahrzehnts außer Mode war. Ich warf meinen Borsalino mit der schmalen Krempe daneben, nur um darauf hinzuweisen.
»Mr. Lennox ...« Der Mann lächelte und stand auf. Er war groß. Keine Überraschung: Die Polizei der Stadt Glasgow nahm niemanden unter eins fünfundachtzig, deshalb kamen wenigstens zwei Drittel ihrer Leute von außerhalb der Stadt. Er schüttelte mir die Hand. Nun muss kurz erwähnt werden, dass Polizisten der Stadt Glasgow mich normalerweise weder »Mister« nannten noch meine Hand anfassten, es sei denn, um ein Paar Handschellen um die Gelenke zu legen. Detective Constable Donald Taylor jedoch war anders. Wir hatten eine Übereinkunft.
»Danke, dass Sie gekommen sind, Donald. Haben Sie Dienst?«
»Frühmorgenschicht. Fange um zwei an.«
»Haben Sie irgendwas herausgefunden?«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht viel, fürchte ich, Mr. Lennox. Bobby Kirkcaldy kommt nicht aus Glasgow. Er wurde in Motherwell geboren. Ich müsste mich mit der Polizei von Lanarkshire in Verbindung setzen, um ein bisschen mehr zu erfahren. Und dann würden die Fragen losgehen.«
»Aber Sie müssten doch wenigstens überprüfen können, ob er vorbestraft ist oder nicht.«
»Ja, sicher, hab ich auch gemacht. Nichts. Und nach allem, was ich weiß, gibt es auch keine Gerüchte über ihn. Er scheint ehrlich zu sein.«
»Was ist mit der anderen Sache? Small Change MacFarlane?«
»Tut mir leid, auch da gibt’s nichts Erfreuliches. Ich bin nicht mit dem Fall betraut. Wenn ich zu viele Fragen stelle, wird die Chefetage misstrauisch. Ich habe allerdings mit dem Sergeant von der Asservatenkammer gesprochen. Ganz beiläufig, versteht sich. Er sagt, sie hätten das Zeug tonnenweise aus MacFarlanes Haus geschafft. Mit Einverständnis der Dame des Hauses.«
»Sonst nichts?«
»Inspector Ferguson hat nach Ihnen gefragt.«
»Er weiß, dass Sie mich kennen?«
»Nein, eigentlich nicht. Na ja, nicht dass wir ... na, miteinander zu tun hätten. Inspector Ferguson ist für so was nicht zu haben. Er wusste nur, dass ich Sie zu der Geschichte letztes Jahr vernommen habe. Als Sie so lange im Ausland waren.«
Ich nickte. Jock Ferguson war mein wichtigster Kontakt bei der Polizei gewesen. Kein bezahlter. Ein ehrlicher Bulle. Jedenfalls war er mir so vorgekommen. Ich hatte seit Monaten nicht mehr mit ihm gesprochen.
»Was war die andere Sache?«, fragte ich.
»An der Hauptwache war so ein Yank. Er war bei Superintendent McNab und dem Detective Chief Constable.«
»Ein Amerikaner?«
»Ich glaub schon. Er redet wie Sie.«
»Ich bin kein Amerikaner. Ich bin Kanadier.«
»Ja ... sein Akzent war stärker. Er war ein großer Kerl. Groß wie McNab. Schreiender Anzug.«
»Was hat das mit mir zu tun?«
»Nun, Sie wissen ja, wie die Tussen sind. Die Tippsen und Polizistinnen schwärmten alle wegen seinem Akzent. Er war das Thema in der Waschküche. Ich bin mit einem von den Mädchen im Vorzimmer des Detective Chief Constable befreundet. Sie sagte, sie hätten nach sämtlichen Akten über den MacFarlane-Mord gefragt.«
»Also ist der Kerl ein amerikanischer Polizist?«
»Weiß ich nicht. Jemand sagte, er ist ein Privatdetektiv. So wie Sie.«
»Okay.« Ich dachte einen Augenblick nach. »Sonst noch was?«
»Nur dieser andere Mord.«
»Was für ein anderer Mord?«
»Der Kerl, der auf den Eisenbahngleisen gefunden wurde.«
»Ich dachte, das wäre ein Unfall gewesen.« Ich zündete mir wieder eine Zigarette an und schob das Päckchen über den Tisch auf Taylor zu, damit er sich bedienen konnte. »Was habt ihr Genies vor? Wollt ihr den Lokführer verhaften?«
»Superintendent McNab ist fuchsteufelswild wegen der Sache. Alle waren der Meinung, dass der Kerl vom Zug getötet worden war. Die Leute haben Spaten gebraucht, um ihn aufzusammeln. Aber der Pathologe, der die Leichenbeschau
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