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Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Titel: Lennox 03 - Der dunkle Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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ich könnte Ihre Aufträge vielleicht in meinem Terminkalender unterbringen. Kriege ich ein Spesenkonto, Rentenbeiträge und Essensgutscheine?«
    »Sie bekommen zehn Shilling pro Stunde plus Spesen. Für Ihre Altersversorgung soll ruhig ICI aufkommen …«
    »Das muss ich mit dem Vorstand natürlich erst abklären«, sagte er und hakte seine Daumen in die Weste, »aber bis zur endgültigen Entscheidung dürfen Sie von meiner zustimmenden Antwort ausgehen.«
    »Gut. Ich habe zwei Fälle, bei denen ich Hilfe brauche. Einer davon hat mit Gentleman Joe Strachan und dem Raubüberfall auf die Empire-Ausstellung 1938 zu tun. Jock Ferguson sagte, dass Sie zu der Zeit bereits bei der Polizei waren.«
    »Aye … das war ich. Ich erinnere mich gut daran. Schlimme Geschichte.« Was mir unmöglich erschienen war, geschah: Sein Gesichtsausdruck wurde noch kummervoller. »Sehr schlimme Geschichte.«
    »Was ist passiert? Ich meine, wie viel wissen Sie?«
    »So gut wie alles, was es zu wissen gibt. Jede Einzelheit, genau wie jeder Bulle in Glasgow. Die ganze Geschichte wurde uns immer wieder aufs Brot geschmiert. Über die Ausstellung wissen Sie Bescheid?«
    Ich nickte. »Sie muss wirklich etwas ganz Besonderes gewesen sein …«
    »Ganz bestimmt. Die Empire-Ausstellung war eine große Sache für Glasgow«, fuhr Archie fort. » Die große Sache. Ich bin da gewesen, mit meiner Frau. Die ganze Ausstellung hatten sie im Bellhouston Park aufgebaut, und man konnte glatt vergessen, dass man mitten in Glasgow ist. Türme gab es, Pavillons, eine Monstrositätenschau, einen Rummelplatz … Ach ja, und ein riesiges Modell der Viktoriafälle, dreißig Meter breit. Sie hatten sogar ein komplettes Highland-Dorf aufgebaut, komplett mit Burg und See. Aye, da hat sich jeder Mühe gegeben. Sogar ihr – also die Kanadier – hattet einen Pavillon mit Mounties und so was. Dann gab es diese Frauen – sie nannten sie die Giraffenfrauen –, und jeder wollte sie sehen. Sie kamen aus Burma und hatten diese ganzen Ringe um den Hals. Jedes Jahr kam einer dazu, bis ihr Hals einen halben Meter lang war …«
    Archie hielt inne, einen Augenblick lang in Erinnerungen verloren, und ein Hauch von Wehmut flackerte über seine Leichenbittermiene.
    »Ja«, sagte ich, »das klingt wirklich nach etwas.«
    »Das war ja auch gleich nach der Weltwirtschaftskrise, und sie dachten, es tut Glasgow gut, aber dann kam ja der Krieg, und Glasgow war wieder voll im Geschäft. Es konnte sich sowieso keiner leisten, in so einen Pavillon reinzugehen … jedenfalls nicht unsereins. Nur damit man aufs Gelände kam, nahmen sie einem ja schon einen Shilling ab. Sogar Kinder mussten einen Sixpence zahlen. Es sollte sich da ja alles um die Zukunft drehen, aber für mich und meine Frau sah es nach einer Zukunft aus, die wir uns nicht leisten konnten. Es gab Teestuben und so, aber das Atlantic Restaurant war nur für die wirklich Reichen erschwinglich. Wie die meisten Leute liefen Mavis und ich da nur rum und sahen uns die Pavillons von außen an. Stellen Sie sich vor, wir konnten uns nicht mal hinsetzen! Für einen Liegestuhl verlangten sie zwei Pence, und die Eintrittskarte galt nur drei Stunden lang.«
    Wir erreichten Charing Cross Mansions und das Autohaus, wo ich den Kastenwagen gemietet hatte. Ich hielt auf dem Hinterhof, auf dem ich mein Auto geparkt hatte, und hörte zu, wie Archie seine Geschichte abschloss.
    »Das Wetter war beschissen«, fuhr er fort. »Der schlimmste Regensommer, den man sich vorstellen kann, und in Glasgow bedeutet das eine Menge. Die Ausstellung fiel fast ganz ins Wasser, im wahrsten Sinne des Wortes. Aber sie war trotzdem etwas Besonderes. Sie sagten, das wäre die Zukunft, so würde bald alles aussehen. Diese ganzen modernen Gebäude. Wie die in Hollywood.«
    »Art déco.«
    »Wenn Sie es sagen. Wie auch immer, trotz des Regens spielte die Ausstellung ein Vermögen ein – durch die Attraktionen, die Restaurants, die Veranstaltungen und so weiter –, und das Geld wurde zur Bank im Stadtzentrum geschafft. Genauso ein Geldtransport wie der, den wir gerade gemacht haben, sozusagen, nur in die andere Richtung. Sie fuhren damals einen speziellen Kastenwagen – gepanzert. Es gab eine Vereinbarung, nach der dieser Panzerwagen mit den Erlösen der Ausstellung auf dem Weg die Glasgow Road entlang bei einem Textilgroßhändler in Paisley hielt, dessen Einnahmen einsammelte und dann in die Bank im Stadtzentrum brachte. Dort schoben einige Angestellte Nachtschichten

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