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Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Titel: Lennox 03 - Der dunkle Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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irgendwelche Einblicke bot, welcher meiner Freunde dahingeschieden war und auf welchem Weg ihn sein Schicksal ereilt hatte. Ich beschloss, die Gegend zu verlassen, ehe ich den bestehenden Verdachtsmomenten gegen mich weitere Verdachtsmomente hinzufügte. Schnell und leise schlich ich mich durch den Durchgang zurück auf den Hinterhof. Diesmal ging ich schnurstracks geradeaus, um so rasch wie möglich Abstand zum Schauplatz des Mordes zu gewinnen. Der Nebel schien sich verdichtet zu haben, und ich stellte fest, dass ich zunehmend die Orientierung verlor. Auf halbem Weg konnte ich überhaupt keine Mietshausfassade mehr sehen, aber ich ging weiter, weil ich mir sagte, dass ich irgendwann die gegenüberliegende Seite erreichen musste.
    Was mir stattdessen gelang, war, direkt in eine Ansammlung von Ascheneimern zu laufen und eine Zinktonne so ungeschickt umzustoßen, dass ihr Deckel geräuschvoll über das Kopfsteinpflaster polterte. Der Lärm hallte im Hof wieder, aber nicht so laut, wie ich erwartet hätte; die Smogdecke dämpfte ihn. Einen Augenblick lang stand ich still und leise da. Keine Stimmen, kein Hundegebell, keine Polizeitrillerpfeifen. Ich setzte meinen schlingernden Kurs durch den Nebel fort und gelangte schließlich an die rußige Sandsteinwand des Mietshauses gegenüber. Ich sah keinen Durchgang auf die Straße, aber ich wusste, wenn ich an den Häusern entlangging, fände ich in jeder Richtung bald einen. Das einzige Problem war, dass ich mich an den Fenstern der Erdgeschosswohnungen vorbeidrücken musste, bis ich die Passage zur Straße fand. Wieder bewegte ich mich so leise, wie ich konnte, und bückte mich, wenn ich an einem beleuchteten Fenster vorbeilief.
    Mein Verderben war das einzige unbeleuchtete Fenster.
    Ich hörte Kampfgeräusche: Jemand rang nach Luft und grunzte. Einen Augenblick lang konnte ich nicht einordnen, woher das Keuchen kam, dann begriff ich, dass die Laute aus einem Loch in der gesplitterten Scheibe drangen. Ich richtete mich auf und blickte durch das schmierige Glas ins Halbdunkel. Ich sah die übliche Wohnküche, und das einzige Licht kam aus dem offenstehenden Herd, der zum Heizen und Kochen diente. Der matte Schein erlaubte einen Blick auf die Umrisse einer riesigen Frau, die sich bäuchlings über den primitiven Küchentisch lehnte und auf die Ellbogen stützte. Sie war massiv übergewichtig und bis zu den Hüften nackt. Die riesigen blassen Monde ihrer Brüste pendelten über der Tischplatte hin und her, das Fett an ihren Armen bebte bei jedem Stoß des kleinen dünnen Mannes hinter ihr. Er wurde kahl und hatte sich schwarze Haarsträhnen über den blassen Scheitel gekämmt. Unter seiner schmalen Nase zuckte bei jedem leidenschaftlichen Aufeinanderprallen der ungleichen Körper ein gewaltiger Groucho-Marx-Schnurrbart.
    Es war dasselbe Gefühl, wie wenn man unbeabsichtigt Zeuge wird, wenn jemandem in der Öffentlichkeit schlecht wird und er sich auf die Straße erbricht. Man möchte es nicht sehen, aber ganz gleich, wie sehr es einen abstößt, sobald man hingeguckt hat, kann man den Blick nicht mehr davon losreißen. Ich erstarrte.
    Der Spargeltarzan und seine Monsterjane versuchten eindeutig, so leise wie möglich zu sein, wahrscheinlich, weil im einzigen anderen Zimmer der Wohnung Kinder schliefen, doch die dicke Jane stöhnte: »Mein Hengst … oh, mein Hengst …«
    Ich drückte mir die Faust auf den Mund und biss fest zu, aber trotzdem bebten meine Schultern unkontrolliert.
    »Oh, Rab … du bist mein Hengst …«
    Geh weiter, Lennox , befahl ich mir. Um Gottes willen, geh weiter.
    Dann, in sich hochschaukelnder Leidenschaft, stieß der magere kleine Mann hervor: »Senga! Oh … Senga! «
    Trotz meiner gefährlichen Situation überrannte etwas meinen Überlebensinstinkt und die Faust in meinem Mund, und das Gelächter, das ich einzudämmen versuchte, drohte aus mir herauszuplatzen. In meiner Kehle erklang etwas Hohes und zugleich Ersticktes.
    Es war laut genug, dass die fette Frau es hörte. Sie blickte hoch, sah mich am Fenster, stieß einen schrillen Schrei aus und legte in einem bemerkenswert unzureichenden Versuch, ihre Nacktheit zu bedecken, die Arme über ihre massigen Brüste. Der kleine Mann entdeckte mich ebenfalls, löste sich und stürmte zum Fenster, wobei er dankenswerterweise seine Hosenträger wieder über die Schultern zog.
    »Du perverse Sau!«, schrie er mit hoher, schriller Stimme. »Du dreckige perverse Sau! Spanner! Du Scheißspanner!«
    Ich rannte

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