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Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Titel: Lennox 03 - Der dunkle Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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ich das nächste Mal hinsah, waren sie weg. »Außerdem habe ich keinen Ärger gewollt. Die beiden suchten Streit.«
    »Aber wie du auf die Leute losgehst … wie du die Beherrschung verlierst … das geht nicht, Lennox!«
    »Glaubst du, ich bin reif für die Gummizelle, Martha?«
    »Das sage ich nicht. Du solltest nur ein bisschen lockerer werden. Sonst wird am Ende noch jemand verletzt. Schlimm verletzt.«
    »So weit kommt es nicht«, entgegnete ich und versuchte das Bild des Gorillas, den ich mit wenigen Zähnen und der Aussicht, bis ans Ende seines Lebens durch den Mund zu atmen, auf der Landstraße zurückgelassen hatte, in einen finsteren Winkel meines Kopfes zu verbannen. Ich lächelte Martha an. Sie war hübsch und trotz ihres Jobs eine gute Frau. Etwas an ihr, am Schnitt ihres Gesichts und ihrer hohen Jochbeine, erinnerte mich vage an Fiona White. »Genug von dem trüben Gerede«, sagte ich. »Trinken wir noch einen.«
***
    Ich fuhr Martha nach Hause. Angesichts der Bourbonmenge, die ich getankt hatte, war das eine ziemliche Leistung. Über einen beachtenswerten Teil der Fahrt hinweg war ich erstaunt, dass es in Glasgow plötzlich so viele vierspurige Straßen gab, aber ich löste das Problem, indem ich ein Auge zukniff, während ich fuhr. Martha war auch nicht ganz nüchtern, aber ich hatte sie weit hinter mir gelassen. In ihrer Wohnung machte sie mir einen Kaffee von der Sorte, die aus der Flasche kam und mit heißem Wasser aufgefüllt wurde. Er schmeckte furchtbar, aber er tat, was von ihm verlangt wurde.
    Martha wohnte in einem neumodischen Gebäude mit Geschäften im Erdgeschoss. Bisher hatten wir uns immer nur in meinem Auto unsere Briefmarkensammlungen gezeigt, deswegen war ich zum ersten Mal hier und staunte, wie geschmackvoll sie ihr Appartement eingerichtet hatte. Die Möbel waren von dem modernen Typ aus Dänemark, und ein paar Impressionistendrucke hingen in billigen Rahmen an den Wänden. Ein kleines Bücherregal war mit Buchclubromanen gefüllt, und auf dem Couchtisch lag eine zwei Monate alte Vogue, wahrscheinlich vor allem, um gesehen zu werden. Die Wohnung schrie dem Besucher geradezu entgegen, dass ihre Besitzerin aus den ausgefahrenen Gleisen springen wollte, und ihre Helligkeit, ihr Stil und ihre Fröhlichkeit schlugen mir schwer aufs Gemüt.
    Wir redeten eine Weile, und ich trank mehr Kaffee, aber mein Alkoholpegel sorgte dafür, dass mein visuelles Gedächtnis wilde Kapriolen schlug, denn Martha sah für mich immer mehr wie Fiona White aus. Ich übernahm die Heeresleitung und marschierte ein, wie wir beide es von vornherein gewusst hatten, und ich erlebte dabei einen Mangel an Widerstand, der sogar einem italienischen General peinlich gewesen wäre. Wir endeten auf dem Fußboden, und ihr Kleid war nur noch eine Wurst um ihre Taille. Was folgte, war lieblos und beinahe brutal, und als ich einen Anflug von Angst in ihren Augen sah, nahm ich mich ein bisschen zurück. Ich wurde sanfter und küsste sie, aber wenn ich die Augen schloss, hatte ich immer Fiona White und nicht Martha unter mir.
    Danach rauchten wir, und sie war still. Ich entschuldigte mich für meine Grobheit und fragte sie, ob wir uns wiedersehen würden.
    »Gern«, sagte sie, und zu meiner Bestürzung sah ich ihr an, dass sie es ernst meinte.
***
    Ungefähr um zehn Uhr am nächsten Morgen trafen Archie und ich uns und fuhren zu Violet in Milngavie. Ich hatte mich dagegen entschieden, unser Gespräch in meinem Büro zu führen, weil ich glaubte, das vernagelte Fenster hätte meinen Klientinnen vielleicht doch ein wenig zu viel Unbehagen eingeflößt: eine Erinnerung daran, dass ich eine neue Möglichkeit gefunden hatte, jemanden meines Büros zu verweisen.
    Hinzu kam, dass mir, als ich früher am Morgen einige Sachen aus meinem Büro hatte holen wollen, ein Reporter des Bulletin aufgelauert hatte. Zum Glück hatte er keinen Fotografen dabei und war schwer von Kapee: Er fragte mich, ob ich Lennox sei, und ich erwiderte mit breitem Glasgower Akzent, dass ich es nicht wäre. Erst als ich behauptete, vom Ordnungsamt zu kommen und Fälle zu untersuchen, in denen Taxen ungenehmigt Passagiere aufnähmen, hatte er aufgehört, geistesabwesend zu nicken, und mich misstrauisch angeblickt.
    Archie begleitete mich zu dem Treffen mit Isa und Violet. Wir nahmen meinen Austin Atlantic und fuhren nach Milngavie. Unterwegs bemerkte ich wieder den zigarrenförmigen Umriss des Bennie-Schienenflugzeugs. Wie es da so verloren auf seinem fernen

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