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Lenz, Siegfried

Lenz, Siegfried

Titel: Lenz, Siegfried Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Exerzierplatz
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Wohlbefinden.
    Und dann sprach er davon, daß es zum Glück Agenten der Pflanzenwelt gibt, die beweisen können, daß es eine Nützlichkeit des Schönen gibt, Agenten aus Liebe, die dafür sorgen, daß sich das Wunder erhält. Er sprach leise, manchmal schloß er die Augen, am liebsten hätte ich jeden Satz auswendig gelernt, besonders, als er dann den Chef einen Agenten nannte, der für die Nützlichkeit des Schönen eintritt, der über alle Grenzen hinweg für das wirbt, wovon wir auch leben, von absichtsloser Freude. Da klatschte Dorothea, ein bißchen voreilig, aber sie klatschte, und ich kam ihr gleich zu Hilfe und klatschte mit.
    Die Cäcilia also, der Verband Nordamerikanischer Rhododendron-Züchter verlieh dem Chef in Anerkennung seiner Arbeit, speziell aber für seine Cäcilia, eine Urkunde, die Professor Gutowski überreichte, eine mehrfarbig verzierte, kostbare Urkunde, auf der die zart fleischroten und mattvioletten Blüten abgebildet waren sowie die lederartigen elliptischen Blätter der Cäcilia, die der Chef kultiviert und zur Winterhärte gebracht hatte. Nun klatschten alle, und der alte Professor umarmte den Chef und flüsterte ihm einige Worte zu, die Dorothea aber mitbekam, denn sie lachte und sagte: Keine heimliche Liebe, Leslie; Cäcilie, so hieß Konrads Großmutter, von ihr hat er den Namen. Es wurde auch noch eine zweite Urkunde überreicht, sie war nur einfarbig und bestätigte, daß der Chef zum Ehrenmitglied des Nordamerikanischen Verbandes gewählt worden war – und das, lieber Konrad, ist eine der seltensten Ehren, die wir vergeben, sagte der Professor.
    Alle wollten die Urkunden gleich mal in die Hand nehmen, zumindest in ihnen lesen, doch der Professor war noch nicht fertig, er nahm da noch etwas vom Beisitztisch auf und hielt nach mir Ausschau und sagte: Bei allen Ehren, die wir zu vergeben haben, sollten wir auch an die denken, die bescheiden und verläßlich zum Erfolg beitragen, an die stillen Mitarbeiter, die mit dem Halbschatten vorliebnehmen. Es ist ein Blatt der Anerkennung, Herrn Bruno Messmer persönlich gewidmet für all seine treue und empfindsame Mitarbeit. Da wurde mir ganz schwindlig, und ein Zittern kam in die Beine, aber der Chef, der bestimmt alles im voraus gewußt hat, zog mich nach vorn, und während ich das Blatt entgegennahm, klatschte er, und Dorothea und Guntram Glaser klatschten auch. Anstoßen, sie wollten mit mir anstoßen und das Blatt sehen, es war ein Photo mit breitem Rand, auf den Rand war mein Lob geschrieben, und das Photo, das zeigte den prachtvollsten Rhododendronstamm, der sich denken läßt, vier, wenn nicht fünf Meter hoch, und die Blüten waren doldentraubig und dunkelrot.
    Sie mußten noch warten, denn erst einmal sprach der Chef, er war sehr bewegt, er war glücklich, lange mußte er nach Worten suchen, um zu danken, und danach erzählte er von Cäcilie, seiner Großmutter, die alle Eigenschaften der Pflanzen kannte. In ihrer Bibel preßte sie alles, was sie draußen fand, Kräuter, die Flöhe abhielten und den Teufel daran hinderten, die Schwelle zu überschreiten, aber auch Blumen, die einen garantiert von Sommerwiesen träumen ließen. Sie hat ihm beigebracht, daß man nur ein Stück Rhododendron-Wurzel auf der Brust zu tragen braucht – an einer dünnen Schnur befestigt –, und schon wird man verwandelt und erkennt, was andere nicht erkennen. Zum Schluß sagte er: Ich freue mich, daß Cäcilie diese Aufmerksamkeit gefunden hat.
    Wenn ich nur wüßte, wo das Anerkennungsblatt geblieben ist, es verschwand einfach wie so vieles andere, wie die Geschenke, die Fundstücke, obwohl wir es gemeinsam suchten, Magda und ich, konnten wir es nicht finden; aber überreicht wurde es mir an dem Abend, als der Chef geehrt wurde, das weiß ich bestimmt. Ich mußte das Photo herumzeigen, Ina las mein Lob vor, das auf den Rand geschrieben war, alle bewunderten den Rhododendronstamm und seine Blüten, nur für Frau Sasse gab es nichts zu bewundern, sie sah nur gleichgültig auf das Photo und ließ sich von Joachim Feuer für ihre Zigarette geben. Ihr müder, abschätziger Blick. Ihre Verdrossenheit. An allem hatte sie etwas auszusetzen, und zuhören konnte sie nicht anders als mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich paßte immer auf, daß ich nicht in ihre Nähe kam. Magda wußte, daß das Gut Bodden nicht Frau Sasse gehörte, sondern ihrem Bruder, von dem sie alles bekam, was sie sich wünschte, sogar einen Übungsplatz für ihre Dressuren hatte er ihr

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