Leola
daran, es auch zu
glauben.« Ich grinste sie an. »Du bist eine Freundin von Emmanuel und hast soeben
ein paar Wochen mit ihm auf seiner Jacht zugebracht. Während du dort warst,
traf Leola Smith ein. Emmanuel sagte, sie wolle in Ruhe gelassen werden, und so
behielt jeder das Geheimnis, wer sie in Wirklichkeit war, für sich und nannte
sie Letty Smith. Sie und Emmanuel schienen ausgezeichnet miteinander
auszukommen, und sie machte einen sehr glücklichen Eindruck. Du hattest vor,
kurz Urlaub in den Vereinigten Staaten zu machen, und so bist du mit mir
hierhergeflogen. — Stimmt’s?«
»Vielleicht
liegt es an der Sonne.« Sie blickte mich an und tippte sich bedeutungsvoll mit
einem Finger an die Schläfe. »Du bist zu lange im Freien gewesen.«
» Vergiß die Geschichte ja nicht«, sagte ich. »Und zieh dir
was an, wir machen einen Besuch.«
SECHSTES KAPITEL
E s war gegen halb sieben Uhr abends, als wir
beim Smithschen Haus ankamen und ich auf den
Klingelknopf drückte. Willi sah sich mit offensichtlichem Interesse in dem
schönen Garten um, während wir unter dem Portiko warteten.
»Es
ist ein großes Haus, und der Garten muß ein Vermögen gekostet haben«, sagte sie
mit einer plötzlichen Sachlichkeit, deren ich sie zuvor gar nicht für fähig
gehalten hatte. »Es muß eine Menge wert sein.«
»Schätzungsweise
zweihunderttausend Dollar«, sagte ich.
Sie
hob überrascht die Brauen. »Wenn ich ein Haus wie das hier hätte, würde ich
daheim bleiben und so hinreißend aussehen, daß all die hübschen männlichen
Filmstars kämen und mich um meine Gunst anflehen würden.« Sie rümpfte die Nase.
»Sie muß verrückt sein, daß sie in Europa herumrennt und wie eine Fledermaus
aussieht.«
Gleich
darauf öffnete sich die Tür, und Chloe Benton sah
mich an, als sei ich etwas, was aus der Kläranlage gekrochen ist. Sie trug ein
schwarzes Trikot und sehr kurze weiße Shorts mit schwarzen Querstreifen. Die
mitternachtsblauen Fransen waren von peinlichster Ordnung, und alles an ihr
entsprach der Eleganz ihrer Beine.
»Lassen
Sie mich raten.« Sie entblößte flüchtig die Zähne. »Ist Ihnen das Geld
ausgegangen?« Ihre Augen glitten teilnahmslos über Willi Lau, dann sah sie mich
wieder an. »Oder haben Sie sich in irgendeiner Form der Sozialarbeit
zugewandt?«
»Willi«,
sagte ich höflich, »das ist Chloe Benton. Mach dir
nichts daraus, daß sie so ordinär daherredet, sie ist ordinär.«
»Es
muß am Geld liegen.« Chloe Benton öffnete die Tür
weiter. »Victor ist in seiner gewohnten aufrechten Haltung, gestützt durch die
Bar. Putzen Sie Ihre Füße ab, bevor Sie hereinkommen. «
»Das
ist die Sorte Luder, die ich verstehen kann«, flüsterte mir Willi ins Ohr,
während wir dem elastisch wippenden schwarz-weiß gestreiften Hinterteil durch
das Haus folgten. »Ist sie in diesen Victor verliebt?«
»Ich
weiß es nicht«, flüsterte ich zurück. »Ich glaube nicht, daß sie irgendwelcher
Emotionen fähig ist.«
»Das
werde ich bald herausbekommen.« Sie nickte zuversichtlich. »Eine Frau weiß über
eine andere Frau und einen Mann sofort Bescheid.«
Victor Amory saß hinter der Bar und trug dieselbe
Leinensportjacke. Einen Augenblick lang schien es, als ob ich gar nicht weg
gewesen wäre. Er war damit beschäftigt, in einem Riesenmixer, wie mir schien,
mehrere Liter Martini zuzubereiten, und unterzog sich nicht der Mühe des
Aufblickens, als wir ins Wohnzimmer traten.
»Mein
liebes Herz«, sagte Chloe Benton kalt, »ich bringe
Ihnen Glück und Frohsinn in Gestalt von Clyde und
Bonnie, seinem Frauenzimmer.«
Ein
plötzlicher Schimmer kam in die melancholischen grauen Augen, als er aufblickte
und mich dastehen sah. » Holman !« Dann sah er das
Mädchen neben mir, und seine Augen schienen ein bißchen starr zu werden. »Wer
ist denn das?«
»Eine
Freundin von mir, Willi Lau«, sagte ich.
Dann
sah ich sie meinerseits an, für den Fall, daß mir etwas entgangen sein sollte.
Ihr langes blondes Haar wirbelte nonchalant um ihre Schultern, und der keß geschwungene Mund — mit leichten Grübchen versehen,
während sie Amory anblickte — strafte die scheinbare
Unschuld ihrer feuchten Augen Lügen. Sie trug ein schwarzes Spitzenkleid, das
mit schnürsenkeldünnen Bändern über ihren Schultern
festgehalten wurde, während der U-förmige Halsausschnitt zehn Zentimeter
Schlucht zwischen ihren üppigen Brüsten enthüllte. Das Kleid fiel bis zur Mitte
ihrer Oberschenkel hinab und hörte genau dort auf. Ich
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