Leola
auch eine richtige Frau ist: die auch etwas
von sich selber gibt; die loyal ist, Charakter und Mut hat; die alles,
einschließlich sich selber, aus Liebe zu einem anderen Menschen opfert.« Sie
hielt mit leicht gerötetem Gesicht inne und lachte dann ein bißchen verlegen.
»Hören Sie sich das bloß an! Ich möchte wissen, was mich zu solchen Tiraden
hinreißt!«
»He,
ihr beiden!« Amory ließ die Speisekarte sinken und
sah uns an. »Was wollt ihr essen? Willi hat vor, sich durch die ganze
Speisekarte durchzuessen, aber ich beschränke mich auf das Roastbeef.«
»Klingt
ausgezeichnet«, sagte ich schnell.
»Ich
nehme einen Käsesalat«, sagte Chloe und lächelte dann
Willi süß zu. »Hoffentlich setzt sich alles an den richtigen Stellen an,
Herzchen.«
Willi
erwiderte das Lächeln aufs unschuldigste. »Essen beeinträchtigt mein Gewicht in
keiner Weise.« Ein Ausdruck tiefsten Mitgefühls tauchte in ihren Augen auf.
»Vermutlich ist das ein Problem, mit dem ihr älteren Frauen euch
herumzuschlagen habt?«
»Wir
wollen ein Toast ausbringen«, sagte Amory schnell.
»Auf die schöne Leola und daß sie sich in Cannes nicht allzusehr den hübschen Steiß verbrennt.«
»Sie
trinken nicht schnell genug, Victor«, sagte Chloe durch ihre zusammengebissenen Zähne hindurch. »Vulgär sind Sie immer, aber wenn
Sie nur halb betrunken sind, drücken Sie sich zu deutlich aus.«
»Bitte«,
Willi wandte sich ihm voller Unschuld zu, »was meinen Sie mit Steiß?«
»Das,
worauf Sie sitzen, Liebste.« Er strahlte sie an.
»Ach
so!« Sie kicherte leise. »Ich will Ihnen ein Geheimnis verraten, Victor. Meiner
hat eine hübsche, warme Brauntönung bekommen.«
»Woher
wissen Sie das?« Seine Augen wurden wieder starr, während er sich zu ihr
hinüberbeugte.
»Weil
ich in den Spiegel schaue, Sie ungezogener Mensch!« Sie kicherte erneut und
wandte Chloe den Rücken zu, so daß sie sich voll auf Amory konzentrieren konnte.
»Sagen
Sie schnell was, Rick!« murmelte Chloe . »Ich habe
noch nie zuvor jemanden in einem Restaurant ermordet, aber das könnte das erstemal sein, wenn ich mir diese widerwärtige Unterhaltung
noch länger anhören muß.«
»Sie
sind die perfektionierte Weiblichkeit!« Ich blickte tief in ihre Augen. »Ein
schönes Gesicht, eine schöne Figur und dazu eine ausgeprägte Intelligenz. Sie
müssen ein faszinierendes Leben führen, Chloe .
Erzählen Sie mir davon.«
»Sind
Sie übergeschnappt?« sagte sie erschreckt.
»Ich
kannte mal einen Burschen, der behauptete, jede Frau fände eine solche
Eröffnung des Gesprächs unwiderstehlich«, sagte ich betrübt. »Er behauptete,
insofern man sie einmal dazu gebracht hat, ihre Lebensgeschichte zu erzählen —
hübsch eingefärbt natürlich, mit Hinblick auf die ideale Weiblichkeit — , daß
nichts sie davon abhalten könne, mit Reden aufzuhören. Sie gingen beglückt mit
einem ins Bett, so behauptete er, solange sie nur Gelegenheit hätten, einem
ihre Lebensgeschichte zu erzählen.«
Sie
nickte ernst, und dann trat ein Schimmer in ihre Augen. »Das ist nun wirklich
ein Zufall. Ich kannte mal ein Mädchen, das...«
Als
wir beim Stadium des Kaffees angelangt waren, sah Amory aus, als ob er ins Schwimmen geriete. Er hatte während des Essens nahezu zwei
Flaschen schweren Burgunders ganz allein ausgetrunken und trank jetzt Napoleon,
als wäre es Limonade.
»He,
Rick!« sagte er plötzlich mit belegter Stimme. »Ich muß mal für kleine Knaben.
Kommen Sie mit?«
»Es
ist besser, wenn Sie gehen«, flüsterte Chloe leise.
»In diesem Stachum neigt er dazu, entweder einen
Kellner niederzuschlagen oder ein Glas Eiswasser in den nächstbesten größeren
Ausschnitt zu gießen, den er sieht.«
»Okay.«
»Versuchen
Sie, ihn dabei vom Cognac abzubringen«, fuhr sie fort, »er weckt bloß seine
aggressiven Instinkte. Sie brauchen nicht gleich wiederzukommen. Ich werde
Goldlöckchen hier durch quälende Geschichten darüber, was wir älteren Frauen so
leiden, bei Laune halten.«
Ich
holte Amory ein und begleitete ihn zur
Herrentoilette. Als wir wieder hinausgehen wollten, packte er mich plötzlich
beim Arm. »He, Rick, alter Freund! Ich möch ’ mich mit
Ihnen mal unter vier Augen unterhalten, bevor wir zu den Frauenzimmern
zurückgehen.«
»Gern«,
sagte ich. »Wie wär’s mit einem Schnellen an der Bar?«
»Großartig.«
Ich
lenkte ihn zu einem Barhocker hin und setzte mich neben ihn. Dann bestellte ich
zwei Martini. Er wandte nichts dagegen ein, und seinem
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