Leola
ein weißes
Lichtrechteck ersetzt wurde. Ich schaltete den Projektionsapparat ab, und die
Stille lastete schwer auf dem Raum.
»Ich
glaube, mir wird schlecht«, sagte Chloe mit dünner
Stimme. »Wissen Sie was? Was das Ganze noch schlimmer gemacht hat, war der
altmodische, flimmernde Stummfilm. Es war alles so entsetzlich realistisch, daß
es doppelt obszön wirkte! Sie müssen den Film natürlich vernichten.« Sie fuhr
zu mir herum, ihr Gesicht war bleich und verkrampft. »Dann können wir beide
vergessen, daß wir ihn je gesehen haben.«
Ich
schüttelte den Kopf. »Das würde nichts daran ändern. Ganz bestimmt gibt es mehr
als eine Kopie.«
»Das
Schwein!« flüsterte sie. »Das dreckige, widerliche Schwein!«
»Wer?«
» Tolver , natürlich.«
»Woher
wissen Sie, daß es Tolver war?«
»Wollen
Sie behaupten, Sie hätten Victors Erzählung aus der Zeit, als er auf Emmanuels
Jacht beinahe umgebracht wurde, was ihm einen Schock für sein Leben eingetragen
hat, noch nicht gehört?« Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Sie müssen sie
gehört haben, schließlich kennen Sie Victor länger als fünf Minuten! Ich habe
die Geschichte tausendmal gehört. Wie Victor einen sitzen hatte und den Fehler
beging, sich auf Tolvers Mädchen zu konzentrieren.
Wie Tolver mit einem Messer auf ihn losging; und wenn
da nicht jemand namens Cary gewesen wäre, hätte er Victor zu Hackfleisch
verarbeitet. Cary nahm ihm das Messer weg, nachdem ihm beinahe das Bein
abgeschnitten worden war, und dann verpaßte er Tolver einen Schnitt übers Gesicht. Daher die Narbe an
seiner linken Wange.«
»Wenn
ich es mir recht überlege«, sagte ich düster, »habe ich die Geschichte schon
gehört.«
Ihr
Mund preßte sich zu einer geraden Linie zusammen. »Victor muß von der Sache
wissen.«
»Wie
kommen Sie darauf?« erkundigte ich mich.
»Warum
sollte er Sie sonst beauftragen, Leola zu finden, und Ihnen dann gleich sagen,
Sie sollten auf Emmanuels Jacht nachsehen?«
»Vielleicht
war es einfach eine Vorahnung?« sagte ich.
»Nein«,
sagte sie gelassen. »Ich kann mir in etwa vorstellen, was in seinem kranken
Gehirn vor sich geht. Er möchte sie zurück haben. Das wissen Sie. Mehr als
alles andere auf der Welt möchte er sie zurück haben! Victor war es, der sie
damals in Paris Emmanuel vorstellte.« Sie atmete langsam aus und schloß dann
für ein paar Sekunden die Augen. »Um Himmels willen, er ist wirklich krank, Sie
haben keine Ahnung, wie krank — geisteskrank meine ich. Irgendwie ist er in
das, was wir gerade in diesem gräßlichen Film gesehen
haben, verwickelt, ich weiß es! Vielleicht war es Teil eines verrückten Planes,
zu versuchen, Leola so einzuschüchtern, daß sie zu ihm zurückkommt.« Ihr
Gesicht erhellte sich. »Jedenfalls ist sie in Sicherheit! Sie war doch, als Sie
sie auf der Jacht sahen, mit Emmanuel völlig glücklich. Oder nicht?«
»Nein«,
sagte ich.
»Nein?«
Ihre Augen weiteten sich, während sie mich anstarrte. »Aber Sie sagten doch...«
»Weil
es nichts genützt hätte, wenn ich etwas anderes gesagt hätte«, knurrte ich.
»Fangen Sie jetzt bloß nicht an, Fragen zu stellen. Ich bin ohnehin schon
verwirrt.«
Sie
stand schnell auf, kam auf mich zu und ergriff mich beim Arm. »Sie können nicht
einfach hier stehenbleiben und sagen, Sie seien verwirrt, Sie Idiot! Ich muß es
wissen! Hält Emmanuel sie an Bord der Jacht gefangen?«
»Ich
glaube, sie bleibt aus eigenem Entschluß an Bord«, sagte ich zögernd. »Sie hat
eine Art Abmachung mit ihm getroffen — um ihrer Tochter willen.«
»Klein
Leola?« Sie schüttelte schnell den Kopf. »Aber die ist doch in ihrer Schule in
der Schweiz.«
»Stimmt!«
Ich erinnerte mich plötzlich. »Sie haben mir ja erzählt, Sie hätten vor zwei
Wochen ein Ferngespräch mit ihr geführt.«
Chloe nickte. »Für den Fall, daß Leola ihr
möglicherweise erzählt haben könnte, wohin sie nach ihrem Besuch in der Schule
reisen würde. Deshalb...«
»Nur
war sie vor zwei Wochen gar nicht dort in der Schule«, sagte ich ruhig.
»Sind
Sie verrückt? Ich habe doch mit ihr gesprochen!«
»Nicht
in der Schule, denn ihre Mutter hat sie wenigstens eine Woche vorher von dort
weggeholt.«
»Woher
wollen Sie das wissen?« fragte sie streitlustig.
»Weil
ihre Mutter mir das erzählte, als ich sie auf Emmanuels Jacht traf.« Ich hielt
inne, um mir eine Zigarette anzuzünden, während ich mich zu erinnern versuchte.
»Sie nahm Klein Leola mit sich nach Los Angeles und...« Ich
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