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Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Titel: Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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jetzt war der Zeitpunkt gekommen, dass er sie einsetzen konnte!
    Mit Hilfe dieser Spiegelbruchtücke wollte er eine Apparatur
    konstruieren, mit der man vom Nachbarzimmer des Portugiesen aus 61

    über das zumeist offen stehende Fenster in dessen Kammer blicken konnte.
    Der Einfall war ihm gekommen, als die Bogenform des Astes
    gesehen hatte, mit dem er zu Boden gestürzt war. In einer anderen Kiste bewahrte Leonardo verschiedene Werkzeuge auf, die er im
    Laufe der Jahre gesammelt hatte. Ein Hammer war ebenso darunter wie ein Holzmeißel. Leonardo hatte eine zeitlang damit versucht, aus Holzblöcken Gesichter herauszuhauen, bis er das Interesse daran verlor. Vornehmlich deswegen, weil die Gesichter nicht so gut
    geworden waren, wie er sie sich vorgestellt hatte. Jetzt benutzte er die Werkzeuge dazu, um den gebogenen Ast an zwei Stellen zu
    spalten. In die Löcher steckte er jeweils ein Bruchstück des Spiegels.
    Damit sie besser hielten, klebte er sie mit Harz fest, den er in einem Tongefäß gesammelt hatte. Sorgfältig verschmierte er die klebrige Masse, als Carlo ihn besuchen kam.
    „Fertig!“, stieß Leonardo hervor und ihm war der Stolz auf sein Werk deutlich anzusehen.
    Carlo runzelte die Stirn.
    62

    „Was soll das sein?“, fragte er. „Sieht lustig aus – zwei Spiegel auf einem gebogenen Ast. Aber wozu das gut sein soll, weiß ich nicht!“
    „Ganz einfach!“ Leonardo deutete auf einen Spiegel. „Was dieser Spiegel erfasst, wird in den zweiten Spiegel geworfen, sodass man es auch dort sehen kann. Wenn ich jetzt vom Nachbarfenster des
    Portugiesen aus mit diesem Gerät vorsichtig so weit vor das
    geöffnete Fenster dieses Mannes gehe, dass das Innere im Spiegel zusehen ist, kann man es auf dem zweiten Spiegel auch im
    Nebenzimmer sehen.“
    Carlo runzelte die Stirn. Er setze sich neben Leonardo auf den Boden, beugte sich ganz tief und überprüfte, ob die beide Spiegel tatsächlich so ausgerichtet waren, dass das Bild weitergegeben wurde.
    „Und du meinst, das funktioniert?“, fragte er skeptisch.
    „Ich probiere das gleich bei einem unserer Fenster mal aus“,
    erklärte Leonardo.
    63

    Leonardo wies Carlo an, ins Nachbarzimmer zu gehen. Dies
    diente derzeit als Abstellkammer. Seit Großmutters Tod war sie nicht mehr aufgeräumt worden.
    Mit einiger Mühe öffnete Leonardo zunächst die Fensterläden.
    Das Fenster war zur selben Hausseite ausgerichtet wie das Fenster seines eigenen Zimmers.
    „Ich werde ‚jetzt’ zu dir hinüberrufen, wenn es soweit ist!“,
    kündigte Leonardo an.
    „Wenn was soweit ist?“, hakte Carlo verständnislos nach. Es kam öfter vor, dass Leonardo in Gedanken schon einen Schritt weiter war als er und für Carlo waren Leonardos Absichten dann manchmal
    einfach nur ein unlösbares Rätsel.
    „Wenn du irgendwas machen sollst. Schneide eine Grimasse,
    bohr dir in der Nase oder kratz dich am Po. Ist mir ganz egal -
    Hauptsache, du tust etwas, was ich nicht sehen oder erahnen kann –
    aber ich werde es dir sagen können, weil ich dich durch das Fenster mit meinem Spiegelbogen zu sehen vermag!“
    „In Ordnung“, nickte Carlo.
    64

    Während Leonardo von seinem Fenster aus den Spiegelbogen,
    wie er dieses Gerät nun genannt hatte, zum Einsatz brachte, blieb Carlo in der Abstellkammer.
    Leonardo gab das verabredete Zeichen.
    Er konnte Carlo sehr gut im zweiten Spiegel erkennen.
    Er rieb sich die Nase.
    „Was mache ich?“, rief er laut.
    „Du reibst dir die Nase!“, stelle Leonardo triumphierend fest.
    „Und jetzt?“
    „Du hast dir einen deiner wahrscheinlich schrecklich unbequemen Schuhe ausgezogen, die für den Sommer sowieso viel zu warm sind, wenn du mich fragst!“
    „Du hast nur die Geräusche gehört!“, zweifelte Carlo die Fairness bei diesem Test an.
    „Nein, ich sehe es hier tatsächlich“, verteidigte sich Leonardo.
    „Und zwar ganz deutlich. Wenn du das bezweifelst, dann tu etwas, das keinen Krach macht.“
    Carlo faltete die Hände wie beim Gebet.
    65

    „Du betest“, stellte Leonardo sofort fest und Carlo erschrak
    darüber, wie gut diese Erfindung seines Freundes funktionierte.
    Sie probierten noch ein paar weitere Dinge aus. Carlo stand auf einem Bein oder er verdeckte sein Gesicht mit dem Halstuch, das er trug. Zuletzt krempelte er die Ärmel hoch.
    „Das funktioniert“, stellte Leonardo fest. Er zog den
    Spiegelbogen wieder ein und legte ihn auf den Tisch.
    Als Carlo aus dem Nebenraum zurückkehrte, sah er wie Leonardo
    sich die Arme

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