Leopard
in einer stillgelegten Fabrik eingeladen hat, zu dem sie als Krankenschwester verkleidet kommen sollte.«
»Wenn das das Turn-on ist, will ich gar nicht wissen, was das Turn-off war.«
»Unter Turn-off fiel wahrscheinlich die Art, wie er redete. Das hat sie anscheinend an ihren Mitbewohner erinnert. Die Freundin hatte keine Ahnung, was Adele damit meinte.«
»Der Mitbewohner ist kein Mitbewohner im engeren Sinn«, sagte Kaja und gähnte. »Geir Bruun ist schwul. Falls der siebte Mann versucht, die Schuld an den Morden auf Tony Leike abzuwälzen, muss er über dessen Vorstrafen Bescheid wissen.«
»Ein Urteil wegen Körperverletzung ist eine öffentlich zugängliche Information. Auch der Ort des Vorfalls, in diesem Fall die Gemeinde Ytre Enebakk. Leike wäre fast zum Mörder geworden, als er bei seinem Großvater am Lyseren lebte. Wenn du als Mörder die Suchscheinwerfer der Polizei auf Leike gerichtet sehen möchtest, wo würdest du dann Adele Vetlesens Leiche verschwinden lassen? Natürlich an einem Ort, den die Polizei mit einer bereits als gewalttätig verurteilten Person aus ihren Akten in Verbindung bringen kann. Darum hat der Mörder sich für den Lyseren entschieden.« Mikael Bellman hielt inne. »Sag mal, langweile ich dich?«
»Nein.«
»Du siehst so uninteressiert aus.«
»Ich … hab so viel anderes, worüber ich nachdenken muss.«
»Seit wann rauchst du? Ich habe übrigens einen Plan, wie wir den siebten Mann ausfindig machen können.« Kaja sah ihn lange an. »Willst du mich nicht fragen, wie, Liebe?«
»Wie?«
»Indem ich dieselbe Taktik anwende wie er.«
»Die da wäre?«
»Indem ich eine unschuldige Person in den Fokus setze.«
»Wendest du diese Taktik nicht immer an?«
Mikael Bellman schaute schnell hoch. Allmählich begann ihm etwas zu dämmern. Etwas, das mit der Rolle des Alphamännchens zu tun hatte.
Er breitete den Plan vor ihr aus. Erklärte ihr, wie er den siebten Mann aus seinem Versteck zu locken gedachte.
Hinterher kochte er innerlich vor Wut. Er wusste nicht, ob ihn die Tatsache wütender machte, dass sie so überhaupt nicht reagierte, weder positiv noch negativ, oder die Art, wie sie vor ihm saß und las, als ginge sie das alles rein gar nichts an. Begriff sie denn nicht, dass seine Karriere, seine Schachzüge in diesen schicksalhaften Tagen auch entscheidend für ihre Zukunft waren? Auch wenn sie nicht damit rechnen konnte, die neue Frau Bellman zu werden, konnte sie zumindest unter seinem persönlichen Schutz ein paar Sprossen auf der Rangleiter nach oben steigen. Gesetzt den Fall, dass sie sich weiterhin loyal verhielt und ihm zuspielte. Vielleicht basierte seine Wut aber auch nur auf der Frage, die sie gestellt hatte, und damit der Tatsache, dass sie sich für
ihn
interessierte. Den anderen. Das alte, abgewrackte Alphamännchen.
Sie hatte ihn auf das Opium angesprochen. Gefragt, ob er wirklich vorgehabt hatte, es gegen Hole zu verwenden, wenn er die Schuld für Leikes Festnahme nicht auf sich genommen hätte.
»Selbstverständlich«, sagte Bellman und versuchte, ihr Gesicht zu erkennen, aber es war zu dunkel. »Wieso sollte ich das nicht. Er hat Drogen geschmuggelt.«
»Ich denke dabei weniger an ihn. Ich frage mich nur, ob du wirklich die gesamte Polizei in Verruf bringen willst.«
Er schüttelte den Kopf. »Wir können uns aus Rücksicht darauf nicht bestechen lassen.«
Ihr Lachen schallte trocken durch die fast greifbare Kälte des Abends. »Aber ihn hast du bestochen, ohne mit der Wimper zu zucken.«
»Weil er bestechlich ist«, sagte Bellman und leerte den Rest der Bierflasche mit einem Schluck. »Das ist der Unterschied zwischen ihm und mir. Sag mal, Kaja, versuchst du mir eigentlich etwas Bestimmtes zu sagen?«
Sie machte den Mund auf. Wollte es sagen. Musste es sagen. Aber in diesem Augenblick klingelte sein Telefon. Sie sah ihn in die Tasche greifen und tun, was er in diesem Fall immer tat: Er formte die Lippen zu einem Kussmund. Was nicht als Kuss zu verstehen war, sondern als Aufforderung, die Klappe zu halten. Für den Fall, dass es seine Frau war, sein Chef oder sonst je mand, der nicht wissen durfte, dass er eine Kollegin aus dem Dezernat für Gewaltverbrechen vögelte, die ihm alle nötigen Informationen gab, mit denen er die konkurrierende Einheit für Mordermittlung ausschalten konnte. Der Teufel hole Mikael Bellman. Der Teufel hole Kaja Solness. Und vor allen Dingen, der Teufel hole …
»Er ist weg«, sagte Mikael Bellman und steckte das
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