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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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sich an die Bilder, die ich Ihnen heute gezeigt habe? Ich hatte Sie gebeten, sie anzusehen, und Sie haben festgestellt, dass sie noch feucht sind.«
    »Was ist damit?«
    »Es gibt perfekte Fingerabdrücke, wenn man solche Bilder anfasst. Ihre Fingerabdrücke stimmen mit denen überein, die wir im Haus von Tony Leike gefunden haben.«
    Sigurd Altmans Gesichtsausdruck veränderte sich, je klarer ihm wurde, in welcher Situation er sich befand. »Sie haben mir die Fotos nur gezeigt … damit ich sie anfasse?« Altman starrte Harry wie versteinert ein paar Sekunden an. Dann legte er sein Gesicht in die Hände. Und ein neues Geräusch drang zu ihnen. Lachen.
    »Sie haben an fast alles gedacht«, sagte Harry. »Warum nicht daran, sich ein Alibi zu beschaffen?«
    »Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass ich eins brauchen würde«, sagte Altman, noch immer lachend. »Außerdem hätten Sie das dann ja doch durchschaut, nicht wahr, Harry?«
    Die Augen hinter den Brillengläsern waren feucht, aber nicht gebrochen. Resigniert. Harry hatte das schon öfter erlebt. Die Erleichterung darüber, gefasst worden zu sein. Endlich erzählen zu können.
    »Vermutlich«, sagte Harry. »Das heißt, offiziell habe nicht ich das Ganze durchschaut, sondern der Mann da drüben in dem Auto. Deshalb wird er Sie auch festnehmen.«
    Sigurd nahm die Brille ab und trocknete sich die Lachtränen ab. »Sie haben also gelogen, als Sie gesagt haben, Sie brauchten mich, um Ketanomin zu identifizieren.«
    »Ja, aber ich habe nicht gelogen, als ich gesagt habe, dass Sie dabei sein werden, wenn ein Stück norwegischer Kriminalgeschichte geschrieben wird.«
    Harry nickte Björn zu, der mit der Lichthupe ein Zeichen gab.
    Ein Mann stieg aus dem Cherokee vor ihnen.
    »Ein alter Bekannter von Ihnen«, sagte Harry. »Auf jeden Fall kennen Sie seine Tochter.« Der Mann kam mit leichten O-Beinen auf sie zu und zog seine Hose am Gürtel hoch. Wie ein alter Polizist.
    »Nur noch eine letzte Frage«, sagte Harry. »Der Schneemann hat gesagt, der Mörder würde sich an mich anschleichen, heimlich, wahrscheinlich in einem schwachen Augenblick. Wie haben Sie das gemacht?«
    Sigurd setzte seine Brille wieder auf. »Alle Patienten, die aufgenommen werden, müssen eine Person als ihren nächsten Angehörigen angeben. Ihr Vater hat offenbar Sie angegeben, denn in der Kantine hörte ich eine der Krankenschwestern sagen, sie habe den Vater von Harry Hole auf der Station, dem berühmten Polizisten, der seinerzeit den Schneemann gefasst hat. Ich bin mit Sicherheit davon ausgegangen, dass jemand mit Ihrem Ruf auf diesen Fall angesetzt werden würde. Damals habe ich eigentlich auf ganz anderen Stationen gearbeitet, ich konnte dann aber den entsprechenden Stationsarzt dazu bringen, Ihren Vater in das Anästhesieprojekt aufzunehmen, das ich bearbeite. Ich habe vorgegeben, er passe perfekt in meine Testgruppe. Ich dachte, ich könnte einen Einblick in den Stand der Ermittlungen bekommen, wenn ich über ihn mit Ihnen bekannt werde.«
    »Sie wollten
in der Nähe
sein, meinen Sie. Am Puls des Geschehens, um Ihre Überlegenheit zu spüren?«
    »Als Sie endlich auftauchten, musste ich aufpassen, nicht direkt nach den Ermittlungen zu fragen.« Sigurd Altman holte tief Luft. »Ich durfte ja kein Misstrauen wecken. Musste geduldig sein, darauf warten, dass sich eine Vertrauensbasis zwischen uns entwickelte.«
    »Und das ist Ihnen gelungen.«
    Sigurd Altman nickte langsam. »Danke, ich mag den Gedanken, für vertrauenswürdig gehalten zu werden. Im Übrigen habe ich den Raum in der Kadokfabrik als Schneideraum bezeichnet. Als ihr da eingebrochen seid, habe ich die Beherrschung verloren. Das war mein Zuhause. Ich war so wütend, dass ich fast die Herz-Lungen-Maschine Ihres Vaters abgestellt hätte. Aber ich habe es nicht getan. Ich wollte nur, dass Sie das wissen.«
    Harry antwortete nicht.
    »Eine Sache noch«, sagte Sigurd. »Wie haben Sie das mit der verschlossenen Touristenhütte rausgekriegt?«
    Harry zuckte mit den Schultern. »Zufall. Ich musste mit einem Kollegen da Zuflucht suchen. Und da hatten wir den Eindruck, dass kurz zuvor jemand dort gewesen war. Außerdem klebte am Ofen eine verbrannte Substanz, die ich für Fleisch gehalten habe. Es dauerte aber eine Weile, bis ich die Krümel mit dem Arm in Verbindung brachte, der wie eine verbrannte Grillwurst unter dem Schneescooter herausragte. Der zuständige Dorfpolizist war in der Hütte, hat die Substanz abgekratzt und zur

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