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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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ihrem Blickfeld zu verlieren. Sie stand ruhig auf, als Lene vorbeigegangen war, nahm ihre Tasche und ging durch den Ausgang nach draußen in das grelle Sonnenlicht. Noch war Lene von niemandem angesprochen worden, und ihren schnellen, entschlossenen Schritten entnahm Kaja, dass sie genau instruiert worden war, was sie tun sollte. Lene Galtung ging an den wartenden Taxis vorbei, überquerte die Straße und kletterte auf den Rücksitz eines dunkelblauen Range Rover. Ein schwarzer Mann in einem Anzug hielt ihr die Tür auf. Nachdem er sie hinter ihr geschlossen hatte, ging er um das Auto herum zum Fahrersitz.
    Kaja schlüpfte auf den Rücksitz des ersten Taxis in der Warteschlange, beugte sich zwischen den Sitzen vor, dachte kurz nach, realisierte dann aber, dass es kaum eine andere Möglichkeit gab zu formulieren, was sie sagen wollte:
»Follow the car.«
    Sie begegnete dem Blick des Fahrers und zog die Augenbrauen hoch. Sie zeigte auf das Auto vor ihnen, und der Fahrer nickte, um ihr zu verstehen zu geben, dass er sie verstand, fuhr aber trotzdem noch nicht los.
    »Double pay«,
sagte Kaja.
    Der Fahrer nickte und ließ die Kupplung kommen. Kaja rief Harry an. Noch immer keine Antwort.
    Sie rollten langsam über die Hauptstraße in Richtung Westen. Die Straßen waren voller Lastwagen, Kleintransporter und mit Koffern bepackter Autos. Auf beiden Seiten der Straße trugen Menschen in großen Bündeln ihr Hab und Gut auf dem Kopf mit sich herum, so dass der Verkehr an manchen Stellen ganz zum Erliegen kam. Der Fahrer hatte seine Aufgabe allem Anschein nach verstanden und sorgte dafür, immer mindestens ein Auto zwischen sich und dem Wagen zu haben, in dem Lene Galtung saß.
    »Wohin wollen die alle?«, fragte Kaja.
    Der Fahrer schüttelte lächelnd den Kopf, um ihr zu zeigen, dass er sie nicht verstand. Kaja wiederholte die Frage auf Französisch, ohne eine Antwort zu erhalten. Zum Schluss zeigte sie einfach nur fragend auf all die Menschen, an denen ihr Auto vorbeischlich.
    »Re-fu-gee«,
sagte der Fahrer.
»Go away. Badpeople coming.«
    Kaja nickte.
    Dann schickte sie noch eine SMS an Harry und versuchte, ihre aufkommende Panik zu ersticken.
    Im Zentrum von Görna teilte sich die Hauptstraße. Der Range Rover bog nach links ab. Etwas weiter fuhr er erneut nach links und rollte nach unten in Richtung See. Sie waren jetzt in einem gänzlich anderen Stadtteil mit großen Villen hinter hohen Zäunen, umgeben von gepflegten Gärten mit schattenspendenden Bäumen, die den Einblick verwehrten.
    »Old«,
sagte der Fahrer.
»The Bel-gium. Co-lo-nists.«
    In dem Villenviertel war kaum Verkehr, und Kaja signalisierte, dass sie noch mehr Abstand halten sollten, auch wenn sie bezweifelte, dass Lene Galtung geübt darin war, etwaige Verfolger zu erkennen. Als der Range Rover hundert Meter vor ihnen stoppte, forderte Kaja den Fahrer auf, ebenfalls anzuhalten.
    Ein Eisentor wurde von einem Mann in grauer Uniform geöffnet, das Auto fuhr hinein, und das Tor wurde wieder geschlossen.
    Lene Galtungs Herz klopfte. So klopfte es, seit sie den Anruf bekommen und seine Stimme gehört hatte. Er hatte gesagt, dass er in Afrika war. Und dass sie kommen sollte. Dass er sie brauchte und nur sie ihm helfen konnte, sein lukratives Projekt zu retten, das nun auch ihr Projekt sei. Damit er Arbeit hatte. Männer brauchten Arbeit und eine Zukunft. Ein sicheres Leben in einem Umfeld, in dem auch Kinder aufwachsen konnten. Der Fahrer öffnete ihr die Tür, und Lene Galtung stieg aus. Die Sonne brannte längst nicht so stark, wie sie befürchtet hatte. Vor ihr lag eine prachtvolle Villa. Alt und sorgsam gebaut. Stein auf Stein. Für altes Geld. Wie sie selbst bauen würden.
    Bei ihrer ersten Begegnung hatte Tony sich sehr für ihre Ahnenreihe interessiert. Die Familie Galtung gehörte zum norwegischen Adel, dessen Titel echt und nicht importiert war, wie bei den meisten anderen, eine Tatsache, die Tony immer wieder betonte. Vielleicht hatte sie es deshalb immer wieder aufgeschoben, ihm zu erzählen, dass sie wie er von gewöhnlicher, bescheidener Herkunft war, ein grauer Kiesel unter Kieseln, ein Emporkömmling.
    Doch jetzt würden sie ihren eigenen Adel gründen, den Kies zum Leuchten bringen. Bauen.
    Der Fahrer ging vor ihr die Steintreppe hoch zu der Tür, die von einem bewaffneten Mann in Tarnuniform geöffnet wurde. Ein gediegener Kronleuchter hing an der Decke der Halle, in die sie eintraten. Lenes Hand klammerte sich verschwitzt um den Griff des

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