Leopard
bewirtschaftete Hotels, aber laut Katrine liegt dort keine Reservierung vor, weder auf Verni noch auf Galtung. Andererseits kontrolliert die Guerilla die Straßen in westlicher und nördlicher Richtung, und die nächste Stadt im Süden ist acht Stunden entfernt.«
»Und du glaubst, dass Tony Lene nur nachgeholt hat, um ihr das Geld abzunehmen?«
»Laut Jens Rath ist das Grubenprojekt in einer kritischen Phase. Siehst du irgendeinen anderen Grund?«
Kaja zuckte mit den Schultern. »Und dass ein Mörder jemanden so sehr liebt, dass er einfach nur mit diesem Menschen zusammen sein will? Ist das so unvorstellbar?«
Harry nickte, und Kaja wusste nicht, ob er damit »Ja, du hast recht« oder »Ja, das ist unvorstellbar« meinte.
Es summte und klickte wie eine Kamera, die langsam einzoomte, als das Fahrwerk ausgefahren wurde.
Kaja starrte aus dem Fenster.
»Dass du shoppen gehst, gefällt mir gar nicht, Harry. Ich mag keine Waffen.«
»Leike ist ein Gewalttäter.«
»Und ich mag es auch nicht, inkognito als Polizistin zu arbeiten. Ich kapiere ja, dass wir nicht unsere eigenen Waffen mit in den Kongo bringen können, aber hätten wir nicht die kongolesische Polizei um Amtshilfe bei der Festnahme bitten können?«
»Ich habe dir doch schon gesagt, dass es kein Auslieferungsabkommen gibt. Außerdem ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein reicher Mann wie Leike Polizisten auf seiner Lohnliste hat, die ihn warnen könnten.«
»Das sind doch alles bloß Verschwörungstheorien.«
»Stimmt, und einfache Mathematik. Ein Polizistengehalt reicht im Kongo nicht, um eine Familie zu ernähren. Aber beruhig dich, van Boorst hat einen netten kleinen Eisenwarenhandel, und er ist Profi genug, die Klappe zu halten.«
Die Räder schrien leise auf, als das Flugzeug auf der Rollbahn aufsetzte.
Kaja blickte aus dem Fenster. »Warum sind hier so viele Soldaten?«
»Die UN fliegen Verstärkung ein. Die Guerilla ist in der letzten Zeit ziemlich weit vorgerückt.«
»Welche Guerilla?«
»Hutu-Guerilla, Tutsi-Guerilla, Mai-Mai-Guerilla, wer weiß das schon?«
»Harry?«
»Ja.«
»Lass uns diesen Job erledigen und dann schnell wieder nach Hause fliegen.« Er nickte.
Es war bereits hell, als Harry an der Reihe der Taxifahrer vorbeiging, die draußen vor dem Flughafen standen. Er wechselte mit jedem von ihnen ein paar Worte, bis er jemanden gefunden hatte, der gut Englisch sprach. Ausgezeichnet sogar. Der Mann war klein, hatte einen wachen Blick, graue Haare und dicke Adern an den Schläfen und der hohen Stirn. Sein Englisch war originell, eine Art Oxford-Variante mit breitem kongolesischem Akzent. Nachdem Harry dem Mann erklärt hatte, dass er ihn für den ganzen Tag buchen wollte, wurden sie sich rasch über den Preis einig und besiegelten alles mit einem Handschlag. Der Fahrer stellte sich als Doktor Duigame vor, Harry zahlte ihm ein Drittel des vereinbarten Dollar-Betrages als Vorschuss.
»Englische Literatur«, erläuterte der Mann und zählte in aller Öffentlichkeit das Geld nach. »Aber da wir den ganzen Tag miteinander verbringen werden, können Sie mich auch Saul nennen.«
Er öffnete die hintere Tür eines verbeulten Hyundais. Harry erklärte ihm, dass er in die Straße unterhalb der ausgebrannten Kirche wollte.
»Hört sich an, als wären Sie schon einmal hier gewesen«, sagte Saul und steuerte den Wagen über einen glatten Streifen Asphalt, der sich, kaum dass sie die Hauptstraße erreicht hatten, in eine Mondlandschaft aus Kratern und Rissen verwandelte.
»Einmal.«
»Dann sollten Sie vorsichtig sein«, sagte er lächelnd. »Hemingway hat geschrieben, dass man, hat man sein Herz erst Afrika geöffnet, an keinem anderen Ort mehr sein will.«
»Das hat Hemingway gesagt?«, fragte Harry zweifelnd.
»Ja, sicher. Der hat immer so einen romantischen Scheiß geschrieben. Ging besoffen auf Löwenjagd und pisste dann seine süße Whiskeypisse auf die Kadaver. Die Wahrheit ist, dass niemand in den Kongo zurückkehrt, wenn es nicht unbedingt nötig ist.«
»Es ist nötig«, erwiderte Harry lächelnd. »Wissen Sie, eigentlich wollte ich wieder den Fahrer engagieren, den ich beim letzten Mal hatte, einen Joe von der Flüchtlingshilfe. Aber der ist nicht ans Telefon gegangen.«
»Joe ist weggegangen«, sagte Saul.
»Weggegangen?«
»Er hat seine Familie zusammengetrommelt, das Auto geklaut und sich in Richtung Uganda abgesetzt. Görna wird belagert. Sie werden alle töten. Ich verschwinde hier auch bald. Joe hatte ein
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