Leopardenblut (German Edition)
müssen.“
Das leichte Lächeln brachte sie völlig aus der Fassung. „Was wollen Sie wissen?“
Seine Frage kam, noch ehe sie zu Ende gesprochen hatte: „Wie hoch ist die Auftretensrate von Gewalttätigkeiten in Ihrer Population?“
Diese Frage kam unerwartet, aber die Antwort war leicht und allgemein bekannt: „Nahe null.“
„Sind Sie sicher?“ Die Frage hallte in ihrem Kopf. „Was uns Jäger angeht: Wir sind hinter Einzelgängern her.“
„Einzelgänger?“
„Tut mir leid, Schätzchen. Sie haben nur für eine Antwort bezahlt.“ Er öffnete die Tür.
Frustriert trat sie ein und stand plötzlich nur Zentimeter entfernt von einem dunkelhäutigen Mann, dessen Augen in einem noch tieferen Grün leuchteten als die von Lucas. Er hatte irgendetwas an sich, das in ihr das Bedürfnis auslöste, einen Schritt zurückzuweiche n … und wegzurennen.
„Darf ich vorstellen, Clay Bennett, unser Bauleiter.“
Dieser Gestaltwandler war sicher mehr als nur das. „Mister Bennett.“ Der ruhige Blick seiner Augen hätte ihr ein sicheres Gefühl geben sollen. Aber er erinnerte sie an eine Kobra, die ihre Beute in falscher Sicherheit wiegte. Er würde zum tödlichen Schlag ausholen, sobald sie nicht mehr auf der Hut war.
„Miss Duncan. Sie können sich an mich wenden, wenn irgendwelche Schwierigkeiten auftreten, egal ob es sich um das Baumaterial oder die Leistung der Arbeiter handelt.“
„Das habe ich mir schon notiert.“ Sie sah sich in dem großen Büro um, in dem mehrere Schreibtische standen. Die gegenüberliegende Wand bestand aus Glastüren, links saß Zara und an einem Schreibtisch zur Rechten arbeitete ein ihr unbekannter blonder Mann. Er blickte nicht hoch, und doch wusste sie, dass er ihr Gespräch verfolgte. „Kann man diese Türen öffnen?“
„Selbstverständlich“, sagte Lucas lässig. „In unserem Inneren sind wir Tiere. Wir mögen keine Käfige.“ Er machte sich über die grob vereinfachende Sicht der Medialen lustig, machte sich über sie lustig. Das dringende Bedürfnis, mit denselben Mitteln zurückzuschlagen, lugte wie ein kleiner Teufel über ihre Schulter. Ein verrückter Teil in ihr dachte sogar, es würde sich lohnen, sein Gesicht dabei zu sehen.
„Was machen Sie dann in den höheren Stockwerken?“ Nach einem Blick aus dem Fenster konnte sie die Frage selbst beantworten. „Bäume. Leoparden können ausgezeichnet klettern.“
Lucas wurde unnatürlich ruhig neben ihr. „Sie haben sich gut informiert.“
„Selbstverständlich. Ich bin eine Mediale.“
Kurz darauf schloss Sascha die Toilettentür, klappte den Deckel herunter und setzte sich. Sie zitterte am ganzen Körper. Es war ein Witz. Sie war keine Mediale. Sie stand kurz vor dem Wahnsinn, konnte sich nur noch auf die Toilette zurückziehen, um ihren bröckelnden Verstand zu flicken.
Ihr Organizer klingelte, als sie ihre zerfahrene Gedankenwelt gerade notdürftig zusammengerafft hatte. Santano Enrique wollte mit ihr im Medialnet sprechen.
Enrique war ein mächtiger Medialer und hatte viel zu viel Erfahrung darin, Defekte zu entdecken. Sie wollte keinerlei Verbindung zu ihm. Noch nie hatte ein anderes Ratsmitglied telepathisch oder über das Medialnet mit ihr gesprochen, sie zogen ein persönliches Gespräch vor. Sascha wusste warum: Sie waren nicht sicher, ob sie nicht die netten tödlichen Fähigkeiten ihrer Mutter geerbt hatte.
Allerdings konnte sie Enriques Anruf nicht unbeantwortet lassen. Schnell erneuerte sie ihre Schutzschilde, schloss die Augen und trat in die Dunkelheit ein. Die glitzernde Ebene des Medialnets öffnete sich, in der unendlich viele Sterne schwebten – leuchtend hell oder nur leicht schimmernd, größer und kleiner stellten sie die Gehirne der Medialen dar. Enrique strahlte hell, genau wie sie. Sie waren beide Kardinalmediale. Der entscheidende Unterschied zwischen ihnen war, dass sie keine wirkliche Macht besaß, während er sie mit bloßer Gedankenkraft in Staub verwandeln konnte.
Sein Bewusstsein wartete auf sie. „Danke, dass du gekommen bist, Sascha.“
„Ich kann nicht lange bleiben, Sir. Ich stecke mitten in heiklen Verhandlungen, die meine ganze Aufmerksamkeit erfordern.“ Im Net durfte sie nicht einmal daran denken, dass sie log. Sie musste es mit jeder Faser glauben.
„Das Geschäft mit den Gestaltwandlern.“
Er hatte nicht gefragt, also brauchte sie auch nicht zu antworten.
„Eine interessante Wahl. Ungewöhnlich. Warum haben Sie sich anders als die anderen Familien
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