Leopardenblut (German Edition)
Jeans und T-Shirt an, fuhr ins Büro und war erleichtert darüber, Sascha noch nicht dort anzutreffen. An einem Tag wie diesem brauchte er all seine Kraft, um die immer noch blutende Wunde zu versorgen.
„Ich bin erst gegen Abend zurück“, teilte er Clay mit. „Kümmere dich um Sascha, wenn sie auftaucht.“
Clay nickte und stellte keine Fragen, denn er wusste, warum Lucas sich trotz der kritischen Lage freinahm. Manche Dinge hatten für Lucas höhere Priorität.
Nachdem er dem Wächter die Verantwortung übergeben hatte, stieg Lucas in seinen Wagen und fuhr denselben Weg wie jedes Jahr. Als Erstes hielt er an einem Blumenladen.
„Hallo, Lucas!“ Eine kleine Frau mit braunen Haaren und einer Brille lächelte ihn aus dem hinteren Teil des Ladens an, als er eintrat.
„Hi, Callie! Ist er fertig?“
„Natürlich. Warte, ich habe ihn nach draußen gestellt.“
Er sah Callie nach, als sie hinausging, um seine jährliche Bestellung zu holen, und war wieder erstaunt, wie unterschiedlich sie doch waren. Sie war fast so alt wie er, wirkte aber noch so unschuldig, dass er sich Jahrzehnte älter fühlte. Es lag nicht daran, dass sie ein Mensch und er ein Gestaltwandler war. Blut und Tod hatten ihn altern lassen.
Kurz darauf tauchte die Blumenhändlerin mit einem riesigen Strauß Wildblumen in den Armen wieder auf. „Sonderbestellung für jemand ganz Besonderen.“
Er hatte ihr nie gesagt, für wen die Blumen bestimmt waren, die Wunden waren zu tief für flüchtige Blicke. „Danke.“
„Ich ziehe es von deinem Konto ab.“
„Bis zum nächsten Jahr.“
„Pass auf dich auf, Lucas.“
Sobald er im Wagen saß, fühlte er sich kalt, allein und er fröstelte. So war es immer an diesem überschatteten Tag, als streckte das Elend seiner Kindheit die Hand nach ihm aus, um ihn erneut zu quälen.
Nach drei Stunden hatte er die Stadt hinter sich gelassen und war tief in den Wäldern. Er ließ den Wagen auf einem verlassenen Weg stehen und ging den Rest zu Fuß. Die Gräber seiner Eltern waren nicht gekennzeichnet, aber er fand die Stelle sofort, als ob ein Leuchtfeuer darauf brannte. Er hatte eine versteckte Lichtung als letzte Ruhestätte ausgewählt.
„Hallo, Mama.“ Er legte die Blumen ins dichte Gras. Hier wurde nicht gemäht und der Wald konnte weiter wachsen. Für seine Leopardeneltern war die Wildnis immer ein Zuhause gewesen. „Ich habe dir die Blumen mitgebracht, mit denen Paps dich immer besänftigt hat.“ Hier wurde er wieder zum Kind und sah den beiden wichtigsten Menschen in seinem Leben beim Lachen und Lieben zu. Niemals hätte er dazu gezwungen sein sollen, auch ihr Sterben mit anzusehen. Eine Faust umklammerte sein Herz, während die Erinnerungen durch seinen Kopf schossen.
Die Schreie seiner Mutter.
Seine eigenen hilflosen, qualvollen Rufe.
Der Verzweiflungsschrei seines Vaters, als man vor seinen Augen seiner Liebsten das Leben raubte.
In diesem Augenblick war etwas in Carlo zerbrochen, aber er hatte trotzig am Leben festgehalten, bis sein Sohn in Sicherheit war. Erst dann hatte er den Schritt getan, der ihn wieder mit seiner hingeschlachteten Gefährtin vereinte. Carlos Herz hatte nur für Shayla geschlagen, die ebenso wie ihr Sohn ein schwarzer Panther gewesen war.
„Ich vermisse dich, Paps.“ Lucas legte seine Hand neben den Blumen auf das Gras. Seine Mutter war, gleich nachdem man sie gefunden hatte, beerdigt worden, aber Lucas hatte nach dem Tod von Carlo auf einer gemeinsamen Beerdigung bestanden. Sie hatten sie einander in die Arme gelegt. Lucas hoffte tief in seinem Innern, dass sie sich dadurch wieder gefunden hatten.
„Ich brauche euren Rat.“ Niemals hätte er mit kaum dreiundzwanzig die Führungsrolle im Rudel übernehmen sollen, aber es war unvermeidbar gewesen. Nachdem sein Vorgänger Lachlan schon zwei Jahre nach seinem Rücktritt gestorben war, hatte Lucas selbst diese Unterstützung verloren. „Ich muss wissen, ob ich gerade das Richtige tue. Wenn das alles nur noch zu weiteren Toten führt? Die Medialen werden nicht einfach stillhalten, wenn wir überall erzählen, dass sie die Verfolgung eines abscheulichen Mörders behindern.“
Der Wind flüsterte in den Zweigen und Lucas gefiel der Gedanke, dies sei ein Zeichen dafür, dass seine Eltern ihm zuhörten. Er war hier mit ihnen allein. Keiner seiner Wächter war ihm je hierher gefolgt. Keiner hatte ihn je gefragt, wohin er ging oder wo er gewesen war.
Er blieb mehrere Stunden und sprach mit den
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