Leopardenblut (German Edition)
Unwahrscheinliches glauben lassen. Sie hatte zu ihrer eigenen Täuschung beigetragen.
Es wurde Zeit, dass sie sich nicht mehr von Gefühlen und falschen Hoffnungen blenden ließ und endlich wie eine Mediale dachte. Vielleicht war es noch nicht zu spät, um zumindest ihre Stellung in der Familie zu retten. Als Erstes würde sie Nikita alles erzählen müssen, was sie erfahren hatte – auch wenn sie niemals eine vollkommene Kardinalmediale werden würde, so konnte sie doch eine vollkommene Tochter sein. Das war die Gelegenheit, einmal etwas anderes als eine Versagerin zu sein.
Beschämung und Verletzung waren eine gefährliche Mischung. Lucas sollte dafür bezahlen und sie wollte ihn genauso verletzen, wie er sie verletzt hatte, seine Träume genauso zerschmettern, wie er ihre zerschmettert hatte. Er hatte ihr so viel über sein Volk erzählt. Das hätte er nicht tun sollen. Letztlich war sie eine Mediale.
Und er war der Feind.
12
Als Sascha auf dem Bauplatz erschien, sah Lucas sofort, dass etwas nicht stimmte. Er war gerade mit seinem Team dabei, erste Messungen vorzunehmen. Sie mussten sich möglichst normal verhalten, damit die Medialen nicht unnötigerweise aufgeschreckt wurden. Deshalb stand er jetzt hier draußen, obwohl er lieber einen Mörder gejagt hätte.
Sascha stellte den Wagen etwas abseits von den anderen ab und ging zur Ostseite des Platzes, weit weg von dort, wo sie arbeiteten. Lucas richtete sich auf und drückte der Frau neben ihm seinen Notizblock in die Hand. „Halt die Stellung, Zara.“
„Was würdest du bloß ohne mich tun?“ Die Wildkatze zwinkerte ihm zu.
Lächelnd steuerte er auf Sascha zu, obwohl sich seine Eingeweide angesichts der kommenden Schwierigkeiten schmerzhaft zusammenzogen. Als er ihr gegenüberstand, stellte er entsetzt fest, dass in ihrem Gesicht keine Spur der Frau zu finden war, die sich von ihm hatte küssen lassen. Alles in ihm versteifte sich zu einer Abwehrhaltung. Doch das galt nicht ihr, sondern der Maske, die sie wieder angelegt hatte. Sie hatte sich versteckt und er würde das auf keinen Fall billigen. Er wollte ihr die Maske einfach vom Gesicht reiße n … auch wenn er nicht verstand, was ihn daran so wütend machte.
„Wann ist Baubeginn?“, fragte sie, bevor er etwas sagen konnte.
„In einem Monat sind die Zeichnungen fertig. Sobald du sie dann abzeichnest, fangen wir an zu bauen.“
„Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden.“ Ihre Augen waren so dunkel, dass all seine Instinkte verrücktspielten.
Die Nackenhaare des Panthers sträubten sich. „Was hast du getan?“, fragte er geradeheraus.
„Ich bin eine Mediale, Lucas.“
„Verflucht.“ Er griff nach ihrem Arm und sie erstarrte. „Was zum Teufel hast du getan?“
Ihre Lippen waren eine schmale weiße Linie. „Ich bin zu meiner Mutter gegangen, um ihr alles zu erzählen.“
Die Flammen des Verrats breiteten sich wie Gift in seinem Körper aus. „Miststück.“ Er ließ angeekelt ihren Arm los.
„Aber ich habe nichts gesagt.“ Sie sprach so leise, dass er sie kaum hörte.
„Was?“
„Ich konnte es nicht.“ Sie wandte sich von ihm ab und starrte auf die Bäume, die den Bauplatz umgaben. „Warum nicht, Lucas? Ich bin eine Mediale. Ich müsste meiner Rasse gegenüber loyal sein, aber ich konnte nichts erzählen.“
Er war so erleichtert, dass es fast wehtat. „Was haben sie getan, um deine Loyalität zu verdienen?“ Unter der Erleichterung saßen Ärger und Unmut darüber, dass sie einen Verrat überhaupt in Erwägung gezogen hatte.
„Was hast du dafür getan?“ Sie sah ihn von der Seite an.
„Ich habe dir vertraut.“ Und er war kein Mann, der schnell vertraute. „Ich denke, damit sind wir quitt.“
Sie wandte den Blick ab. „Ich werde im Medialnet nach Informationen suchen. Ich werde dir alles sagen.“ Etwas herzzerreißend Einsames lag in dem vollkommenen Klang ihrer Stimme und er hatte den Eindruck, ein falsches Wort von ihm würde sie in tausend Stücke zerreißen.
„Sascha.“ Er wollte ihre Schulter berühren, denn er konnte es trotz seines Ärgers nicht ertragen, sie so leiden zu sehen. Es kam ihm nicht in den Sinn, sich zu fragen, warum es für ihn so wichtig war, dass sie nicht litt. Es war einfach so.
„Nicht.“ Sie wich aus und flüsterte: „Ich muss doch irgendwer sein, selbst wenn ich dadurch einer Rasse von Mördern angehöre. Was sollte ich denn sein, wenn ich keine Mediale mehr wäre?“
Zara rief nach ihm, bevor er antworten konnte. Er winkte
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