Leopardenblut (German Edition)
wollen, wie peinlich das war.
„Könnte er sich mit Gewalt Zugang zu ihrem Verstand verschafft haben?“ Lucas streckte die Beine aus und verschränkte die Arme hinter der Kopfstütze. Die lässige Bewegung weckte in ihr den Wunsch, ihn zu streichel n … wie sie es in den verbotenen Träumen getan hatte .
Sascha umklammerte das Lenkrad mit beiden Händen und schüttelte den Kopf. „Sie ist eine Gestaltwandlerin. Das macht es doppelt schwierig, und selbst für einen Kardinalmedialen ist das gewaltsame Eindringen in einen Verstand eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt. Wenn es einem egal ist, ob das Opfer dabei stirbt, kann man es unter Einsatz all seiner Kräfte schaffen, aber er wollte sie lebend haben.“ Um sie zu foltern.
Sascha atmete tief ein und zwang sich fortzufahren. „Außerdem hätten ihn die Verwendung solcher Kräfte und ihr Transport für Tage lahmgelegt. Ich kenne keinen mächtigen Medialen, der in dieser Verfassung war. Der Ausfall eines Medialen ruft meist ein Summen im Medialnet hervor.“ Sie tippte mit den Fingern aufs Lenkrad. „Er könnte auch einfach sorgfältig geplant und einen Wagen in der Nähe abgestellt haben.“
„Das glauben auch die SnowDancer-Wölfe. Sie haben einen Zeugen gefunden, der einen unbekannten großen Wagen mit dreckverschmierten Nummernschildern beobachtet hat.“ Er kurbelte das Fenster herunter, als sie in einen grüneren Teil der Stadt kamen. „Die Polizei weiß nichts. Außer den verdeckten Ermittlern macht sich keiner mehr die Mühe, so zu tun, als würde er der Sache nachgehen.“
Die Überlegung, wer wohl die Polizeikräfte kontrollierte, ließ Saschas letzte Hoffnungen, ihre Leute hätten nichts damit zu tun, wie Seifenblasen zerplatzen. „Konntet ihr feststellen, wem der Wagen gehört?“
„Nein.“
„Was hatte sie an, als sie verschwand?“
„Warum willst du das wissen?“ Lucas’ Stimme war so finster wie sein Blick.
„Durch das Medialnet schwirren viele Informationen. Alles kann dazu dienen, die Suche einzugrenzen.“ Man konnte das Medialnet niemandem erklären, der es nicht selbst erlebt hatte. Es gab eine Unmasse von Daten und die einzige Kontrollinstanz war der Netkopf, der versuchte, Ordnung in das Chaos zu bringen. Dieses Gebilde hatte ein eigenes Empfindungsvermögen entwickelt. Es lebte zwar nicht direkt, seine Denkweise ging jedoch über die einer Maschine hinaus.
„Jeans, weißes T-Shirt, schwarze Turnschuhe.“
Sie warf ihm einen Blick zu. „Ich hätte nicht gedacht, dass du diese Information aus dem Ärmel schüttelst.“
„Alle Gestaltwandler in der Gegend wissen Bescheid. Man hat selbst die vor dem Mörder gewarnt und um Hilfe gebeten, zu denen man sonst keine freundschaftlichen Beziehungen pflegt. Das ist ein Foto von Brenna.“ Er zog einen glänzenden Ausdruck aus der Jackentasche, gab ihn ihr aber erst, als sie an einer Ampel hielt.
Unerklärliche Furcht befiel sie, als sie die Hand danach ausstreckte. Die Frau auf dem Foto lachte, sie hatte den Kopf zurückgeworfen und die braunen Augen strahlten voller Heiterkeit. Sonnenlicht schien auf die glänzenden blonden Haarsträhnen und hob die Rundungen ihres Körpers hervor. Sie war klein, vielleicht ein Meter fünfundsechzig, aber so lebendig, dass die zwei Männer neben ihr wie Zwerge wirkten.
„Das sind ihre älteren Brüder – Riley und Andrew“, sagte Lucas, als sie ihm das Foto zurückgab. „Der Anführer der Wölfe sagt, sie brennen darauf, zu morden.“
Während Sascha noch damit beschäftigt war, nicht in der Verzweiflung zu versinken, die sie beim Berühren des Fotos befallen hatte, sprang die Ampel wieder auf Grün. Es war, als ob Brenna die Hand nach ihr ausgestreckt hätte und sie in die Hölle hinabziehen wollte, durch die sie gerade ging. Brenna. Ein Name. Ein Gesicht. Ein fühlendes Wesen. „Er will ihr das Leben rauben“, flüsterte sie.
„Nachdem er sie gequält hat.“
„Nein, das meine ich nicht.“ Sie bog in den mit Blättern bestreuten Weg ein, der zu Tamsyns Haus führte.
„Was dann?“
„Sie wirkt so kraftvoll, so voller Freude und lebendig. Er will ihr das nehmen und für sich behalten.“
Im Wagen herrschte Stille.
„Ich habe keine Ahnung, woher ich das weiß, es ist einfach so.“ Sie hielt vor dem großen Haus, in dem sie schon einmal zusammen gewesen waren. „Ihn muss eine zerstörerische Wut antreiben.“ Sie hatte nichts dergleichen gespürt, als sie für einen Augenblick in Brennas Welt hineingezogen worden war,
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