Leopardenblut (German Edition)
verleugnen.
Sascha sah den Rand der Klippe auf sich zukommen, aber es war ihr egal. Noch nie in ihrem Leben hatte sie so viel empfunden, so viel Lust gespürt. Im Vergleich zum wirklichen Lucas waren ihre Fantasien nichts gewesen. Die sanfte Gier, mit der er sie küsste, war gefährlich verführerisch. Seine Bewegungen waren so voller Sehnsucht, so fein, so sinnlich sanft, dass sie zuerst gar nicht merkte, wie sich ihr Mund öffnete. Erschrocken darüber, zog sie sich zurück.
Er hielt sie nicht davon ab, sondern sah sie mit diesen vor Erregung glänzenden grünen Katzenaugen an. „Genug experimentiert, Kätzchen?“
Das Kosewort stammte aus ihren Träumen. Erschrocken über ihre Reaktion und die Erkenntnis, die sie in seinen Augen las, sagte sie: „Ich möchte jetzt nach Hause.“ Sie hatte seine Frage nicht beantwortet. Aber wenn sie zu ihm sagte, was von einer Medialen erwartet wurde, würde diese Lüge sie selbst entlarven. In Wahrheit hatte sie nicht genug – nicht einmal annähernd.
„In Ordnung.“ Er beugte sich vor und zwickte sie mit seinen scharfen Raubtierzähnen in die Unterlippe.
Er drückte ihr sein Zeichen auf.
Um acht Uhr kam Sascha zu Hause an. Erschöpft nahm sie eine Dusche und bereitete sich auf den Tag vor. Zunächst würde sie ihre Mutter treffen. Dann musste sie sich um ein paar andere Projekte der Familie kümmern. Und danach würde sie wieder Lucas gegenübertreten. Sie errötete, als sie versuchte, ihr Haar zu ordnen.
Sie konnte nicht vergessen, wie sich seine Hände in ihren Haaren angefühlt hatten und welches Vergnügen es ihm bereitet hatte, ihre Haut zu berühren. Aber nicht dieses Vergnügen hatte beinahe ihre Abwehr gebrochen, sondern sein eigenes Bedürfnis nach Berührung, sein Verlangen danach, Frieden zu finden. Es hatte sie fasziniert, dass er so etwas bei ihr suchte, bei einer Medialen, einer Feindin.
Die einer Rasse von Mördern angehörte.
Die furchtbare Wirklichkeit wischte die letzten Spuren des Vergnügens fort. Sie konnte seine Anschuldigungen nicht billigen, konnte nicht alles aufgeben, an das sie bisher ohne jeden Zweifel geglaubt hatte. Die Medialen waren ihr Volk, auch wenn sie niemals ganz zu ihnen gehören würde. Sie waren alles, was sie hatte. Lucas hatte sie zwar geküsst, aber er war ein Gestaltwandler, und wenn es hart auf hart kam, würde er sich immer für das Rudel entscheiden.
Warten Sie draußen auf mich.
Über dieses Bild von Lucas, der sie bei Dorians Zusammenbruch hinausschickte, schob sich ein anderes, das ihn im Bett mit Rina zeigte. Er hatte sie immer wie eine Außenstehende behandelt, dachte sie und vergaß dabei bewusst den Besuch bei Tamsyn, weil er nicht hineinpasste und sie etwas brauchte, an dem sie sich festhalten konnte, etwas, das einen Sinn ergab.
Sie musste irgendwo hingehören.
Wenn sie sich von den Medialen abwenden würde, gäbe sie damit nicht nur ihr Leben auf, sondern auch jede Hoffnung, irgendwann einmal doch nicht mehr allein zu sein. Denn selbst wenn sie den Zorn des Rats überleben würde, wer nähme schon eine ausgestoßene Mediale auf? Die DarkRiver-Leoparden bestimmt nicht. Sie hatte den hasserfüllten Blick nicht vergessen, mit dem Dorian sie angestarrt hatte, als er ihr vorwarf, einer Rasse von Psychopathen anzugehören.
Lucas hatte neben Dorian gestanden und sie rausgeworfen – sie war wieder allein gewesen, wieder eine Außenseiterin. Die Leoparden hatten sich um ihren Gefährten gekümmert, aber keiner war zu ihr gekommen, als sie bewusstlos in ihrer Wohnung gelegen hatte. Keiner.
Denn sie war nur ein Werkzeug.
Lucas hatte sich nie verstellt. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass er alles tun würde, um zu kriegen, was er wollt e … auch wenn dazu etwas so Ekelhaftes wie der Kuss mit einer metallisch stinkenden Medialen gehörte. Er benutzte sie als Informationsquelle, und wenn sie alles preisgegeben hatte, würde er sie fallen lassen.
Sie fühlte einen scharfen Schmerz in der Magengegend, aber sie gab nicht nach und zwang sich, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Genau wie sie immer befürchtet hatte, war den Gestaltwandlern ihr Defekt aufgefallen und sie nutzten ihn für ihre Zwecke aus.
Lucas nutzte ihn aus, er nutzte sie aus.
„So was Dummes“, flüsterte sie und drängte die Tränen zurück. „Ich bin so dumm gewesen.“ War es möglich, dass er ihre ganze Rasse verachtete und nur sie nicht? Nein. Nur ihr bedauernswertes Bedürfnis nach Akzeptanz und Wertschätzung hatte sie etwas derartig
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