Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
und obwohl es wegen des Lichts wie Abend aussah, war nichts farbstichig oder überbelichtet; man sah es so, als ob man selber dort sei. Sie sahen hin und wurden vollkommen gefesselt. Es war ein Sommerabend, tiefe abendliche Schatten lagen über dem kleinen Versammlungsort der Spieler und ihrer Zuschauer; sie fühlten mehr, als daß sie es sahen, daß irgendwo außerhalb des Schirms noch die Sonne am Himmel stand; nichtsdestoweniger war es Abend, nicht nur später Nachmittag. Eine überwältigte, ziemlich große Menge, war anwesend, lauter Ler, jedenfalls soweit man dies erkennen konnte. Einige waren sommerlich gekleidet, trugen leichte Überhemden, lose robenartige Sachen, die das alltägliche, zum allgemeinem Gebrauch bestimmte Kleidungsstück des Ler darstellten; andere wiederum trugen ein Gewand, das an einen Kimono hätte denken lassen, wäre nicht der Gürtel oder die Schärpe gewesen, die lose geschlungen über der einen oder anderen Hüfte herabhing. Viele der jüngeren, die anwesend waren, trugen nur ein sarongartiges Tuch, das um den Unterleib gewickelt war und Brust und Bauch freiließ, während die Enden bis zu den Knöcheln herabfielen. Selbst bei diesen war es bei den identischen Haartrachten auf den ersten Blick schwierig, Jungen von Mädchen zu unterscheiden, fand Parleau. Man konnte sie einfach nicht auseinanderhalten … Nur wenn er sich einen herauspickte und eine Weile beobachtete, konnte er bestimmen, welchem Geschlecht derjenige angehörte. Es war, als ob das ganze Geheimnis der genauen Bestimmung mehr in der Bewegung läge als in den Zuständen, eine wahrhaft beunruhigende Vorstellung. Er beobachtete jemanden, den er für einen Jungen hielt, der damit beschäftigt war, ein Wesen, das wie ein Mädchen wirkte, ganz leicht zu necken. Worin lag er, der Unterschied? Sie schien ihm vielleicht etwas weicher, zarter, geschmeidiger zu sein. Er konnte einfach nicht sagen, was es war. Ihre Art, sich zu bewegen, zu lächeln? Sie beide versuchten, äußerst ernsthaft und höflich zu wirken, aber natürlich war es ein Sommerabend, warm und duftend, und im Geiste waren sie anderswo, wo sie leicht auch wirklich hätten sein können, bei den weichen Schatten, die quer über das kleine grüne Tal fielen. Derjenige, der dieses kleine Schauspiel unbewußt mit aufgenommen hatte, hatte den Jungen und das Mädchen nicht einmal beobachtet, denn in dem Bild waren beide weit außerhalb des Zentrums, und als das Spiel näher heranrückte, verlor er sie völlig, da er das Bild erweiterte und mit Hilfe der Gummilinse näher heranging, um die Schautafel und die Spieler aufzunehmen.
Die Tafel selbst war eine große, quadratische Anlage auf einem einfachen, breiten Sockel und vollkommen schmucklos. Sie sah einfach aus, aber diese Schautafel ließ in keiner Weise an etwas Primitives denken oder an etwas Grobes; ganz im Gegenteil wirkte sie wie das Produkt einer höchst ausgebildeten technolog ischen Zivilisation. Davor befand sich ein kleines, schreibtischähnliches Steuerpult, das mit zwei verschiedenen Reihen von Knöpfen ausgestattet war, während auf jeder Seite noch zwei größere Pulte mit imposanten komplizierten Tastaturen standen, die in ihrem Aussehen dem Gehäuse einer Orgel noch am nächsten kamen. Die Spieler waren schon auf ihren Plätzen, die Roten rechts und die Blauen links, zwei Spieler an jedem Pult und zwei weitere hinter ihnen. Ein Ansager wandte sich auf anscheinend ausgesprochen locker e und entspannte Weise gestenreich an die anscheinend interessiert lauschende Menge, als ob er (oder sie – Parleau konnte es nicht sagen) unter Freunden und Bekannten sei. Der Ansager beendete, was immer an Bemerkungen nötig gewesen war, und zog sich dann mit einer koketten, schnörkelhaften, kurzen Bewegung hinter die Bühne zurück, um durch ein strenges und beeindruckendes Paar ersetzt zu werden, bei dem es sich, dem Aussehen und den beiden langen Zöpfen aus eisengrauem Haar nach zu urteilen, die ihnen vorn über die Gewänder hingen, um Älteste handelte. Die Gewänder waren von dunkler Farbe; Parleau hielt es für Schwarz, obwohl er nicht sicher sein konnte … das Licht verblaßte langsam auf der Aufnahme. Sie würden die Schiedsrichter sein. Sie hielten keine Reden vor den Zuschauern und machten auch keine Bewegung zu ihnen hin, sondern wandten sich dem mittleren Pult zu, und einer von ihnen machte mit der Hand eine abgehackte Bewegung. Und auf der Tafel erschien unmittelbar darauf eine Eröffnungsfigur, eine
Weitere Kostenlose Bücher