Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
fünften Juli. Mal sehen, das Generationstotem ist … ja wohl, da ist es, ganz da drüben.“ Er sah Fellirian von der Seite her an. „Wer hat das hier aufgezeichnet? Alles ist durcheinander, über die ganze Seite verstreut. Aber macht nichts, ich finde das schon. Das Generationstotem ist Muth, der Kondor. Sie haben lauter Vögel als Totemzeichen, was? Das ist die letzte, die hier eingetragen ist.“
Fellirian sagte: „Ja, das ist die letzte. Und was sollte sie davon abhalten, Vögel als Generationstotems zu benutzen? Wir bei den Derens haben doch auch Baumnamen, und keiner findet etwas dabei.“
„Nichts, nichts. Es kommt mir nur merkwürdig vor, das ist alles, besonders weil sie so streng daran festhalten. War das schon immer so?“
„Ich glaube, ja. Bei den Terklarens auch. In irgendeinem der Bände befindet sich ein Vertragsschreiben, in dem sie dahingehend übereinkommen, daß sie jeweils eine andere Reihenfolge übernehmen, damit sie nicht in beiden Weben gleichzeitig das gleiche Totemzeichen in Gebrauch haben.“
„Was ich meinte, war, warum die Vogelsymbolik? Wir gebrauchen die Baumsymbolik, weil wir von den Bäumen unser Papier bekommen, von der Schonung drüben hinter dem Hügel. Aber was, zum Teufel, haben Vögel mit dem Spielen zu tun?“
„Meine Güte, woher soll ich das wissen, Morlenden? Wir haben ja kein Mitspracherecht. Sie wählen einfach aus, was sie wollen.“
„Ich habe ja nur gefragt, nichts weiter. Du sagtest, ‚die letzte’. Wie meintest du das?“
„Ich erinnere mich jetzt wieder, da war irgend etwas anders als sonst bei dieser Generation. So etwas wie zwei weibliche Innenverwandte. Der Name der anderen war Mev irgendwas. Es steht sicher im Webbuch. Mev-Larnan vielleicht. Ich bin mir nicht sicher. Ich habe die Eintragung nicht gemacht. Ich war einmal dabei, als Kadh’Elagi darüber sprach, aber ich habe nicht richtig zugehört.“
Morlenden stellte das Buch vorsichtig wieder auf sein Brett zurück. Dann wandte er sich einem weiteren Regalbrett zu, auf dem noch weitere Bände standen, kramte wieder eine ganze Weile, dieses Mal allerdings nicht geistesabwesend, sondern eher zielstrebig. Er fand den Band schnell. Der Rücken war säuberlich mit dem Namen PERKLAREN beschriftet. Per Klarh (Gh)en. Als Aspekt vermutete er Erde – und dachte an die allgemeine Assoziation mit dem Namen der Spieler.
Natürlich besaß jedes Wurzelwort in der Single-Sprache mindestens vier Bedeutungen, meistens gemäß dem Aspekt, und viele besaßen mehr als das. Etwas ließ Morlenden keine Ruhe – das Vogeltotem, das ihn einen Augenblick zuvor beschäftigt hatte. Bei der Wurzel klarh war es nicht anders. „Spielen“ war wie bei so manchem Spiel nur eine seiner Bedeutungen. Unter dem Erdaspekt. Unter dem Feueraspekt bedeutete die Wurzel „Fliegen“, daher die Assoziation mit den Vögeln … Nichts paßte zusammen. Auch Insekten flogen, und Fledermäuse ebenso, und, was das anging, auch Luftschiffe und ähnliches, und die hätten sie genausogut nehmen können. Komische Leute, diese Spieler, allesamt. Verschlossen und exzentrisch. Er ließ von der Spekulation ab. Es hatte gewiß mehr mit den Spielerweben auf sich als Wortspiele mit den Bedeutungen von Namen, die sowieso nur noch wenige ernst nahmen, selbst von denen, die sich von Berufs wegen dafür interessierten. Und was machten sie denn überhaupt? Sie allein hatten keine funktionelle Beziehung zu irgend jemand anders – nur zueinander, wenngleich sie mit verschiedenen Dingen Tauschhandel trieben. Alles, was sie zu tun brauchten, war, öffentlich ihr Spiel zu spielen, mehrmals im Jahr, und an einer ausgetüftelten Disziplin, genannt „Spieldenken“, mitzuwirken, die niemand außerhalb ihres Milieus kannte und für die sich auch niemand sonst interessierte.
Morlenden nahm an, daß sich schon einige dafür interessierten, aber er selbst nie. Es war natürlich interessant, dieses Spiel, wenn auch etwas zu abstrakt für Morlendes Geschmack und für Fellirians ebenso. Cannialin hatte, wie er wußte, gar keine Ahnung davon; andererseits war bekannt, daß Kaldherman schon auf Spielerergebnisse gewettet hatte. Aber seit seiner Verwebung in den Haushalt der Derens hielt er sein Laster in Schach, oder er versteckte es. Und er war sicher, daß Kal auch nicht mehr darüber wußte als er selbst, ganz gleich, wie genau er es in der Vergangenheit verfolgt hatte. Das war es eben – selbst die, die es verfolgten, wußten nur wenig darüber. Sie sahen, wie
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