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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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verbiet’s ihnen, Ewan, ist es Gideon, ist es Leah, was machen sie denn jetzt wieder um Himmels willen?« Und ganz zuoberst am Treppenabsatz erschien Vernon: Er zitterte, und sein nicht zusammenpassender Schlafanzug schlotterte um sein dürres Gebein. Er konnte es nicht unterlassen, ewig an den spärlichen weißblonden Haaren zu ziehen, die auf seinem Kinn sprossen – am Nachmittag im Wald war er mit knapper Not gewissen Geistern entkommen und war verzweifelt nach Hause gerannt, während sie schnatterten und kreischten und sich an seine Ärmel krallten und ihn am Ohr zogen und mit brennenden, spöttischen Küßchen auf seine zusammengekniffenen Lippen zielten, und jetzt glaubte er, daß der kühnste der Geister ihm auf die Spur gekommen sei und im nächsten Augenblick die Tür einschlagen und die Treppe hinaufstürzen würde, um ihn sich zu langen… Trotzdem machte er es nicht wie die anderen, die Leah zuschrien, die Tür nicht zu öffnen.
    Auch die Haushälterin Edna war da, deren Flanellrock sich über ihren riesigen Brüsten strammte; und die Diener Henry und Walton waren da, und der Hauslehrer der Kinder, Demuth Hodge, dessen Haar ihm in komischen Büscheln vom Kopf abstand; und zuletzt die arme Lettie, die beim Aufwachen entdeckt hatte, daß die Zwillinge nicht mehr im Bett lagen und daß ein wüster Sturmwind das Haus erschütterte und Regenschauer wie von einer wütigen Hand geworfene Kieselsteinchen gegen die Fenster schlugen. »Bromwell? Christabel? Wo seid ihr?« rief sie (obwohl sie mit ihren Gedanken – arme Lettie – nur bei deren Vater war!). Und Großvater Noêl erschien im Unterzeug, das schandbar schmutzig war. Sein gelblichweißes Haar umschwebte seinen Schädel, und sein kinnloses Schnabelgesicht war fahl vor Zorn. »Leah! Was soll das? Weshalb stürzt du die ganze Familie in Aufruhr? Ich verbiete dir, Mädchen, die Tür zu öffnen! Weißt du nicht, was in Bushkill’s Ferry passiert ist? Hat denn keine von euch eine Lehre daraus…?« Er hinkte erbärmlich, denn in den letzten Tagen vor dem Ende des Krieges war ihm durch eine explodierende Mine fast der rechte Fuß weggerissen worden.
    Und da stand nun auch Tante Adeline in ihrem gesteppten, seidenen Morgenrock und hatte ihr Haar in Dutzenden von Lockenwicklern aufgedreht, und dicht hinter ihr stand Denton, ihr Mann, mit seinem sanften, schwammigen Gesicht, und ihr spitznasiges Töchterchen Morna und der dreizehnjährige Louis, der stumpfsinnig grinste und glaubte, einer von Onkel Gideons Feinden sei gekommen, ihn sich zu schnappen, und der zähe kleine Jasper, der sich aus der umklammernden Hand seiner Mutter losriß und dreist hinter Leah her die Treppe hinuntersprang: »Tante Leah, soll ich dir helfen? Tante Leah, soll ich dir helfen die Tür aufzumachen?« Und natürlich rannten jetzt auch Ewans und Lilys Kinder hinterher, und die Mädchen Vida und Yolande waren ebenso laut wie Garth und Albert, und nur Raphael hielt sich zurück, denn im Grunde war Raphael in jener stürmischen Nacht, als Mahalaleel erschien, vielleicht von allen Bellefleurs der ängstlichste. Hoch oben auf der Treppe murrte Großmutter Cornelia ärgerlich vor sich hin; sie versuchte, sich ohne die freundliche Hilfe einer Dienerin ihre Perücke aufzusetzen (die alte Frau glaubte nämlich, der Blitz habe eingeschlagen und das Haus in Brand gesteckt, und sie müsse unbedingt ihr Zimmer verlassen, und natürlich duldete ihr Stolz nicht, daß sie sich vor ihren Söhnen und Schwiegertöchtern und Enkeln und nicht einmal vor ihrem alten Mann ohne ihre neue französische Perücke sehen ließ). Urgroßmutter Elvira rührte sich im Schlaf, doch gelang es ihr nicht aufzuwachen: Die erbarmungslosen Winde schleuderten sie herum, deutlich sah sie die Wasser des Nautauga River anschwellen (wie sie es in jener Nacht auch wirklich taten: etwa zwanzig Zoll die Stunde, als der Sturm am ärgsten tobte), und wieder einmal redete sie erbost auf ihren Mann Jeremiah ein, er solle nicht versuchen, die Pferde zu retten, wie er es vor neunzehn Jahren getan hatte; aber der dickköpfige alte Mann hörte natürlich nicht auf sie, obwohl sein Overall und sogar sein buschiger schwarzer Bart bereits pitschnaß waren und etwas Spitzes sich in seinen Stiefel gebohrt hatte, so daß der linke Stiefel sich mit Blut füllte und die häßliche Narbe auf seiner Stirn, eine Kriegsverletzung, auf die er närrisch stolz war, vor Furcht weiß leuchtete. »Willst du unbedingt ertrinken? Willst du ertrinken und

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