Lesereise - Israel
Karriere in israelischen Sicherheitsdiensten hinter sich hat. Technische Abläufe wurden verändert: »Früher erhielten Araber und Juden Aufkleber in unterschiedlichen Farben, standen in unterschiedlichen Schlangen. Das haben wir abgeschafft«, sagt Abu Schindi. In jeder Schicht hat der Flughafen nun Araber eingestellt, die in besonders komplexen Fällen eingreifen und vermitteln sollen.
»Es war für uns wichtig zu verstehen, dass sie nicht die Sicherheit einschränken wollten. Da gibt es keine Kompromisse«, sagt Katz. Noch immer gilt der Flughafen von Tel Aviv als der sicherste der Welt. »Auch wir wollen Sicherheit und nicht mit einer Bombe in die Luft fliegen«, sagt Abu Schindi. Deswegen richteten sich seine Bemühungen nicht gegen die Sicherheitsvorkehrungen an sich, sondern darum, sie erträglicher zu machen. Die Flughafenleitung will inzwischen auch ihren arabischen Kunden dienen: »Selbst wenn der Beamte ein Rassist ist und Araber hasst: Die Flughafenleitung macht ihm inzwischen klar, dass er ihnen einen guten Service bieten muss, auch wenn es um Sicherheit geht«, sagt Katz.
Abu Schindi ist überzeugt, dass kleine Gesten große Wirkung haben können. »Der Flughafen in Tel Aviv ist oft der einzige Ort, an dem ein arabischer Israeli mit der Staatsmacht in Berührung kommt«, sagt er. »Hat er hier schlechte Erfahrungen, hasst er den Staat.« Als Gegenbeispiel erzählt er von der Pilgerreise seiner Mutter: »Auf dem Heimweg aus Mekka saß meine Mutter mit ihrer Gruppe zwei Tage am Grenzübergang auf der jordanischen Seite in der Wüste fest.« Als die Gruppe endlich nach Israel konnte, empfing der israelische Grenzschutz die durstigen Pilger mit Wasserflaschen: »Diese Geste hat meine Mutter dem Staat Israel nie vergessen. So etwas baut Brücken«, sagt Abu Schindi. So hält der Flughafen inzwischen seine Beamten an, Araber zu ihren Festen mit arabischen Segenssprüchen zu begrüßen. Neben den Räumen, in denen Fluggäste manchmal lange auf Hintergrundchecks des Geheimdienstes warten müssen, wurden Spielecken für Kinder eingerichtet.
Jetzt will Abu Schindi das Projekt ausdehnen: »Wir arbeiten bereits mit allen Grenzübergängen zusammen, selbst das Militär war bei mir. Sie wollen die Checkpoints im Westjordanland menschenfreundlicher machen.« Katz ist davon überzeugt, dass das Projekt bereits heute weiter reicht als nur bis an die Grenze des Flughafens: »Ich glaube, dass wir die Weltanschauung unserer Mitarbeiter maßgeblich und langfristig verändern.«
Zwischen allen Stühlen
Die Christen im Heiligen Land wissen nicht, wohin sie gehören. Deswegen wandern die meisten von ihnen aus
»Jeden Morgen, wenn ich in den Spiegel schaue, weiß ich gar nicht, wen ich eigentlich vor mir sehe«, sagt Wadie Abunassar. Der Politologe aus Haifa ist nicht geisteskrank. Sein Identitätsproblem ist typisch für die Lage der rund hundertzehntausend Christen in Israel, die im Konflikt zwischen Israelis, Palästinensern, Muslimen und Juden zwischen allen Fronten stehen. Den muslimischen Palästinensern sind sie suspekt, weil sie Christen sind. Für die Juden sind sie einfach nur Araber, in europäischen Kirchen haben sie kaum Einfluss, weil sie Araber sind. So wissen die Christen nicht, zu wem sie eigentlich gehören. In den anhaltenden Konflikten in Nahost werden die Kirchen im Heiligen Land zusehends zerrieben.
Trotzdem sind sie unfähig, gemeinsam zu agieren. Persönliche Rivalitäten und theologische Debatten – in Israel gibt es mehr als zwanzig verschiedene christliche Denominationen – haben die Christen in kleine, irrelevante Gruppen zersplittert. »Die Vertreter der arabischen Parteien haben sich in den vergangenen zwei Jahren nur zwei Mal getroffen. Sie können sich auf nichts einigen«, sagt Abunassar.
Als der Friedensprozess vor einem Jahrzehnt seinen Höhepunkt erreichte, sahen sie in ihrem Minderheitsstatus einen Vorteil. Man wollte als Brücke zwischen allen Beteiligten des Konflikts und der westlichen Welt fungieren. Abunassar, der unter anderem an der Universität in Tel Aviv studierte und dort heute lehrt, verkörpert in seiner Person die Fähigkeit, Brücken zu schlagen. »Bei den Juden gelte ich als Experte für Palästinenser«, sagt er in akzentfreiem Hebräisch. Unter Palästinensern ist er als Kenner der Israelis bekannt.
Doch jedes Mal, wenn es im Nahen Osten kriselt, leiden die Christen als Erste. Als 2006 der zweite Libanonkrieg zwischen Israel und der schiitischen Hisbollah-Miliz
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