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Lesereise Nordfriesische Inseln

Lesereise Nordfriesische Inseln

Titel: Lesereise Nordfriesische Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine von Soden
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auf, verschmelzen Schnee und Sand zu schneeweißem Sand oder weißen Dünengipfeln, Schneebergen oder weißem Sand, der wie Schneewolken über Kriechweiden und Krähenbeeren schwebt. 1906 hatte sich der Schweizer Kinderbuchillustrator Ernst Kreidolf aus dem fernen Bern nach Sylt aufgemacht. Gern malte er noch zu später Stunde in den Dünen, häufig bis in die Nacht. »Die Sonne ging nur wenig unter den Horizont«, lesen wir in seinen Erinnerungen. »Um zwei Uhr morgens war sie schon wieder oben. Ich nahm Luftbäder in den Dünen, die bei dem stets wehenden Wind herrlich waren!«
    Mit »ehrfürchtiger Bewunderung« stand Gerhart Hauptmann 1915 vor der Sylter Dünenwelt. Und von einer »Sahara« sprach angesichts der gewaltigen Sandpyramiden und Sandplateaus Thomas Mann. 1927 kurte der Lübecker Senatorensohn auf Sylt, wo er zu der Erkenntnis gelangte, dass er an dem »erschütternden Meere«, den Fluten der Nordsee, »tief gelebt« habe. Zwei Jahre später schaffte er sich auf der Kurischen Nehrung ein Sommerhaus an. Sylt sah diesen Badegast nie wieder.
    Ein Teil der wirklichen Sahara heißt »Erg«, das ist arabisch und bedeutet »Dünenmeer«. Solches wogt auf Sylt im Dünenland List in den Wanderdünen. Diese archaisch anmutenden Sandwindwerke mit ihren scharfen Graten, bügelglatten Tafeln, steilen Wänden und schroff abfallenden Kuppen wurden 1923 unter Naturschutz gestellt. Nur auf ausgewiesenen Pfaden darf man sie betreten, sich ihnen nähern. Zu jeder Jahreszeit, bei jedem Licht wechseln sie ihr Gesicht. Man würde sich kein bisschen wundern, meinte Sylt-Verehrer Ernst Penzoldt, wenn einem »plötzlich ein Rudel Gazellen, Löwen oder Giraffen« vor die Füße liefe. Doch wir belassen es gern bei der Dünenflora wie Bauernsenf und Hornklee, Bergsandglöckchen und Sandsegge, bewundern in Dünenmulden Kleinling, Zwerglein und Sumpfsitter – feinste botanische Raritäten, obwohl sie sich eher nach Unterirdischen aus einem Dünenmärchen anhören. Seltene Miniaturen sind in den Dünentälern auch die roten Moosbeeren. An Ranken kriechen sie über die Torfmoospölster, ihre Blättchen geraten nur Wissenden ins Visier. Haben Sie schon einmal Moosbeerenmarmelade probiert? Wir auch nicht! Sie zergeht auf der Zunge – apart herb, und stärkt unser Immunsystem mit Vitamin C, schwärmen Experten von der Schutzstation Wattenmeer.
    Nur während der Sommermonate, wenn sich Sandwespen ihre Höhlen bauen, trocknen die Dünentäler aus. Im Herbst macht sie der Regen feucht und nass, stehen Sonnentau und Sumpfbärlapp im Wasser. Im Winter frieren die Senken oft zu, laufen die Inselkinder auf den Dünentalseen Schlittschuh!
    In Perioden längerer Trockenheit setzen sich Dünen in Bewegung. Bei anhaltender Feuchtigkeit ruhen sie, bleiben sie liegen. Wehe dem Ort, der von einer Wanderdüne bedroht wird! So gemahnen Worte in einem alten Sylt-Buch, das vom »weißen Tod« auf der Insel erzählt, von »sandspeienden Bergen«, die einst ganze Siedlungen verschütteten.
    Jährlich legen die Lister Dünen durchschnittlich vier Meter nach Osten zurück. Wohin wird das führen?

Sylter Royal
Deutschlands erste Frischemarke des Jahrhunderts
    Casanova soll täglich einige Dutzend verputzt haben, um seine Manneskraft in Topform zu halten. Denn schon immer galten Austern als Aphrodisiakum. Schließlich ward die griechische Liebesgöttin Aphrodite aus dem Schaum des Meeres geboren, entstieg sie, heißt es immer wieder, dem edlen Schalentier. Seit dem 4. Jahrhundert vor Christus betrieben die Hellenen Austernzucht. Andere eiferten ihnen nach: das antike Rom, Frankreich, Portugal, England, Japan. Doch schon in der Steinzeit, ergaben archäologische Funde in Dänemark, standen Austern in beträchtlichen Mengen auf dem Speiseplan. Die kalorienarmen Preziosen entstammen heute zumeist Aquakulturen. Rund um den Globus sind sie verbreitet. Von China über Europa bis nach Kanada. Dabei führt die Pazifische Auster die Zuchtsorten an. Auch auf Sylt. In der Blidselbucht im Lister Watt betreibt Dittmeyer’s Austern- Compagnie die einzige Austernzucht in Deutschland. Und weil die Insel eben »die Insel« ist, gab man sich gar nicht erst mit dem Allerweltsnamen der Crassostrea gigas ab. »Sylter Royal« wurde die Wattkönigin getauft. Mit Riesenerfolg. Über eine Million werden Jahr für Jahr in der Lister Hafenstraße verkauft.
    Freitreppe und roter Teppich, Abendroben und verschwenderische Buketts – das war gestern, wenn Austern gereicht wurden.

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