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Lesereise Rom

Lesereise Rom

Titel: Lesereise Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Brill
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und dauernd trifft man auf Damen und Herren, die aus dem Apparätchen die Antenne ziehen, den Knopf drücken und »Pronto« sagen: im Bus und auf dem Moped sitzend, durch Pflastergassen schreitend, im Auto, beim Friseur, im Restaurant und auf dem Petersdom. Selbst auf der Dampfwalze hört man den Walzenfahrer in die Röhre flöten, und auf dem römischen Flughafen Fiumicino endet kein Inlandsflug, ohne dass im Ausrollen der Maschine diverse geschäftige Herren zum telefonino greifen, um der Geliebten respektive Ehefrau respektive Sekretärin ihre Landung mitzuteilen. Im norditalienischen Vicenza soll ein Priester gar im Beichtstuhl einen Anruf beantwortet haben, was wiederum eine Gläubige verärgert einer Zeitschrift steckte. Es war die Frau, die gerade ihre Sünden aufgesagt hatte.
    Die Italiener und ihr telefonino – es ist eine Passion, die den praktischen Nutzen des Mobilfunks weit hinter sich lässt. Nicht, dass nur in Italien das Handy ein Prestigeobjekt wäre, das Zeichen davon gibt, dass sein Eigner eine bedeutende Persönlichkeit der Gegenwart mit bedeutenden Aufgaben und Verbindungen ist. Aber in Italien wie in anderen Mittelmeerländern ist die unbefangene Zurschaustellung eigener Wichtigkeiten ausgeprägter als in Nord- und Mitteleuropa. Angeberei ist keine Schande, Bescheidenheit ist eine kleine Zier, man lebt auf der großen piazza und wird gesehen, und allzu ernst wird sowieso überhaupt nichts genommen.
    Zudem sind Italiener nun einmal gesprächiger als Mecklenburger. Schwatzen ist ihnen Ausdruck von Lebenslust, es muss nicht immer Tiefsinn sein, Hauptsache, jeden Tag wird (wichtig, wichtig!) die mamma angerufen. Anders gesagt: Die italienische Kommunikationsfähigkeit ist außerordentlich hoch entwickelt. Wie sollte es in einem solchen Lande anders sein, als dass unentwegt die Telefone und die telefonini in Betrieb sind?
    Es hat in den Sommermonaten schon Zeiten gegeben, da war der drahtlose Verkehr so wild, dass in Ferienorten wie Taormina auf Sizilien oder Riccione an der Adriaküste mit telefonino stundenlang kein Durchkommen war. Zu viele Handy-Eigner waren in diesen Touristenzentren versammelt, die Netze waren hoffnungslos überlastet. Ein Boom ohnegleichen kam in Gang, und die Experten schätzen, dass Italien zu den am besten mit Handys versorgten Ländern der Erde zählt.
    Wo so viel in Bewegung ist, sind meist auch die Ganoven nicht weit. Sie fanden einen Weg, telefonini gewissermaßen zu klonen, sodass ihre Gebühren postalisch einem ahnungslosen Fremden auf der astronomisch angewachsenen Rechnung verbucht werden.
    Manchmal aber wird es auch Italienern zu viel. In der Abgeordnetenkammer in Rom zum Beispiel hat 1995 die damalige Parlamentspräsidentin Irene Pivetti den Gebrauch von telefonini während der Plenarsitzungen untersagt, das ewige Gebimmel störte die Debatten zu sehr. Und in dem Dörfchen Gaiana bei Parma hatte vor einiger Zeit wieder eine fromme Katholikin Anlass zur Beschwerde bei der Presse. Auch dort erhielt ein Pfarrer, während er einen Gottesdienst feierte, einen Anruf, schaltete das telefonino ein und sagte: »Pronto.« Es war bei einer Beerdigung.

Ratten in der Cloaca Maxima
Ein Heim für Tiere: die Ruinen der Antike
    Die Ratten waren wieder da, und Alfredo Battisti, ein Gewerkschaftssekretär, gab als erster Alarm. »Unerträglich ist die Lage für die Bürger geworden«, erklärte er. Mitunter könne man nicht einmal mehr seinen Müll zur Abfalltonne bringen, weil diese von den fetten Nagern regelrecht belagert werde. Im Trullo, einem der einfachen, neueren Wohnviertel im Südwesten von Rom, brach deshalb im Frühjahr 1997 ein kleiner Aufruhr aus.
    Es waren dort nach Auskunft von Polizeibeamten Ratten von zwanzig bis dreißig Zentimeter Länge gesichtet worden, einzelne Exemplare sollen sogar die Größe einer Katze erreicht haben. Sie tummelten sich im Abfall und in den Kanälen, auch über die Straße konnte man sie huschen sehen. Eine zweiundachtzig Jahre alte Frau wurde, als sie die Stiege fegte, in die Wade gebissen. Man musste sie gegen Tollwut impfen.
    Rom hat Ratten zuhauf, die zuständige Dienststelle der Stadtverwaltung schätzt sie auf mehrere Millionen. Es gibt sie nicht nur in den Außenvierteln, jenen sogenannten borgate , die in den fünfziger und sechziger Jahren ohne Planung und deshalb ohne ausreichende sanitäre Einrichtungen und Infrastrukturen von Spekulanten und profitgierigen Bauunternehmern aus dem Boden gestampft wurden. Ratten gibt es auch

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