Lesereise - Schweden
Personalchefin stapeln sich die Bewerbungen. Nach Ende des Sommers muss sie eine neue Pippi suchen, eine, die dasselbe gewinnende Lächeln hat wie Emmelie. Denn sie wird gehen, wenn im September der Freizeitpark für dieses Jahr seine Pforten schließt.
Für Emmelie ist Pippi nur ein Sommerjob. Sie wird das blaue Kleid zurück in den Schrank hängen, die Perücke ins Regal legen und nach Stockholm fahren, ihre Heimatstadt. Das Kleid und die Perücke werden auf die nächste Pippidarstellerin warten, und Emmelie in einer Boutique arbeiten, »um Geld zu verdienen«. Doch danach wird sie als Mumintroll auf Tournee gehen. Die Mumins sind für die finnischen Kinder das, was Pippi für die schwedischen ist. Wie man Kinder glücklich macht, das weiß Emmelie ja.
Über der Stadt
Sinfonie in Rot und Gelb
Hundert Meter unter mir liegt der See. Tiefblau lächelt er zu mir herauf. Einladend und verführerisch. Als möchte er mich zu einem Bad überreden, oder zumindest zu einer Paddeltour. Oder einem Spaziergang an seinen Ufern. Klar ist das Wasser, und sauber. Sogar Lachse kann man hier angeln.
Eine Insel liegt direkt vor meinem Aussichtsturm. Darauf alte Häuser. Gelb und rot. Und zwei Kirchen. Aus rotem Backstein die eine, mit einem gelben Turm die andere. Rot und gelb. Die beiden Farben scheinen sie hier zu mögen.
Am Ufer unter Bäumen ein paar Bänke. Menschen sitzen darauf. Ihre Gesichter sind von hier oben nicht zu erkennen. Aber ich stelle mir vor, dass sie zufrieden aussehen. Mit geschlossenen Augen die Sonne genießen oder aber hinaus auf den See blicken. Den weißen Dampfschiffen zuschauen, die langsam über das Wasser tuckern. Sie stammen aus einer Zeit, in der man noch keine Eile kannte. Diese Gemütlichkeit haben die Schiffe mit in die Moderne genommen. Wer mit ihnen unterwegs ist, hat keine Hast. Nimmt eine Auszeit vom Jetzt. Lässt die Landschaft in Zeitlupe an sich vorbeigleiten.
Weiter hinten, am Horizont, das Meer. Auch dort kann ich Schiffe erkennen. Große und kleine. Mit Segeln und ohne. Die Sonne spiegelt sich auf dem Wasser, überzieht es mit einem goldenen Glitzern.
Auf der anderen Seite: Auch dort sind Kirchtürme zu erkennen. Dazwischen aber Hochhäuser. Wie aufgestellte Schuhkartons sehen sie aus. Es gibt noch nicht viele davon, und einem Besucher aus den USA würden sie kaum auffallen, so niedrig sind sie. Ich sehe Züge, die vorsichtig in den Bahnhof kriechen und Autos, die scheinbar in Zeitlupe durch die Straßen fahren. Aus der Ferne wirkt auch Großstadthektik fast beschaulich.
Unter mir, auf halber Höhe, umkreisen Möwen den Turm. Ob sie wie ich die Aussicht genießen? Den Blick hinüber auf die Insel? Oder hinunter aufs Festland? Wo sich Altes mit Modernem mischt, wo das Herz der Stadt in schnellem Tempo schlägt.
Ein warmer Sommerwind weht mir ins Gesicht. Er trägt Geräusche zu mir hoch. Ein leichtes, gleichmäßiges Schnurren. Wie eine Katze klingt die Stadt. Ich steige zu ihr hinab. Hinab vom Turm des Stadshuset. Hinab ins Zentrum von Stockholm.
Alkohol
Mit Attila im Kampf gegen den Suff
Lust auf ein kleines Vorspiel? Eine Frage, die jedes Wochenende Tausende von Schweden mit einem klaren Ja beantworten und sich ihm dann bis zum Exzess hingeben. Besonders Jugendliche tun es, bevor sie abends ausgehen.
Das Wort Vorspiel haben die Skandinavier aus der deutschen Sprache übernommen. Aber es hat – und das wird jetzt manchen enttäuschen – eine etwas andere Bedeutung als bei uns.
Vorspiel ist eine Folge der hohen schwedischen Alkoholpreise – und bedeutet nichts anderes, als dass man sich, bevor man einen trinken geht, schon mal betrinkt. Dazu treffen sich die Kneipengänger bei einem der Ihren zu Hause und kippen sich ein paar Schnäpse hinter die Binde. Jedem Schweden erscheint ein solches Verhalten logisch. Denn: Wenn man angetrunken in die Kneipe kommt, wird der Rausch später billiger.
Das machen inzwischen so viele, dass Vater Staat glaubte, dagegen vorgehen zu müssen – und Betrunkenen per Gesetz verboten hat, eine Kneipe zu betreten. Dass die sich daran auch halten, dafür sorgen Türsteher, die in Schweden vor nahezu jedem Lokal Wache halten. Aber nicht nur Betrunkene müssen draußen bleiben, auch die »zu Jungen«. Und zu jung ist man in Schweden ziemlich lange. Nur weil man achtzehn und damit volljährig ist, darf man noch lange nicht in jedes Lokal. Die Altersgrenze liegt oft bei einundzwanzig Jahren. Manchmal muss man sogar dreiundzwanzig oder noch älter
Weitere Kostenlose Bücher