Lesereise Tschechien
habe im Hintergrund Financiers, die russische Interessen bedienten.
Ausländischer Einfluss aber ist in der tschechischen Presse schon stark genug. Drei von sechs landesweiten Tageszeitungen sind in deutscher Hand. 1994 erwarb der Verlag der Rheinischen Post in Düsseldorf das konservative Traditionsblatt Lidové noviny (Volkszeitung, rund fünfzigtausend Auflage) sowie die boulevardesk angehauchte Mladá Fronta Dnes (Junge Front heute), vormals die Zeitung des Kommunistischen Jugendverbands und heute mit zweihundertfünfzigtausend Auflage der Marktführer im seriösen Segment. Die Gruppe Vltava-Labe-Press, die dreiundsiebzig einheitlich mit Mantelteil versorgte Lokalzeitungen und etliche regionale Wochenblätter herausgibt, gehört seit 1990 zur Verlagsgruppe der Passauer Neuen Presse , die auch in Polen Lokalblätter hält. Das Boulevardblatt Blesk (Blitz, Auflage vierhunderttausend), eignet der Schweizer Ringier-Konzern. In tschechischem Aktionärsbesitz hingegen ist die linksgerichtete Zeitung Právo , hervorgegangen aus dem kommunistischen Parteiorgan Rudé Právo (Rotes Recht, Auflage hundertdreißigtausend) und geleitet vom Chefredakteur und Mehrheitseigner Zdeněk Poybný, der schon bei Rudé Právo US -Korrespondent war.
Und jetzt hat eben auch Hospodářské noviny (Wirtschaftszeitung, fünfundvierzigtausend Auflage) wieder einen Landsmann als Verleger, einen internationalen quasi, der überwiegend in der Schweiz lebt. Zdeněk Bakala will aus dem Blatt eine tschechische Financial Times machen, was in der Redaktion auf Zustimmung stößt. Eine Einflussnahme auf die Gestaltung der Inhalte indes hat Adam Černý, leitender Redakteur bei Hospodářské noviny und gleichzeitig Vorsitzender des Tschechischen Journalistenverbands, »bisher nicht beobachtet«. Wenn über Bakalas Firmen berichtet wird, gibt es den Hinweis, dass er auch die Zeitungsgruppe besitzt, so, wie dies seriöse Blätter anderswo ebenfalls tun.
Zdeněk Bakala betont nachdrücklich im Gespräch, er wolle seine Stellung als Verleger nicht für geschäftliche Zwecke missbrauchen, sondern dem Land eine echte Qualitätszeitung als Diskussionsforum bieten. Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass er in ökonomischen Fragen konservativ, in sozialen Fragen liberal denkt. Gewählt hat er in den USA , deren Staatsbürgerschaft er neben der tschechischen besitzt, früher republikanische Kandidaten, zuletzt jedoch den Demokraten Barack Obama, wie er sagt.
Vor der Parlamentswahl in Tschechien hat Zdeněk Bakala sich im Mai 2010 in einem Leitartikel nach amerikanischer Art zu seiner politischen Neigung zum konservativ-liberalen Spektrum bekannt. Den drei Parteien dieser Couleur, die dann die Regierung bildeten, spendete er über eine Million Euro für den Wahlkampf. Der Linken warf er vor, an niedere Instinkte und Ängste zu appellieren, und seine eigenen Ansichten nannte er eher rechtsstehend. Doch solle die Zeitung Hospodářské noviny niemals »ideologische oder parteipolitische Propaganda verbreiten, sie ist eine Plattform des freien Denkens, des Meinungsaustauschs und der Diskussion«, wie er schrieb. Verlagsintern, so sagt er im Gespräch, liegt ihm vor allem daran, die Ausbildung der überwiegend jungen Journalisten sowie die Qualität der Berichterstattung und der Analyse zu verbessern. Und selbstverständlich müssen sich Verlag und Redaktion den neuen technischen Herausforderungen durch Internet oder iPad stellen.
Bei all dem ist sich Zdeněk Bakala wohl bewusst, dass seine Erfolge von vielen Tschechen misstrauisch beäugt werden. »Niemand glaubt diese Story«, sagt er schon über seine Flucht 1980 und den Aufstieg in Amerika. Und jeder meine, dass er auch mit seinen philanthropischen Aktivitäten nur seinen Vorteil im Auge habe. Mieterhöhungen in den Wohnungen der OKD , die bisher sehr günstig waren, werden kritisch verfolgt. Und natürlich wurde auch in Tschechien groß vermeldet, dass Zdeněk Bakala im März 2011 von der US -Zeitschrift Forbes auf der Liste der reichsten Menschen der Welt auf Platz 595 notiert wurde, mit einem Vermögen von zwei Milliarden Dollar – 2010 hatte man ihn noch auf 1,2 Milliarden und Platz 828 taxiert.
In Tschechien ist er nach dem Finanz- und Versicherungsinvestor Petr Kellner (9,2 Milliarden Dollar) die Nummer zwei. Auch Andrej Babiš, der Gründer und Eigner des Agrar- und Chemiekonzerns Agrofert, oder der Finanzinvestor Pavel Tykač und der Öl-Tycoon Karel Komárek gehören zu jener Gruppe neureicher
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