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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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rasten, damit sie Zeit hatten, zu waschen und ihre Kleider zu trocknen.
    Als Matilda jedoch ihre Wäsche zum Fluss trug, fiel ihr auf, was der Captain gemeint haben musste: Die Männer konnten sich ausruhen! Sie lagen im Gras, rauchten Pfeife und spielten Karten, während ihre Frauen noch geschäftiger als gewöhnlich waren. Sie füllten die Töpfe, wuschen, backten Brot, reinigten das Wageninnere und sahen nach den Kindern.
    Um die Mittagszeit erfuhr sie, dass ein Kind gestorben war, das seit Beginn der Reise krank gewesen war. Es wurde ein kurzer, aber sehr bewegender Gottesdienst abgehalten, und Matilda glaubte, noch nie etwas Ergreifenderes als den Vater des Jungen gesehen zu haben, der verzweifelt versucht hatte, den Namen des Kindes in ein Holzkreuz zu ritzen, welches das kleine Grab am Straßenrand markierte.
    »Wir werden noch mehr zurücklassen, bevor wir unser Ziel erreicht haben«, meinte Captain Russell zu Matilda. Sie schaute gerade zu der weinenden Mutter des Kindes, die neben dem kleinen Erdhügel kniete.
    Matilda sah erstaunt zu ihm auf, denn sein Ton war so kalt, dass sie zu frieren begann. Sie hatte eine Menge Unstimmigkeiten an diesem Mann bemerkt. Oberflächlich gesehen, war er ein typischer Soldat, muskulös, ungeduldig, barsch und hart zu den hilfloseren Menschen. Sie störte sich nicht daran, nichts anderes hatte sie von einem Anführer erwartet, doch hin und wieder klang und verhielt er sich wie ein Gentleman, wenn er an ihrem Wagen Halt machte und mit ihr oder Tabitha sprach. Sobald Matilda ihn dann erstaunt anblickte, versteckte er sich sofort wieder hinter seinem Sarkasmus und den bissigen Worten.
    Auch unverschämt konnte er sein. Manchmal hörte sie, wie er den Leuten, die sich etwas schwer taten, Anweisungen entgegenbrüllte. Er hatte keinerlei Verständnis dafür, dass für die meisten Menschen im Treck fast alles fremd und neu war. Sie waren Farmer, Ladenbesitzer, Zimmerleute und hatten oft mit ihren großen Familien zu kämpfen. Sie fand, er müsste viel geduldiger sein und Dinge erklären, anstatt laut zu werden.
    Jetzt stellte sich auch noch heraus, dass er gefühllos war.
    »Entschuldigung, Ma’am«, bat er mit einem schwachen Lächeln. »Ich vermute, das hat sich herzlos angehört, aber ich meinte es nicht so. Doch manchmal betrachte ich diese Menschen und frage mich, ob sie eigentlich den wahren Preis kennen, den sie zahlen müssen, um nach Oregon zu gelangen. Wenn es ihnen gelingt, Schlangenbissen, Masern, Cholera und Indianern zu entgehen, gibt es immer noch die Gefahr des Ertrinkens, Frostbeulen und die alltäglichen Unfälle. Nur Gott weiß, wie viele Gräber diese Strecke noch säumen werden.«
    »Sie halten wohl nichts von Leuten, die ihre Stellung im Leben verbessern wollen?«, bemerkte sie bissig. Sie war überzeugt, dass er ihr Angst machen wollte, aber davon würde sie sich nicht beeindrucken lassen.
    »Also ist es das, was Sie vorhaben?«, fragte er mit einem süffisanten Lächeln. »Oder laufen Sie vor irgendetwas davon?«
    Matilda fühlte, wie sich ihr Magen umdrehte. Hatte er etwas über sie herausgefunden? »Meine Gründe, nach Oregon zu gehen, sind allein meine Sache, Sir!«, entgegnete sie empört.
    »Das kann sein, doch ich trage immerhin die Verantwortung für Sie. Ich reise nicht gern mit allein stehenden Frauen, es ist zu unsicher.«
    »Und warum haben Sie mir dann gestattet mitzukommen?«, fragte sie und streckte die Nase in die Luft.
    Er sah sie für einen Moment an. Matilda wusste nicht, ob ein Lächeln oder ein spöttisches Grinsen auf seinen Lippen lag. »Weil ich dachte, Sie würden allein losziehen, wenn ich Sie nicht mitnehmen würde«, antwortete er. »Sie haben diesen entschlossenen Blick in den Augen. Ich wollte Sie nicht auf dem Gewissen haben.«
    In Matilda stieg Wut hoch. »Sie sind unerträglich unverschämt!« Diesen Ausdruck hatte sie von Lily gelernt. »Warum glauben Sie, dass eine Frau allein weniger fähig ist, die lange Reise durchzustehen, als eine mit Ehemann. Soweit ich das beurteilen kann, haben die verheirateten Frauen schon so viel damit zu tun, auf ihre Männer aufzupassen, dass es mich überrascht, sie noch nicht völlig erschöpft am Boden liegen zu sehen.«
    Sein lautes Lachen erstaunte sie.
    »Sind alle britischen Frauen so bissig wie Sie?«, konterte er.
    »Vermutlich sind sie das«, gab sie zurück. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen? Ich habe zu tun.« Matilda brannte vor Zorn. Sie wusste wirklich nicht, wie sie mit ihm

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