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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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Vorstellung, die Liebe und das Vertrauen des kleinen Mädchens zu verlieren, ließ ihr Tränen in die Augen steigen.
    »Stimmt was nicht?«, fragte Tabitha besorgt.
    »Nein, nein, alles in Ordnung«, behauptete Matilda, wischte sich mit ihrem Ärmel über die Augen und versuchte zu lächeln. »Ich glaube, nach all den anstrengenden Vorbereitungen und traurigen Abschieden verleitet einen die Ruhe hier zu sehr zum Nachdenken.«
    »Über was zum Beispiel?«
    Matilda wollte nach einem Vorwand suchen und sah verstohlen zu Tabitha hinüber. Ihre dunklen Augen, die denen ihres Vaters so ähnelten, beobachteten sie genau. Schon als sie damals gerade ein paar Worte hatte sprechen können, hatte sie alles infrage gestellt. Heute mit ihren acht Jahren entging ihr fast nichts mehr, denn sie war intelligent und einfühlsam. Plötzlich wusste Matilda, dass niemals der richtige Zeitpunkt kommen würde, um ihr die Wahrheit zu sagen. Sie konnte es genauso sofort hinter sich bringen.
    »Ich habe ein Geheimnis, Tabby«, begann Matilda. »Es ist ein großes, und ich habe keinem vorher davon erzählt, weil die Menschen sonst vielleicht schlecht von mir gedacht hätten. Dir möchte ich es aber anvertrauen. Ich muss es auch, denn es ist sehr wichtig. Aber es wird schwer sein, es dir zu erklären.«
    Tabitha runzelte die Stirn. »Hast du etwas Böses getan?«
    »Ich glaube nicht, dass es böse war, aber die meisten Leute würden es so sehen«, erwiderte sie. Dann atmete sie noch einmal tief ein. »Ich werde ein Baby bekommen.«
    Tabitha lachte einfach nur, und ihr kleines Gesicht hellte sich vor Belustigung auf. »Sei nicht albern, Matty! Du weißt, dass du kein Baby bekommen kannst, wenn du nicht verheiratet bist.«
    Matilda seufzte, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass sie gezwungen war, mehr zu erklären, als sie eigentlich beabsichtigt hatte. Sie selbst war in einer Gemeinschaft groß geworden, in der Erwachsene selten mit dem Segen der Kirche heirateten und schmutzige Witze selbst unter Kindern kursierten. Von einem sehr frühen Alter an hatte sie eine ungefähre Vorstellung von körperlicher Liebe gehabt und gewusst, wie Babys gezeugt wurden. Aber Tabithas Erziehung war ganz anders verlaufen, denn es gab eine Menge Tabuthemen in der besseren Gesellschaft.
    Nachdem Matilda dem Kind das Thema behutsam erklärt hatte, wartete sie ängstlich auf eine Reaktion, doch Tabitha blieb stumm. Sie vermutete, dass sie es abscheulich finden würde, wenn sie erst einmal über alles nachgedacht hatte. Doch Matilda hatte sich getäuscht. Tränen flossen Tabithas Wangen hinunter, und sie sah Matilda traurig an.
    »Wusste Doktor Treagar davon?«
    Matilda schüttelte den Kopf. »Ich konnte es keinem erzählen, nicht einmal ihm, weil sie gedacht hätten, ich wäre eine Sünderin, und schlecht über deinen Vater gesprochen hätten. Deshalb möchte ich auch zu Cissy fahren. Sie ist der einzige Mensch, der mich verstehen und uns helfen wird. Aber hältst du mich jetzt für eine schlechte Frau? Du weißt doch, dass dein Papa mich heiraten wollte, nicht wahr? Macht es dir etwas aus, dass ihm das nicht mehr gelungen ist und ich trotzdem schwanger bin?«
    Alles hing von der Antwort der Kleinen ab, und Matilda hielt den Atem an.
    »Nein, es macht mir nichts aus«, versicherte Tabitha ruhig. »Du bist meine Matty, so wie immer, und es wird schön sein, ein kleines Baby zu haben. Aber wer wird sich um dich kümmern? Mama konnte nicht viel arbeiten, als sie Harry erwartete, und Papa hat immer alle Pläne geschmiedet.«
    »Witwen müssen allein zurechtkommen, und das schaffe ich auch. Cissy wird uns mit dem Kind helfen, wenn wir erst in Oregon sind«, bemerkte sie zuversichtlich.
    Plötzlich sah Tabitha sie ängstlich an. »Mama ist bei der Geburt gestorben. Was ist, wenn du auch stirbst?«
    Matilda nahm die Zügel in eine Hand, legte ihren freien Arm um Tabithas Taille und zog sie an sich heran. »Ich werde nicht sterben«, flüsterte sie. »Ich bin kräftiger und viel jünger als deine Mama. Aber jetzt müssen wir über den Rest des Geheimnisses sprechen.«
    Vorsichtig erklärte sie, dass sie Captain Russell gesagt hatte, sie sei eine Witwe und Tabitha ihre Stieftochter. »Es ist keine wirkliche Lüge, denn ich empfinde mich als Witwe, und du wärst beinahe meine Stieftochter geworden. Aber ich konnte nicht behaupten, mein Name sei Mrs. Milson, denn es könnte ja sein, dass jemand im Treck deine Eltern gekannt hat. Deshalb muss ich nun Mrs. Jennings sein, und du

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