Lesley Pearse
ihnen etwas Wasser!«, forderte sie und sah die Frau durchdringend an, um sie zum Gehorchen zu zwingen. Marie stieß einen unterdrückten Schrei aus und rannte davon.
»Komm zurück, Weib«, schrie Mr. Donnier ihr hinterher, »oder ich peitsche dich aus.«
Matilda konnte ihre Wut nun nicht länger zurückhalten. »Sie elender Mistkerl!«, fauchte sie. »Sie haben gerade erst zwei Ihrer Kinder beerdigt und sprechen davon, Ihre Frau auszupeitschen? Haben Sie eigentlich irgendetwas in Ihrem Kopf? Sie haben zwei Kinder bereits verloren, die anderen sind schwer krank. Was braucht es noch, um Sie zur Mithilfe zu bewegen?«
Er ballte die Fäuste und ging einen Schritt auf Matilda zu.
»Schlagen Sie mich, und ich schwöre Ihnen, ich werde Sie umbringen«, drohte sie, und in diesem Moment meinte sie es ernst. »Gehen Sie jetzt in den Wagen, und holen Sie Ihren Jungen dort raus. Er muss zum Fluss getragen werden. Sofort!«
Einige Leute hatten sich in der Nähe des Wagens versammelt und beobachteten sie. Aber für Matilda war momentan nur wichtig, das Kind ins Freie zu bringen.
»Dafür werden Sie bezahlen«, zischte er durch die geschlossenen Zähne, aber er stieg in den Wagen.
»Bedecken Sie seine Augen, bevor Sie herauskommen«, rief sie.
Der Mann tat, wie ihm geheißen, aber lief sofort davon, als sie den Jungen ins Wasser getaucht hatten, wo sie ihn festhielt.
»Nicht so schnell«, rief sie ihm hinterher, während sie bis zur Hüfte im Wasser stand. »Sie müssen die verdreckte Strohmatratze raustragen und sie verbrennen. Danach muss der Wagen mit Essig und Wasser ausgewaschen werden. Bringen Sie die schmutzigen Laken zum Fluss, damit sie gewaschen werden können.«
Er verschwand und ließ Matilda mit dem hustenden Siebenjährigen allein. Er wehrte sich und strampelte in dem eiskalten Wasser. Marie saß neben den anderen Kindern im Gras und weinte unaufhörlich. Die Menschenmenge war bis zum Fluss mitgelaufen, um den Streit weiter zu beobachten, aber keiner kam näher. Alle hatten Angst, sich anzustecken.
»Jemand muss mir helfen!«, rief Matilda. Im Wasser konnte sie John leicht halten, doch ihr fehlte die Kraft, ihn ans Ufer zu tragen. Keiner bewegte sich, und sie schäumte vor Wut. »Ihr seid ein feiger Haufen Dreck!«, schrie sie.
Captain Russell kämpfte sich durch die Menge, sprang in den Fluss und watete zu Matilda hinüber. »Feiger Haufen Dreck!«, flüsterte er ihr zu. »Jetzt wissen sie, dass Sie keine wirkliche Lady sind.«
Sein verschmitzter Tonfall milderte ihre Wut ein wenig. »Mir würden noch viel schlimmere Worte einfallen, die auf sie zutreffen«, raunte sie.
Er lächelte. »Davon bin ich überzeugt.«
Das steinige Flussbett war uneben, und als Matilda den Jungen zum Captain hinüberreichte, rutschte sie aus und schwankte. Er griff mit einem Arm um ihre Taille und hielt sie fest. Für einen kurzen Moment stand er mit ihr und dem Kind fest umschlossen da.
»Nehmen Sie den Jungen nun, oder sollen wir weiter alle Blicke auf uns ziehen?«, fragte sie und war sich der Präsenz seines starken Körpers nur allzu bewusst.
»Ich wollte Sie nur stützen«, meinte er. Dann nahm er ihr das Kind aus dem Arm und watete aus dem Wasser. Die Menschenmenge eilte davon, sobald er den Jungen auf das Gras gelegt hatte. Der Captain folgte ihnen bald, während er etwas von trockenen Handtüchern für sie alle vor sich hin murmelte.
Als er nach einiger Zeit noch immer nicht zurückgekehrt war und Matilda sichergestellt hatte, dass die Kinder wieder ruhig atmeten, ging sie zurück zum Camp. Zu ihrer Überraschung hatte sich eine Menge dort versammelt. Als sie sich ihren Weg durch die dicht aneinander gedrängten Menschen gebahnt hatte, sah sie, dass Captain Russell und Mr. Donnier mit nacktem Oberkörper miteinander kämpften. Plötzlich griff der Captain Donnier an der Schulter und vergrub seine Faust in seinem Magen. Der Mann stolperte zurück, fiel hintenüber und blieb bewegungslos auf dem Boden liegen.
Der Captain ging ruhig zu ihm hinüber und hob einen Wassereimer hoch. Nachdem er sich selbst ein wenig Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, leerte er den gesamten Inhalt über Mr. Donnier aus. »Stehen Sie auf, Sie Hund!«, rief er. »Tun Sie, was Ihnen aufgetragen wurde! Verbrennen Sie die Matratze, und waschen Sie den Wagen aus.«
Tabitha war schon im Bett, als Matilda noch draußen vor dem Wagen saß und bei Kerzenlicht in ihr Tagebuch schrieb. Der Captain kam bei seiner üblichen Abendrunde an ihrem
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