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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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sie herum.
    Was sie sehen, hören und riechen konnte, ähnelte dem Hafen von London und Bristol, den Märkten in New York und Independence zu Zeiten, in denen sich die Reisenden einfanden. Auch an Fort Laramie fühlte sie sich erinnert. Der Lärm und die hektische Geschäftigkeit waren unglaublich. Ein Auktionator in schwarzem Frack stand auf einer Kiste und pries Ware an, ohne dass Matilda verstehen konnte, welche Dinge er feilbot. Vor ihm stand eine große Gruppe Männer, die mit den Händen voller Banknoten vor ihm herumfuchtelten. Menschen fuhren Tonnen und Särge durch die Straßen, während andere große Bretterkisten geschultert hatten. Das Wiehern der Pferde, Maulesel und das Geschrei der Hühner in großen Körben ergänzten das Getöse, das die Menschen veranstalteten. Jede ihr bekannte Nationalität war hier anwesend. Mexikaner mit herabhängenden Schnauzbärten und Sombreros vermischt mit Schwarzen, Indianern und Chinesen. Sie sah das Dunkelblau der Uniformen amerikanischer Soldaten und die roten Baumwollhemden der Arbeiter. Flüchtige englische Worte drangen an ihr Ohr, mit schottischem, irischem, australischem Akzent, doch hauptsächlich hörte sie fremde Sprachen. Sie war gewarnt worden, dass es wenige Frauen in der Stadt gebe, aber dass sie unter etwa sechshundert Menschen nur vier oder fünf sehen würde, hatte sie nicht erwartet.
    Matilda atmete tief durch und sagte sich selbst, dass all dies ganz gewöhnliche Leute waren, die Frauen und Kinder zu Hause hatten. Sie nahm ihre Tasche und bewegte sich in die Richtung, in der sie das Zentrum der Stadt vermutete. Matilda lief etwa zehn Minuten durch die Straßen, die von dürftigen Holzhütten umgeben waren. Der Boden unter ihren Füßen war voller Abfall und menschlicher Exkremente. Schließlich kam sie zu einer Art Platz, auf dem recht beachtliche Holzhäuser standen. Da sie Namen wie »Alhambra«, »El Dorado«, »Veranda« und »Bella Union« trugen und Matilda viele Menschen sah, die dort ein und aus gingen, vermutete sie, es wären Hotels. Sie eilte auf das »Bella Union« zu, dessen Äußeres ihr am freundlichsten erschien.
    Als sie jedoch das Haus betrat, entdeckte sie zu ihrer Überraschung, dass es ein Spielsalon war. Sie fand einen großen Raum, der durch die vielen angebrachten Spiegel an einer Seite des Zimmers sogar noch größer wirkte. Überall waren Spieltische aufgebaut, die voll besetzt waren, obwohl es erst zehn Uhr morgens war. Auf einer erhöhten Bühne in einer Ecke saß ein Mann und spielte Harfe, und alle Kerzen in den Kristallleuchtern waren entzündet.
    Sie verließ den Salon, doch auch die anderen Häuser waren Spielhallen. Matilda fragte einen Jungen mit freundlichem Gesicht, der die Treppe vor dem »El Dorado« fegte, nach einem Hotel. Er wies sie in Richtung einer kleinen Seitenstraße. Doch Matilda war verwirrt, als sie die Häuser sah, denn sie schienen ihr lediglich Restaurants zu sein, schäbige sogar, obwohl sie so viel versprechende Namen wie »Astor House«, »Delmonico’s«, »Revere House« und »George Washington« trugen.
    Sie erkundigte sich im »Astor« nach einem Zimmer. »Einen Dollar die Nacht, Ma’am«, erklärte ein dunkelhäutiger Kellner mit schmutziger Schürze. Er zeigte mit dem Daumen zu einer Reihe enger Kojen, die in die Wand eingelassen waren.
    Sie konnte kaum glauben, dass irgendjemand einen Dollar für ein Bett zahlen würde, in dem man Ausblick auf die Gäste im Restaurant hatte, aber einige der Kojen waren wirklich noch besetzt, und die Schlafenden hatten sich schmutzige Decken über den Kopf gezogen.
    Enttäuscht verließ Matilda das Hotel, und je später es wurde, desto mehr fürchtete sie, keine anständige Unterkunft mehr zu finden. Die Menschen hier benutzten alles Mögliche als Zufluchtsstätte. Sie sah ein verrottetes altes Boot, das auf den Kopf gestellt worden war. Ein Loch in der Holzwand diente als Tür. Manche Männer hatten sich zum Schlafen in eine Holzkiste gerollt wie Hunde in eine Hundehütte, andere schliefen in improvisierten Zelten, die Wigwams ähnelten.
    Sie ging zur Stadt zurück und versuchte überall ihr Glück. Es gab so viele Bars, dass Matilda sie nicht zählen konnte, doch die Zimmer waren für »ihre Mädchen« reserviert, wie man ihr sagte. Sie fand Opiumstände, zahllose Bordelle und schlampig aussehende Frauen mit kurzen Kleidern, die die Männer ins Innere lockten.
    Doch trotz all dieser Schrecken und ihrer Furcht, keine Unterkunft zu finden, bemerkte sie die

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