Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
Vom Netzwerk:
wahrscheinlich um ihr Alter einzuschätzen. »Es überrascht mich, dass Ihr Schwager Sie überhaupt hierher schickte.«
    »Es war allein meine Entscheidung, und ich musste ihn überreden«, entgegnete sie mit einem breiten Lächeln. »Sehen Sie, Mr. Slocum, ich bin mit zwei Kindern zurückgeblieben. Ich möchte niemals von Almosen leben, auch nicht, wenn sie aus der eigenen Familie kommen. Mr. Duncan konnte sein Geschäft momentan nicht verlassen, deshalb erschien es mir nur richtig, dass ich die Unterstützung, die er mir geboten hat, durch meine Hilfe zurückzahlen könnte.«
    »Sind Sie Britin, Mrs. Jennings?«, fragte er. Er hatte einen kurzen Hals, und wenn er seinen Kopf bewegte, folgte sein ganzer Körper der Bewegung.
    »Ja, das bin ich. Ich komme aus London«, erklärte sie. »Ich bin im Jahre dreiundvierzig nach Amerika gekommen. Nach zwei Jahren in New York als Gesellschafterin einer Dame, bin ich nach Missouri gezogen, wo ich Mr. Jennings heiratete, einen Witwer mit einer kleinen Tochter. Traurigerweise starb er im Dezember des Jahres siebenundvierzig, deshalb haben seine Tochter Tabitha und ich uns einem Planwagentreck nach Oregon angeschlossen, um bei meiner Schwester Cissy zu bleiben. Mein Kind wurde während der Reise geboren.«
    Sie konnte sehen, dass Henry Slocum gerührt und beeindruckt war. Genau das hatte sie beabsichtigt.
    »Es tut mir Leid, vom Tod Ihres Mannes zu hören. War er ein Farmer?«, erkundigte er sich.
    »Nein, er war Arzt«, behauptete sie. »Tabitha wünscht, beruflich in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten.«
    »Es scheint, als wäre Ehrgeiz eine verbreitete Eigenschaft in Ihrer Familie«, bemerkte er, und sein Lächeln war herzlicher geworden. »Ich bin selber ehrgeizig und bewundere diese Qualität bei anderen Menschen. Aber, Mrs. Jennings, San Francisco ist eine gefährliche Stadt geworden, seit man hier Gold gefunden hat. Ich fürchte um Ihre Sicherheit, meine Liebe.«
    »Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen«, sagte sie freundlich. Er war ein seltsam aussehender Mann, doch er hatte eine schöne, tiefe Stimme und war ganz offensichtlich ein wirklicher Gentleman. Sie wollte ihn dazu bewegen, sie zum Bleiben einzuladen. »Aber wenn ich erst einmal eine sichere Unterkunft gefunden habe, werde ich nachts nicht durch die Straßen laufen oder unnötige Aufmerksamkeit auf meine Person ziehen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie für mich den Kontakt zu jemandem herstellen könnten, der mich als zahlenden Gast aufnimmt, bis mein Auftragsbuch gefüllt ist.«
    Henry Slocum trank still seinen Kaffee, wobei sein gesundes Auge auf Matilda ruhte. Dann setzte er die Tasse ab. »Nun, Mrs. Jennings, ich konnte noch nie einer Dame in Not widerstehen, und ich denke, meine Frau Alicia wird sich über weibliche Gesellschaft sehr freuen«, fügte er hinzu. »Sie müssen bei uns bleiben, und in ein oder zwei Tagen können wir bestimmt auch über Ihr Holz sprechen.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte sie und war versucht, aufzuspringen und ihn zu umarmen. Sie war überwältigt von seiner Großzügigkeit. »Das ist wirklich zu gütig von Ihnen.«
    »Überhaupt nicht, Mrs. Jennings«, entgegnete er mit einem breiten Lächeln. »Wir haben sehr viel Platz in unserem Haus, und es wird erfrischend sein, einen neuen und interessanten Gesprächspartner als Gast zu haben.«
    Als Matilda sich um sieben Uhr abends für das Dinner umziehen wollte, war sie so aufgeregt, dass sie kaum ihr Kleid zuknöpfen konnte. Alicia Slocum war zwar etwas unterkühlt gewesen, aber das war kaum verwunderlich. Schließlich hatte ihr Ehemann sie gleich nach ihrer Heimkehr mit einem Gast überrascht und ihr keine Möglichkeit gegeben, gegen Matildas Aufnahme im Haus zu protestieren.
    Alicia war eine sehr große, elegante Dame mit leuchtenden, leicht hervorstehenden Augen und üppigem, haselnussbraunem Haar. Matilda hatte den Eindruck, sie hielte sich für bemerkenswerter als alle anderen Menschen. Die Art und Weise, wie sie an ihrer langen, dünnen Nase herabblickte, brachte sie beinahe aus der Fassung, und statt ein normales Gespräch anzufangen, nickte sie nur. Aber da Matilda beabsichtigte, tagsüber Aufträge einzuholen und nicht im Hause zu bleiben, kümmerte sie dies nicht.
    Der Raum, den man ihr überlassen hatte, war wundervoll. Das Beste war jedoch die Badewanne aus Porzellan im Nebenzimmer, die mit bunten Blumen verziert war. Marie, die mexikanische Bedienstete, war ungefragt nach oben gekommen und hatte heißes

Weitere Kostenlose Bücher