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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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glaube, die Briten haben große Freude daran, sich über uns Amerikaner lustig zu machen.«
    Diese Bemerkung und die Wirkung des Weines ließen Matilda vergessen, dass Lily sie gelehrt hatte, sich beim Essen an leichte Konversation zu halten. Sie sprach das Thema der Sklaverei an, die Nöte der Armen in New York, und als José und Henry abfällige Bemerkungen über ihre Ehefrauen machten, konnte sie dies nicht unkommentiert lassen.
    »Meine Frau weiß so wenig über die Geschichte ihres eigenen Volkes, dass sie glaubt, Spanien sei eine Stadt in Südamerika«, spottete José irgendwann. Da konnte Matilda sich nicht mehr beherrschen.
    »Haben Sie Ihre Frau jemals mit auf Reisen genommen?«, fragte sie José und sah plötzlich das Bild einer einsamen südamerikanischen Frau vor sich, die auf einer Ranch zurückgelassen worden war, während ihr Mann die Welt bereiste.
    »Oh nein, meine liebe Mrs. Jennings«, antwortete er und verdrehte die Augen. »Rosita bleibt mit unseren Kindern immer zu Hause. Sie interessiert sich nicht für fremde Orte.«
    »Woher wissen Sie das, wenn Sie Rosita noch niemals mitgenommen haben?«, beharrte sie.
    José blickte Henry an, als wollte er um Unterstützung bitten.
    »Südamerikanische Frauen sind anders als Europäerinnen, Mrs. Jennings«, erklärte Henry schwach. »Sie bleiben gern zu Hause.«
    Matilda musste lachen. »Wenn Sie wüssten, wie oft ich diese Ausrede während des Trecks gehört habe«, entgegnete sie. »Man sagt dasselbe über die deutschen Frauen, die Holländerinnen, die indianischen Squaws, die Französinnen und Amerikanerinnen. Es ist Unsinn. Im Grunde sind die Frauen überall auf der Welt gleich, genau wie die Männer es sind. Wenn man ihnen die Chance gäbe, würden alle sich freuen, neue Orte sehen zu dürfen.«
    »Ich weiß nicht, ob das stimmt, Mrs. Jennings«, platzte Alicia heraus, und ihr Gesicht war ein wenig gerötet. »Nur wenige Frauen haben sich beispielsweise entschieden, ihre Männer nach San Francisco zu begleiten.«
    Matilda hatte sich bislang von Alicias Äußerem täuschen lassen und angenommen, sie sei eine intelligente, willensstarke Frau. Aber diese Bemerkung bewies, dass sie keines von beidem war.
    »Die Männer haben ihren Frauen keine Chance gegeben, hierher zu kommen«, gab Matilda zurück. »Sie haben ihr Heim verlassen, ohne viele Gedanken an ihre Familie zu verschwenden. Nach den vielen Saloons und Spielhallen zu urteilen, die ich heute Morgen gesehen habe, werden die meisten von ihnen sogar mit weniger Geld heimkehren, als sie bei ihrer Ankunft in San Francisco bei sich hatten. Und da die Prostitution hier sehr verbreitet ist, möchte ich die Behauptung wagen, dass manche sicher ihren Ehefrauen einige hässliche Krankheiten mitbringen werden.«
    In diesem Moment wurde Matilda bewusst, dass sie zu viel getrunken hatte und sehr unhöflich war. »Entschuldigung«, bat sie und errötete wegen ihres Ausbruchs. »Ich reagiere manchmal etwas über, wenn ich daran denke, was Frauen vielfach zu erdulden haben.«
    Es gelang ihr, den Rest des Dinners hinter sich zu bringen, ohne sich weiter zu blamieren, aber nachdem sich die Männer zum Rauchen in Henrys Arbeitszimmer zurückgezogen hatten, versuchte sie sich vor Alicia zu rechtfertigen und fragte sie, ob sie sich nicht manchmal ärgerte, wenn sie solche Bemerkungen über Frauen hörte.
    »Ärgern?«, rief Alicia aus und hob eine perfekt geschwungene Augenbraue. »Warum sollte ich mich ärgern? Männer wollen nicht, dass sich ihre Frauen für Dinge außerhalb des Hauses interessieren. Auf diese Weise möchten sie uns vor unschönen Dingen schützen.«
    »Nein«, gab Matilda zurück. »Auf diese Weise wollen sie uns klein halten. Meines Erachtens haben Frauen viel mehr gesunden Menschenverstand als Männer. Wenn sie nur selbstständiger sein könnten und sich für die Welt interessieren würden, könnten sie ihren Einfluss nutzen, um eine gerechtere Welt entstehen zu lassen.«
    »Für mich ist die Welt gerecht genug«, erwiderte Alicia. »Solange ich einen Mann habe, der für mich sorgt und die Rechnungen meines Schneiders bezahlt, bin ich vollkommen zufrieden.«
    »Ich kann nicht glauben, dass dies Ihre einzige Sorge ist«, bemerkte Matilda schockiert.
    »Nun ja, ich jedenfalls sehe sehr deutlich, dass Sie für den Schneider kein Geld ausgeben«, konterte Alicia und schaute unverblümt auf Matildas dunkelblaues Samtkleid. »Ich stelle Sie aber gern meiner französischen Schneiderin vor. Sie wird

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