Lesley Pearse
fahren, kochen, putzen und sich um Leute kümmern. Nachdenklich vergrub sie das Stiftende in ihrer Wange und betrachtete die Aufzählung. Irgendwie erschien sie ihr ein wenig langweilig. Sie konnte Leute zum Lachen bringen und verstand es, Kommandos zu geben. Sie hatte eine fröhliche Natur, war hübsch und intelligent. All dies schrieb sie auch noch auf.
Als Matilda die beiden Listen miteinander verglich, sah sie sofort, dass ihre Talente nur bei einer Idee vollständig gefordert sein würden: beim Unterhaltungspalast vom Haymarket.
Sie blies die Kerze aus und legte sich hin, doch eine Woge voller Aufregung und Vorfreude schoss ihr durchs Blut, schien sich zu brechen und tausend kleinere durch ihren Körper zu senden. Das war es, das Einzige, was in San Francisco noch benötigt wurde. Es gab genügend gewöhnliche Bars, um alle Männer in Kalifornien für eine ganze Woche betrunken zu machen. Bordelle und Kasinos gab es in Hülle und Fülle. Doch obwohl für Essen, Trinkerei, Spiel und Sex schon gesorgt war, gab es einfach keine harmlose Art der Unterhaltung.
Matilda wusste genau, dass sie ein solches Lokal führen konnte. Sie würde in anderen Städten wegen Tänzerinnen, Clowns, Jongleuren und Feuerfressern annoncieren. Musiker gab es in der Stadt bereits, sie hatte sie an Straßenecken für ein paar Cent in ihrem Hut spielen hören. Ein paar hübsche Kellnerinnen würde sie sehr leicht ausfindig machen und vielleicht auch noch Mädchen, die mit den Gästen tanzten.
Aber es wird Unmengen Geld kosten, dachte sie. Es müsste ein solides Bauwerk an einer leicht zu erreichenden Stelle sein. Eine elegante Ausstattung ist wichtig, um die reichen Leute anzuziehen. Würde mir irgendwer so viel Geld leihen?
Sie schlief mit der Vorstellung ein, dass sie sich mit einem samtenen Abendkleid und einem Diamantcollier um den Hals unter ihre Gäste mischte, während Tänzerinnen auf ihrer Bühne auftraten.
Am nächsten Morgen rauschte Matilda in Zandras Wohnzimmer, ohne abzuwarten, bis Dolores sie angekündigt hatte. »Ich habs!«, rief sie.
Zandra hatte beide Beine auf einen niedrigen Stuhl gelegt, um die Schwellung in ihren Knien etwas zu lindern, doch als sie Matildas aufgeregtes Gesicht und ihre funkelnden Augen sah, vergaß sie sofort ihre Schmerzen. »Komm und erzähl mir davon«, drängte sie. »Bring uns bitte etwas Tee, Dolores. Wenn eines der Mädchen mich sprechen möchte, soll es sich etwas gedulden.«
»Wie wäre es mit einem Unterhaltungspalast?«, fragte Matilda und sprudelte eine lebhafte, sehr bildreiche Beschreibung hervor. »Es soll jeden Abend eine andere Show geben. Für jedermann muss etwas dabei sein, und die Vorführung ist im Preis für die Getränke enthalten. Ein Ort, an den die Männer ihre Ehefrauen oder Mädchen ausführen können, an dem sie nicht ihr gesamtes Vermögen verlieren oder so betrunken gemacht werden, dass sie nicht mehr laufen können.«
Zandras breites Lächeln ermutigte sie, die unfertigen Skizzen hervorzuholen, die sie vom Inneren des Unterhaltungspalastes angefertigt hatte. Es sollte eine Bühne in der Mitte geben, sodass die Gäste umherlaufen konnten, eine kleine Tanzfläche und eine lange Bar an einer Seite. Außerdem meinte sie, das Gebäude müsse auf einer erhöhten Stelle errichtet werden, damit die Menschen die Lichter meilenweit sehen könnten.
»Was hältst du davon?«, fragte sie schließlich.
Zandra sah sie erfreut an, und sie klatschte begeistert in die Hände. »Ich denke, es ist eine wirklich wunderbare Idee«, erwiderte sie, und ihre Stimme war voller Wärme. »Sie könnte hier hervorragend funktionieren, weil wir so viele verschiedene Nationalitäten haben.«
»Wir könnten Themenabende für die unterschiedlichen Länder veranstalten«, meinte Matilda aufgeregt. »Mexikanisch, Französisch und Deutsch. Die Kellner könnten sich entsprechend verkleiden.« Sie hielt inne und verzog das Gesicht. »Aber es wird ein Vermögen kosten.«
»Allerdings«, stimmte Zandra nachdenklich zu. »Doch meine Erfahrung sagt mir, je größer und grandioser ein Projekt, desto einfacher ist es, Geldgeber zu finden. Es ist eine aufregende Idee, Matty. Und du hast Recht, es ist genau das, was die Stadt noch braucht.«
»Wenn du von Geldgebern sprichst, bedeutet das, dass es nicht wirklich mein Eigentum wäre?«, hakte Matilda nach. Sie war plötzlich nervös, weil sie bereits so viel preisgegeben hatte. »Es ist doch meine Idee, und ich möchte nicht, dass sie mir jemand
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