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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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verlassen, nicht vielleicht die weitsichtigere Variante ist, weil du so für ihre Zukunft sorgen kannst.«
    Matildas Augen füllten sich mit Tränen. Sie hatte sich bisher den Unterhaltungspalast inklusive einer Wohnung im oberen Stockwerk erträumt, in dem sie und die Kinder leben könnten, und auch Cissy und Sidney, wenn sie wollten. Doch Zandra hatte Recht. Wie wunderschön die Wohnung auch sein mochte, der Tumult von unten würde sie vom Schlafen abhalten. Es gab keine Schule für Tabitha, keine Wiesen und Wälder zum Spielen. Jeden Tag würden die Kinder mit der niedrigen Seite der Menschen konfrontiert sein: Trinkerei, Spielsucht, Opiumstände, Kämpfe und sogar Mord.
    In Oregon würde sie die Kinder beschützen können. Aber dann müsste sie ihr Leben auf dem Feld verbringen. Schon bald würden Tabithas und Amelias Hände so grob und vernarbt sein wie die ihren, und höchstwahrscheinlich würden sie einen Farmer heiraten.
    »Ich weiß, wie du dich fühlst, Matty«, versicherte Zandra verständnisvoll. »Es ist eine schwere Entscheidung. Alles, was ich dir vorschlagen kann, ist, abzuwägen, bei welcher Entscheidung schließlich mehr Gutes entstehen kann.«
    Matilda verließ Zandra etwa eine Stunde später und fühlte sich elend. Tief in ihrem Innern wusste sie, dass sie die Kinder verlassen könnte, solange Cissy für sie sorgte. Dies hatte sie bereits zwei Mal bewiesen. Aber sie hatte schreckliche Angst, die Mädchen könnten sie schließlich vergessen oder ablehnen. Würden sie verstehen, dass sie nur ihnen zuliebe fortging?
    Tabitha war sicherlich dazu in der Lage. Wenn Cissy mit ihnen wirklich in die Stadt zog, konnte sie dort zur Schule gehen und Freunde in ihrem Alter finden. Sie wäre dort sicherlich viel glücklicher als in San Francisco. Aber mit Amelia war es schwieriger. Sie war erst ein Jahr alt, viel zu jung, um unterscheiden zu können, welche der beiden Frauen, die sie bislang aufgezogen hatten, ihre Mutter war. Bald würde Cissy für sie die wichtigste Person sein. Würde sie selbst das ertragen können?
    Während sie in Gedanken versunken war, wanderte sie zu dem Hügel, von dem Zandra gesagt hatte, dort stünde ein Stück Land zum Verkauf. Bisher hatte sich wohl noch niemand dafür interessiert, weil es ein Stück außerhalb der Stadt lag.
    Matilda kletterte unter dem Zaun durch, lief auf das Grundstück und betrachtete die Landschaft. Es war ein Ehrfurcht gebietender Anblick – türkisblauer Ozean, grüne Hügel hinter der Bucht, hunderte von Schiffen, die vor Anker lagen und deren Segel im Wind flatterten. Seemöwen und Pelikane flogen über ihren Kopf hinweg und stürzten dann und wann ins Wasser, um einen Fisch zu jagen. Obwohl sie von hier den Lärm der Stadt kaum hören konnte und die Luft frisch duftete, würde sie nach einem Fußmarsch von wenigen Minuten wieder im Schmutz, Gestank und Spektakel der Stadt sein.
    Es fühlte sich so richtig an, beinahe so, als gehörte ihr das Grundstück bereits. Sie fand es sehr kurzsichtig, dass die Menschen kein Land in den Hügeln wollten. Ihr selbst war klar, dass in der Stadt sehr bald kein Platz mehr sein würde.
    »Nimm die Gelegenheit wahr, und kauf es«, flüsterte sie sich zu. »Selbst wenn du die Kinder nicht verlassen wirst, kannst du es noch immer für den doppelten Einsatz verkaufen.«

18. K APITEL
    D u möchtest bezahlt werden?«, rief Cissy aus, und ihre Augen waren kalt wie der Januarmorgen. Sie raffte die Bankwechsel schützend an sich, als befürchtete sie, Matilda könnte sie stehlen. »Ich dachte, du hast das Geld für mich kassiert.«
    Matilda war völlig verblüfft von Cissys plötzlicher Feindseligkeit. Noch vor ein paar Minuten war sie außer sich vor Freude gewesen, dass ihre Freundin neue Aufträge aus San Francisco mitgebracht hatte.
    »Natürlich habe ich es eingetrieben, um dir zu helfen«, erwiderte sie. Wahrscheinlich ist Cissy nur etwas verwirrt, überlegte sie. »Für die neuen Aufträge möchte ich natürlich nichts haben. Ich habe sie nur angenommen, um dir den Verkauf des Sägewerks zu erleichtern. Aber die Provision auf die ersten Bestellungen, die John mir versprochen hat, steht mir zu.«
    Es war November, und die Rückfahrt nach Oregon war sehr anstrengend gewesen. Doch sobald Matilda das Haus betreten hatte, war sie von Cissy warmherzig und freudig begrüßt worden. Sie hatte sie aus den nassen Kleidern geschält und sie in eine warme Decke gehüllt. Von der Reise konnten sie während des Abendessens gar nicht

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