Lesley Pearse
stiehlt.«
Zandra sah sie für einen Moment an, während ein verschmitztes Lächeln um ihre Lippen spielte. »Du bist, wie ich in deinem Alter war. Impulsiv, misstrauisch und immer bedacht, die Kontrolle zu behalten.«
»Es ist nicht so, dass ich dir nicht vertraue, Zandra«, erklärte Matilda schnell. »Aber weißt du, ich habe keine Erfahrung, wie ich all das organisieren muss.«
»Der Zufall will, dass mein Anwalt, Charles Dubrette, in den nächsten Tagen in die Stadt kommen wird«, entgegnete Zandra nachdenklich. »Ich denke, du solltest mit ihm darüber sprechen. Und was die Geldgeber angeht: Sie investieren in ein Unternehmen, das sie nachher mit einer Gewinnbeteiligung zurückerhalten, sobald der Umsatz fließt. Oft werden sie eingeladen, ein Projekt zu unterstützen, weil sie nützliche Fertigkeiten oder Fachkenntnis haben. Meistens spielen sie jedoch keine aktive Rolle bei der Führung des Geschäfts. Du könntest mich zum Beispiel einladen, dich zu unterstützen. Oder Henry Slocum. Denke daran, er ist Architekt.«
»Ich glaube nicht, dass er gern dabei wäre«, Matilda kicherte.
»Da irrst du dich sicher. Ich vermute, er wird begeistert und sehr hilfreich sein. Genau wie ich.«
»Das wärest du wirklich?«, fragte Matilda.
»Natürlich«, versicherte Zandra mit funkelnden Augen. »Es ist die Art von Idee, die ich selbst gern gehabt hätte. Hast du schon überlegt, wie du den Palast nennen möchtest?«
»Was hältst du von London Lil’s?«
Zandra klatschte wieder in die Hände. »Perfekt. Weltbürgerlich, frech und passend einfach für diese Stadt. Aber warum Lil?«
»Ich habe nach einem Namen gesucht, der mit einem L beginnt, und da kam mir ›Lily‹ in den Sinn, der Name von Tabithas Mutter.«
»Es ist ein gutes Zeichen, es nach jemandem zu benennen, der dir wichtig war«, meinte Zandra. »Na schön, jetzt haben wir schon einen Anfang gemacht. Du hast ein Konzept und einen Namen. Aber bevor wir die Geldgeber ansprechen, müssen wir über die Finanzierung reden.«
»Ich habe keine Ahnung, wie ich das am besten angehen soll«, gestand Matilda.
»Ich auch nicht«, seufzte Zandra. »Aber Charles wird helfen können! Ich kann Erkundigungen über leer stehende Räumlichkeiten für dich einziehen. Wenn du einen Ort außerhalb der Stadt möchtest, wie du ja angedeutet hast, wirst du viel weniger als hier zahlen müssen. Ich vermute, du könntest sofort einen für sechshundert Dollar erwerben. Aber wie sich die Dinge hier in der Stadt entwickeln, wird er im kommenden Jahr bereits das Doppelte kosten.«
»Alles, was ich habe, sind neunhundert Dollar«, seufzte Matilda und dachte an ihre Provision für das verkaufte Holz. »Mit den restlichen dreihundert werde ich wohl nicht weit kommen, oder? Besonders, da ich ein Zuhause für mich und die Kinder aufbauen muss.«
»Ach ja, die Kinder«, murmelte Zandra nachdenklich. »Das, meine Liebe, ist dein größtes Dilemma.«
»Was meinst du damit?
»Diese Stadt ist momentan nicht der richtige Ort für Kinder«, erinnerte Zandra und schüttelte den Kopf. »San Francisco ist schmutzig, Krankheiten grassieren, und es gibt zu viel Gewalt. Meiner Meinung nach lässt du sie besser, wo sie sind, denn bei Cissy sind sie sicher.«
»Aber ich kann sie doch nicht einfach verlassen!« Matildas Stimme wurde vor Entrüstung schrill. »Amelia ist noch ein Baby. Sie ist gerade ein Jahr geworden. Wenn sie sechshundert Meilen entfernt ist, kann ich sie so gut wie nie sehen. Und Tabitha würde denken, ich ließe sie im Stich.«
Zandra seufzte wieder. »Meine Liebe, darüber musst du noch einmal allein nachdenken. Du hast eine brillante Idee, von der ich glaube, dass sie dir ein Vermögen einbringen wird, mehr als genug, um deinen Töchtern eine Ausbildung bieten zu können. In ein paar Jahren hast du vielleicht schon genug, um in der Nähe der Stadt ein Haus zu bauen und ein Kindermädchen einzustellen, wahrscheinlich sogar eine ganze Armee von Bediensteten.«
»Ein paar Jahre!«, rief Matilda aus. »Ich war fort, als Amelia angefangen hat zu krabbeln, und habe ihren ersten Zahn verpasst. Ich würde ihre gesamte Babyzeit versäumen, wenn ich so lange fort wäre.«
»Ich weiß, aber eine günstige Gelegenheit bietet sich meist nicht zwei Mal«, mahnte Zandra weise. »Wenn du dein Glück mit London Lil’s versuchen möchtest, solltest du es jetzt in Angriff nehmen, solange die Sterne günstig für dich stehen. Du solltest abwägen, ob das Opfer, deine Kinder jetzt zu
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