Lesley Pearse
nach Kräutern roch.
»Das werden Sie brauchen, Ma’am«, meinte Dolores.
Matilda nahm sie ihr aus den Händen und dachte, die Flüssigkeit sei vielleicht für ihr Haar bestimmt. Aber in der Schüssel schwamm ein kleiner Gummiball mit einer Kanüle. »Was ist das?«, fragte sie und sah die Frau verwirrt an.
»Eine Brause«, antwortete Dolores; ihr Gesicht verriet keinerlei Emotionen. »Sie möchten doch kein Kind, oder?«
Matildas errötete tief.
»Sehen Sie mich nicht so an«, bat Dolores und blickte sie plötzlich etwas sanfter an. »Miss Zandra wollte, dass ich mich um Sie kümmere, wenn sie nicht mehr da ist. Ich weiß, Sie lieben diesen Mann, aber er gehört Ihnen nicht, deshalb müssen Sie jetzt tun, was ich Ihnen sage, und sich von innen und außen waschen. Dann werden Sie sicher sein.«
21. K APITEL
I ch wünschte, ich könnte mit dir kommen«, erklärte James und blickte sehnsüchtig zu Matilda hoch. Dolores saß zu ihren Füßen und steckte den Saum von Matildas neuem Kleid ab, das sie für den Besuch ihrer Herrin in Oregon genäht hatte.
Er trug keine Uniform, sondern eine alte, karierte Hose. Sein Haar hätte einen neuen Schnitt vertragen können, es reichte ihm fast bis zu den Schultern, aber wenn er mit Matilda zusammen war, vergaß er die Army gern für eine Zeit.
»Sei nicht albern«, meinte Matilda, doch ihr Ton war zärtlich, denn sie wünschte es sich ebenfalls. »Wie würdest du es mit zwei schwatzenden Frauen und einer Horde Kinder aushalten?«
Es war Juni des Jahres achtzehnhundertfünfundfünfzig, und obwohl sie sich schon seit über zwei Jahren heimlich liebten, dauerte ihre Beziehung in Wirklichkeit nur ein paar Tage und Nächte an. Es gab immer noch keine Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft.
Evelyn lebte jetzt bereits seit zwei Jahren bei ihrem Mann in Benicia. Nach ihrem Eintreffen war James den ganzen Sommer im Fort geblieben und hatte keine Briefe oder Botschaften an Matilda gesandt. Obwohl sie sich elend und einsam gefühlt hatte, war sie doch überzeugt gewesen, dass er richtig handelte, indem er ihr aus dem Weg ging und das Beste aus seiner Ehe zu machen versuchte. Dennoch drangen Neuigkeiten und Informationen über ihn zu ihr durch, denn viele Soldaten besuchten London Lil’s und machten grobe Witze über die »Südstaatenschönheit«, die ihre Kleider vier bis fünf Mal am Tag wechselte und ihr Mädchen auspeitschen ließ, wenn es ihm nicht gelang, ihr Haar nach ihrem Geschmack zu frisieren. Mit all den anderen Offiziersgattinnen hatte sie sich offensichtlich auch zerstritten.
Erst am Ende des Jahres hatte James Matilda besucht, und das auch nur, weil er und seine Truppe in die Stadt berufen worden waren, um bei einer umstrittenen öffentlichen Hinrichtung die Ordnung in der Stadt zu erhalten.
Als James ins London Lil’s gekommen war, war sie von seinem veränderten Äußeren tief schockiert gewesen. Seine Augen waren leer, tiefe Sorgenfalten hatten sich in seine Stirn gegraben, und sogar sein gewohnter Sarkasmus schien ihn verlassen zu haben. Nach ein paar Drinks gab er schließlich zu, dass seine Ehe zerbrach.
Er erzählte ihr damals, Evelyn sei verärgert über den fehlenden Komfort der Offiziersunterkünfte und die Unfreundlichkeit der anderen Offiziersfrauen, und sie verabscheue es aus tiefstem Herzen, unter so ungehobelten Soldaten leben zu müssen, meilenweit von zivilisierter Unterhaltung entfernt. Evelyn drohte ihm immer wieder, nach Virginia zurückzuziehen, sollte er nicht bald befördert und in eine angenehmere Umgebung versetzt werden.
Matilda sah sich in einer unmöglichen Situation gefangen. Einerseits liebte sie James und wünschte sich tatsächlich insgeheim sogar, dass seine Ehe scheitern und Evelyn für immer verschwinden würde, andererseits verspürte sie auch Mitleid mit der Frau. Es musste schwer für sie sein, so weit von ihrer Familie und ihren Freunden entfernt zu sein, besonders da ihr Mann sie oft wochenlang im Fort allein lassen musste, wenn er nach Stockton oder Sacramento beordert wurde.
Zu dieser Zeit war es ihr als einzig ehrenvolle Lösung des Problems erschienen, das Verhältnis mit James zu beenden. Sie hatte ihm erklärt, sich nicht ihr Leben lang nach etwas Unerreichbarem sehnen zu können. Er sollte sie vergessen und versuchen, ein freundlicher und rücksichtsvoller Ehemann zu sein. Es war so schmerzhaft gewesen, ihn davonreiten zu sehen, aber sie hatte damals geglaubt, das Richtige für ihn, Evelyn und sich selbst zu
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