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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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tun.
    Doch als der Frühling kam, setzte Evelyn ihre Drohungen in die Tat um und reiste mit der Postkutsche in Richtung Osten ab. Ihre letzten Worte an James waren, sie werde für immer im Haus ihrer Familie in Virginia bleiben, wenn er nicht in Boston oder Washington stationiert werden würde. Als James Matilda dies in einem Brief mitteilte, löste sich ihr Mitleid für die Frau in Luft auf. Es war nur allzu deutlich, dass Evelyn ihren Mann nicht liebte, es wahrscheinlich nie getan hatte. Sie sorgte sich lediglich um sich selbst und ein abwechslungsreiches, gesellschaftliches Leben, auf das sie ihres Erachtens als Offiziersgattin ein Anrecht hatte.
    Deshalb begrüßte Matilda ihn wieder mit ganzem Herzen in ihrem Leben, und seit diesem Tag hatten sie jeden freien Moment genutzt, einander zu sehen. Oft war es ein emotionales Auf und Ab. Solange sie zusammen waren, war es einfach wunderbar. Sie erlebten so viel Leidenschaft, Glück, Liebe und gemeinsames Lachen. Doch sobald sie sich trennten und James wieder nach Benicia musste, fiel Matilda in ein tiefes Loch der Verzweiflung. Sie quälte sich mit dem Gedanken, Evelyn könnte einen Weg finden, ihren Mann zurückzuerobern, oder mit der Vorstellung, wie die beiden sich liebten, wenn die Zeit für einen Heimurlaub gekommen war. Was würde geschehen, wenn Evelyn schwanger werden würde?
    Oft wurde sie von Eifersucht ergriffen, denn obwohl sie wusste, dass sie James’ Herz gewonnen hatte, war dennoch seine Frau diejenige, die seinen Namen trug und das Ansehen der Ehe genoss. Sie konnten sich nie in der Öffentlichkeit sehen lassen, in Restaurants essen oder als Tanzpartner bei einem Ball auftreten. Ihr soziales Leben war auf Abendessen in Matildas Wohnung mit Familienmitgliedern und wenigen, vertrauenswürdigen Freunden beschränkt.
    Am nächsten Tag musste James nach Kansas City reiten. Dort gab es weiterhin Ärger zwischen Abolitionisten und Sklaverei-Befürwortern, und er sollte die gegnerischen Parteien ruhig halten. Matilda würde zur gleichen Zeit nach Oregon reisen. Vielleicht würden sie heute das letzte Mal für Jahre beieinander sein, bevor sie sich wiedersehen konnten. Doch keiner von ihnen sprach diese Befürchtung offen an, sie redeten lediglich über triviale Dinge. Nur auf diese Weise war es ihnen möglich, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.
    Dolores stand auf und trat einen Schritt zurück, um den Saum des Kleides anzusehen. »Er sitzt jetzt, Ma’am«, meinte sie. »Ziehen Sie das Kleid aus, dann werde ich ihn festnähen.«
    Matilda verließ das Wohnzimmer, um aus dem Kleid zu schlüpfen, und zog eilig wieder das alte an. Es erschien ihr albern, denn James hatte sie öfter nackt als in Kleidern gesehen, doch vor Dolores hielt sie immer ein damenhaftes Betragen aufrecht.
    »Ich werde Tabby dort zum letzten Mal antreffen«, sagte sie, als sie ins Wohnzimmer zurückkam. »Ich weiß noch gar nicht, wie ich mit ihrem Umzug nach Boston zurechtkommen werde. Es ist so weit entfernt, und ich glaube nicht, dass ich sie oft sehen werde.«
    Tabitha war jetzt fünfzehneinhalb. In den letzten zwei Jahren hatte sie bei Reverend und Mrs. Glover gelebt und von ihm als persönlichem Tutor profitiert. Allerdings würden die Glovers im September zu einer neuen Gemeinde nach Connecticut ziehen, und der Reverend hatte vorgeschlagen, dass Tabitha sich an der Bostoner Akademie für junge Damen einschrieb. Die Schule war für Tabitha nicht zu weit entfernt, um die Glovers in den Ferien besuchen zu können. Neben den akademischen Fächern würde sie dort Klavier spielen, tanzen und zeichnen lernen. Es war eine Chance, gleich gesinnte Freundinnen aus gutem Hause kennen zu lernen, und die Lehrer würden sie auf ihrem Weg zu einer medizinischen Karriere begleiten.
    »Es ist wahrscheinlich eine gute Gelegenheit, Amelia mit nach Hause zu bringen. Hast du dir darüber schon Gedanken gemacht?«, fragte James.
    Matilda hatte die ganzen letzten zwei Jahre daran gedacht, Amelia mit nach San Francisco zu nehmen, eigentlich sogar schon, seit Tabitha bei den Glovers lebte. Cissy hatte bisher immer dagegen protestiert, aber die Dinge hatten sich geändert. Cissy hatte ihr in einem ihrer letzten Briefe erzählt, dass sie Arnold in diesem Jahr heiraten wolle. Matilda war sich sicher, dass sie eigene Kinder haben wollten, und es wäre sicherlich einfacher, das Eheleben nur mit Peter und Susanna zu beginnen.
    »Ja, ich werde sie mitbringen«, entschied sie und setzte sich neben ihn. »Es

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