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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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bombardieren und ihre ungeteilte Aufmerksamkeit beanspruchen wollten. Aber langsam, wenn sie sich wieder aneinander gewöhnt hatten, würde es ruhiger werden, und sie würde Stück für Stück die Fortschritte der Kinder nachvollziehen. Cissy würde ihr all die lustigen Geschichten erzählen, vom Dorfgeschwätz berichten, den Katastrophen und Triumphen. Danach würde die beste Zeit beginnen, in der sie wieder eins mit ihnen war, sich entspannen, ihnen zuhören und sie beobachten konnte. Außerdem würde sie Zeit haben, ihre Freundschaft mit Cissy aufzufrischen.
    Sie blickte Amelia an und lächelte vor lauter Freude. Auf den ersten Blick glich sie weder ihr noch Giles. Ihr Haar war zwar dunkel und lockig wie das ihres Vaters, aber sie hatte dunkelblaue Augen und Sommersprossen. Doch sie hatte das entschlossene Kinn ihrer Mutter und war ein sehr hübsches Kind. Mit ihren sechseinhalb Jahren konnte man zwar noch nicht sagen, ob sie so intelligent wie Tabitha war, aber mit Sicherheit hatte sie nicht ihre ernsthafte Natur: Während sie neben Matilda herlief, sang sie ein kleines Lied, und jedes Mal, wenn sie jemanden sah, den sie kannte, rief sie ihm aus weiter Entfernung zu: »Meine Mama ist nach Hause gekommen!«
    Susanna war ein kleines Abbild Cissys. Sie hatte das gleiche lockige Haar und den gleichen breiten Mund. Doch sie blickte Matilda aus Johns blauen Augen an und teilte seine ruhige, gewissenhafte Natur. Am glücklichsten war sie, wenn sie etwas mit den Händen tun konnte, sei es backen, Kleider für ihre Puppen nähen oder malen. Sie war die Sorte Kind, die von Erwachsenen bewundert wurde und der andere Kinder vertrauten.
    Es war kein Wunder, dass nie jemand vermutet hatte, Peter wäre nicht Johns leiblicher Sohn, denn er war ihm inzwischen überaus ähnlich geworden. Er hatte braune Augen, aber das dunkelbraune Haar, das er als Baby gehabt hatte, war inzwischen zu einem hellen Sandbraun geworden. Selbst Johns entschlossenen Blick hatte er angenommen, dennoch ließ er nichts von Cissys Feuer vermissen – in einigen Briefen hatte sie Matilda berichtet, er gerate des Öfteren in der Schule in Kämpfe und verführe die anderen Jungen zu Streichen. Er zerriss sich die Kleidung, wenn er die Bäume hochkletterte, und war nie aufzufinden, wenn er gebraucht wurde. Aber Cissy hatte ihren Stolz in ihren Briefen nie ganz verbergen können. Im Grunde ihres Herzens war sie nämlich froh, dass er ein richtiger Junge war.
    »Du hast nicht eines meiner Worte gehört!«
    Matilda war von der Beobachtung der Kinder und ihren eigenen Gedanken so in Anspruch genommen, dass Cissys entrüsteter Ton sie erschreckte. »Es tut mir Leid, Cissy«, erklärte sie. »Ich war zu beschäftigt damit, unsere Sippe zu bewundern. Was hast du gesagt?«
    »Dass ich das Haus habe streichen lassen. Schau, ist es nicht hübsch?«
    Matilda sah nach vorne, und vor Überraschung stockte ihr der Atem. Cissys früher eher düsteres Haus stach jetzt als das hübscheste in der Reihe hervor. Die Vorderseite war weiß und die Haustür grün gestrichen worden, der kleine Vorgarten war nun von einem niedrigen Zaun umgeben, und einige Büsche wuchsen im Vorgarten.
    »Es sieht genauso elegant aus wie du, Cissy«, bemerkte sie mit einem anerkennenden Lächeln, denn ihre Freundin trug ein modisches grünes Satinkleid mit cremefarbenen Rüschen am Hals. »Wie ist das gekommen? Könnte es vielleicht etwas damit zu tun haben, dass du bald Mrs. Bigglesworth sein wirst?«
    Cissy kicherte. »Arnold hat den Zaun selbst gebaut. Ich denke, er wollte mir beweisen, dass er genauso gut wie John ist. Als er erst einmal weiß gestrichen war, sah das Haus dahinter grau aus, und dann habe ich jemanden mit dem Streichen beauftragt. Ich finde immer wieder Gründe auszugehen, damit ich das Haus von außen bewundern kann.«
    Wie Matilda erwartet hatte, war der Abend chaotisch, und sie konnte sich mit Cissy über nichts Ernstes unterhalten. Tabitha war um sechs gekommen, und obwohl ihre Gegenwart die Kleinen etwas beruhigte, war auch sie sehr aufgeregt und brannte darauf, mit Matilda allein über ihre Pläne in Boston zu reden.
    Tabitha war jetzt größer als Matilda, und ihre Figur war schmal und jungenhaft. Obwohl sie Giles’ ausdrucksstarke Augen und Lilys Gesichtszüge hatte, ähnelte sie keinem der beiden auffallend. Matilda wusste, viele Menschen fanden sie unscheinbar, und das wunderte sie. In ihren Augen hatte Tabitha die zarte Schönheit eines scheuen, unaufdringlichen

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